Na, ob ich damit wirklich schneller werde, weiß ich nicht, aber jedenfalls habe ich meinen Vorbau um etwa 1 cm tiefer gelegt. Denn ich fand, dass meine bisherige Position noch viel zu aufrecht war.
Wenn die Norm ist, dass der Oberkörper in Untenlenkerpositon möglichst waagerecht zu sein hat (beim Time Trial) und die Profis - wie ich bei meiner Recherche heraus gefunden habe - im Schnitt mit 30 bis 40 Grad Körperneigung fahren, dann musste ich schnell etwas an meiner Lenkerhöhe machen.
Immerhin fahre ich bei 50 Grad satte 10 Grad aufrechter als die Vorbilder. Und da ich nun auch schon fast 3.500 Kilometer auf dem Rennrad absolviert habe, kann man dann schon mal radikaler werden.
Und ab gehts zu Robert und dem Pirate Bikes-Shop, einen Tag später bekomme ich beim Cervélo wieder - er ist ihm kaum zu anzusehen, der eine kleine Zentimeter.
Aber zu spüren ist er: Merklich tiefer hänger ich über meinem Lenker. 45 Grad perfekte Neigung: Noch recht angenehm auf weiten Strecken, wie ich gestern bei einer kleinen Runde nach Winsen-Luhe herausfinde, und aerodynamisch genug, dass ich mich in Untenlenkerposition auch wirklich dem Wind wegducken kann.
Aber das Wichtigste ist: Es fühlt sich absolut racier an, mein Rennrad.
Zwar habe ich noch immer nicht die 35 Grad der Profis - aber ich muss ja auch kein Zeitfahren bestreiten. Noch nicht.
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26. August 2010
25. August 2010
Grüße von der Steigung: Ein Cyclassics Nachtrag.
Tja, da gibts immer wieder was drüber zu erzählen - die Vattenfall Cyclassics 2010. Denn unsere Azubine Änni begab sich mit ihrer Kamera an die Endsteigung und versuchte, uns SunClass-Rennradlern mit ihrem Objektiv aufzulauern.
Fiesererweise genau an jener Stelle, an der die meisten der etwa 4.000 Rennrad-Piloten, die die 155 km-Strecke gefahren sind, dachten, sie hätten das Schlimmste schon überstanden. Denn der Kösterberg, der auch mir den letzten Saft aus den Muskeln gezogen hatte, lag bereits hinter uns, eine rasante Abfahrt nach Blankenese hinein und die Ebene beim Fähranleger Teufelsbrück gaukelten allen vor, dass die letzten 7, 8 Kilometer ein Spaziergang werden würden.
Wurden sie aber nicht ...
Denn - und ich weiß das, weil die Strecke Pinneberg-Wedel-Blankenese meine "Bergtrainingsstrecke" ist - es geht hier konsequent bis Altona bergauf. Anfangs heftig mit bis zu 10 % Gradient, dann etwas softer, aber immer noch mit Anstieg.
Und so machte ich nicht den Fehler, den viele machten: Am Kösterberg noch einmal alles geben, denn die letzten 8 km "passiert ja nix mehr". Ich fuhr locker, flockig - so gut es eben nach 140 Kilometern ging.
Und siehe da - Änni konnte mich einfangen. Aber so ganz gesund sieht das auch nicht mehr aus ...
Ich muss sagen, dass ab diesen Metern das Rennen konditionsmäßig schon längst gelaufen war. Mein Peloton hatte mich schon weit vorher, in Schenefeld, abgehängt, und ich fuhr an der Schwelle von Krämpfen im linken Unterschenkel.
Zu trinken gab es auch nichts mehr, meine Lungen brannten - und es war der pure Wille, der mich die Blankeneser Berge auf dem Asphalt der Elbchaussee hinauftrieb.
Aber dennoch: Kurz nach diesem Stück, etwa in Höhe Altonaer Balkon, dort, wo die Straße wieder eben wird, wo man den Michel sehen kann, wo wieder die Häuser der Normalverdiener stehen, ab dort konnte ich wie durch ein Wunder angetrieben wieder powern.
Konnte Gas geben, wieder an die 40er-Grenze beschleunigen und abziehen. Aber hier, hier am Berg ... "... leckt mich alle mal am Arsch!", dachte ich die ganze Zeit und wunderte mich, warum hier keine Zuschauer standen.
Achso, die waren ja alle mit ihren Porsche Cayennes ins Zentrum gefahren ...
Tja, und irgendwann war alles vorbei. Ich kam als 1.390er (nun ist es offiziell, denn irgendwie hat man mich in den Endlisten um 4 Plätze nach hinten gestuft) ins Ziel.
Von den 735 Fahren, die in meiner Altersklasse (Senioren AK2) an den Start gegangen waren, konnten 694 Rennradler finishen. Und ich eben als 435er meiner Altersklasse.
Nachdem ich eh schon etwas angefressen ob meiner Performance im Gesamtklassement bin, denn ich hatte mir erhofft, wenigstens in der oberen Hälfte anzukommen, habe ich nun eine ganz lange Nase: 435 von 735 - das muss besser werden!
Das wird besser werden! Denn anstelle mir noch mehr Rennradler von hinten anzuschauen, werde ich daran arbeiten, dass in der nächsten Saison sich noch mehr Piloten meinen Hintern ansehen werden.
Versprochen.
Und trotzdem: Es war der Höhepunkt dess Rennradjahres 2010 für mich. Und eine unvergessene Aktion, diese Cyclassics in Hamburg.
Danke Änni für die schönen Pics - und dass Du so tapfer den Odeur von 4.000 verschwitzten Rennradlern ertragen hast, die sich fauchend und fluchend an Dir die Steigung hochgebissen haben.
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Fiesererweise genau an jener Stelle, an der die meisten der etwa 4.000 Rennrad-Piloten, die die 155 km-Strecke gefahren sind, dachten, sie hätten das Schlimmste schon überstanden. Denn der Kösterberg, der auch mir den letzten Saft aus den Muskeln gezogen hatte, lag bereits hinter uns, eine rasante Abfahrt nach Blankenese hinein und die Ebene beim Fähranleger Teufelsbrück gaukelten allen vor, dass die letzten 7, 8 Kilometer ein Spaziergang werden würden.
Wurden sie aber nicht ...
Denn - und ich weiß das, weil die Strecke Pinneberg-Wedel-Blankenese meine "Bergtrainingsstrecke" ist - es geht hier konsequent bis Altona bergauf. Anfangs heftig mit bis zu 10 % Gradient, dann etwas softer, aber immer noch mit Anstieg.
Und so machte ich nicht den Fehler, den viele machten: Am Kösterberg noch einmal alles geben, denn die letzten 8 km "passiert ja nix mehr". Ich fuhr locker, flockig - so gut es eben nach 140 Kilometern ging.
Und siehe da - Änni konnte mich einfangen. Aber so ganz gesund sieht das auch nicht mehr aus ...
Ich muss sagen, dass ab diesen Metern das Rennen konditionsmäßig schon längst gelaufen war. Mein Peloton hatte mich schon weit vorher, in Schenefeld, abgehängt, und ich fuhr an der Schwelle von Krämpfen im linken Unterschenkel.
Zu trinken gab es auch nichts mehr, meine Lungen brannten - und es war der pure Wille, der mich die Blankeneser Berge auf dem Asphalt der Elbchaussee hinauftrieb.
Aber dennoch: Kurz nach diesem Stück, etwa in Höhe Altonaer Balkon, dort, wo die Straße wieder eben wird, wo man den Michel sehen kann, wo wieder die Häuser der Normalverdiener stehen, ab dort konnte ich wie durch ein Wunder angetrieben wieder powern.
Konnte Gas geben, wieder an die 40er-Grenze beschleunigen und abziehen. Aber hier, hier am Berg ... "... leckt mich alle mal am Arsch!", dachte ich die ganze Zeit und wunderte mich, warum hier keine Zuschauer standen.
Achso, die waren ja alle mit ihren Porsche Cayennes ins Zentrum gefahren ...
Tja, und irgendwann war alles vorbei. Ich kam als 1.390er (nun ist es offiziell, denn irgendwie hat man mich in den Endlisten um 4 Plätze nach hinten gestuft) ins Ziel.
Von den 735 Fahren, die in meiner Altersklasse (Senioren AK2) an den Start gegangen waren, konnten 694 Rennradler finishen. Und ich eben als 435er meiner Altersklasse.
Nachdem ich eh schon etwas angefressen ob meiner Performance im Gesamtklassement bin, denn ich hatte mir erhofft, wenigstens in der oberen Hälfte anzukommen, habe ich nun eine ganz lange Nase: 435 von 735 - das muss besser werden!
Das wird besser werden! Denn anstelle mir noch mehr Rennradler von hinten anzuschauen, werde ich daran arbeiten, dass in der nächsten Saison sich noch mehr Piloten meinen Hintern ansehen werden.
Versprochen.
Und trotzdem: Es war der Höhepunkt dess Rennradjahres 2010 für mich. Und eine unvergessene Aktion, diese Cyclassics in Hamburg.
Danke Änni für die schönen Pics - und dass Du so tapfer den Odeur von 4.000 verschwitzten Rennradlern ertragen hast, die sich fauchend und fluchend an Dir die Steigung hochgebissen haben.
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22. August 2010
Familienzuwachs
Ach, da haben wir uns ja gefreut, Jan und ich, als unsere liebe Ex-Kollegin Angela zusagte, uns endlich einmal auf unserer Rennrad-Runde zur Fähre nach Hoopte zu begleiten - und das auf ihrem neuen Rennrad.
18:00 ist es soweit, sie glänzt mich breit grinsend an, blonde Strähnen lugen unter einem schicken Uvex-Helm hervor und ihr nagelneues Stevens strahlt mit dem ebenso blau leuchtenden Himmel über Hamburg um die Wette.
Flott, aber nicht knochenbrecherisch, geht es durch den Hafen, über die Elbbrücken und raus in die Marchlande. Südlich der Elbe geht unsere Strecke idyllisch am Deich entlang bis kurz vor Winsen-Luhe - die Hoopter Fähre ist unser Ziel.
Sichtlich stolz, aber noch schüchtern wie ein junges Reh, hockt Angela auf ihrem Renner. Sie hält sich hinter uns, Jan und ich versuchen, sie nicht gleich mit Schnitten jenseits von Gut und Böse abzuschrecken - immerhin ist weibliche Gesellschaft in dieser Männerdomäne ja eher die Ausnahme. Da will man es sich mit einem Sternchen wie unserer Angela ja nicht gleich verderben.
Tapfer hält sie sich, als wir den Trubel der Stadt und die Enge des Hafens hinter uns lassen. Es geht am Deich entlang, wir ziehen das Tempo etwas an, es geht an die 35 km/h Dauerspeed, ich bin im Wind, Jan hinter mir und dann Angela.
Anfangs hält sie sich zurück, lässt genug Abstand zu Jans Hinterrad, entdeckt dann aber, dass der Windschatten, den wir ihr bieten, sie unglaublich ziehen kann, und traut sich alle paar Minuten näher an uns heran.
Schlussendlich rollen wir in Hoopte ein, als geschlossener Verband - die 30 Kilometer-Schusssfahrt vom Alten Elbtunnel aus haben wir mit einem 32er Schnitt vollendet.
Da die Fähre noch nicht kommt, beschließen Jan und ich unsere Mägen mit einer leckeren Currywurst aufzufüllen - und das ist beim Imbiss in Hoopte immer ein besonderer Spaß.
Ich: "Eine Currywurst mit Brötchen bitte."
Sie: "Currywurstpommes, ja?"
Ich: "Nein, nein - mit Brötchen."
Sie "Ahso, jakla!"
Fremder: "Aber ick´nehm mit Pommes!"
- Sie wurstelt im Imbiss herum und gibt mir schließlich meine Wurst mit einer Scheibe Weißbrot -
Jan: "Und für mich das selbe, bitte."
Sie: "Ja, okay!"
- Sie wurstelt wieder herum und schaufelt Pommes auf eine Pappe -
Jan: "Mit POMMES hatte ich gesagt, ja?"
Sie: "Oh, okay, dann mache ich Pommes weg."
Fremder: "Ick nehm´mit Pommes!"
Sie: "Ja gut, hier mit Pommes."
- Er bezahlt Jans alte Pommes, Jan guckt komisch. Dann geht sie im Pommeswagen auf und ab. Murmelt etwas auf polnisch, kramt herum, Jan klackert ungeduldig mit seinen Cleats, dann kommt sie zurück und reicht ihm, nachdem sie wieder herumgewurstelt hat, sein Essen -
Sie: "Ein mal Currywurst mit Pommes ... 4 Euro 80."
Jan: steht da und schüttelt seinen Kopf.
Nach unserer kleinen Essenspause - und nachdem Jan seine unfreiwillig große Portion Pommes vertilgt hat, setzen wir mit der Fähre über die Elbe und treten wieder rein: Es soll zurück nach Hamburg gehen.
Es dämmert bereits und ich setze mich an die Spitze, um Tempo zu machen: Keiner von uns halt Licht oder andere sichernde Einrichtungen am Rad, sodass eine Nachtfahrt nicht infrage kommt. Ich trete rein - Gegenwind. Mehr als 32 km/h Dauerspeed sind nicht drin, aber ich genieße es, die beiden 30 km zurück nach Hamburg zu ziehen.
Die Fahrt geht schnell und von hinten ruft Jan: "Komisch, sonst kommt mir das länger vor."
Recht hat er - alleine trainieren ist eben volles Leid. Im Verband zu fahren, noch dazu ab und zu im Windschatten der anderen, spart Kräfte und teilt das Leid.
Wir beschließen ins Hamburger Abendrot hinein, nun regelmäßiger und mit System zu trainieren: Ein mal pro Woche die Hoopte-Runde und ein mal pro Woche eine "Bergtour" durch Blankenese.
Angela stimmt atemlos zu. Sehr gut, wir haben es ihr nicht versaut!
Die Sonne geht unter, Rothenburgsort, der Horner Kreisel und die lange, langweilige Anfahrt zum Hauptbahnhof fliegen nur so vorbei, wir trennen uns und gurken einzeln nach Hause.
Und ich denke mir so, als ich mir den heißen Schweiß von meinem Körper dusche, wie das wohl für Angela und ihr nagelneues Rennrad gewesen war.
"Gerne wieder" - steht in der SMS, die sie mir sendet.
Na siehste, willkommen in der Familie!
Gefahren: 60,7 km in 2:01 h mit 30,1 km/h Schnitt
.
18:00 ist es soweit, sie glänzt mich breit grinsend an, blonde Strähnen lugen unter einem schicken Uvex-Helm hervor und ihr nagelneues Stevens strahlt mit dem ebenso blau leuchtenden Himmel über Hamburg um die Wette.
Flott, aber nicht knochenbrecherisch, geht es durch den Hafen, über die Elbbrücken und raus in die Marchlande. Südlich der Elbe geht unsere Strecke idyllisch am Deich entlang bis kurz vor Winsen-Luhe - die Hoopter Fähre ist unser Ziel.
Sichtlich stolz, aber noch schüchtern wie ein junges Reh, hockt Angela auf ihrem Renner. Sie hält sich hinter uns, Jan und ich versuchen, sie nicht gleich mit Schnitten jenseits von Gut und Böse abzuschrecken - immerhin ist weibliche Gesellschaft in dieser Männerdomäne ja eher die Ausnahme. Da will man es sich mit einem Sternchen wie unserer Angela ja nicht gleich verderben.
Tapfer hält sie sich, als wir den Trubel der Stadt und die Enge des Hafens hinter uns lassen. Es geht am Deich entlang, wir ziehen das Tempo etwas an, es geht an die 35 km/h Dauerspeed, ich bin im Wind, Jan hinter mir und dann Angela.
Anfangs hält sie sich zurück, lässt genug Abstand zu Jans Hinterrad, entdeckt dann aber, dass der Windschatten, den wir ihr bieten, sie unglaublich ziehen kann, und traut sich alle paar Minuten näher an uns heran.
Schlussendlich rollen wir in Hoopte ein, als geschlossener Verband - die 30 Kilometer-Schusssfahrt vom Alten Elbtunnel aus haben wir mit einem 32er Schnitt vollendet.
Da die Fähre noch nicht kommt, beschließen Jan und ich unsere Mägen mit einer leckeren Currywurst aufzufüllen - und das ist beim Imbiss in Hoopte immer ein besonderer Spaß.
Ich: "Eine Currywurst mit Brötchen bitte."
Sie: "Currywurstpommes, ja?"
Ich: "Nein, nein - mit Brötchen."
Sie "Ahso, jakla!"
Fremder: "Aber ick´nehm mit Pommes!"
- Sie wurstelt im Imbiss herum und gibt mir schließlich meine Wurst mit einer Scheibe Weißbrot -
Jan: "Und für mich das selbe, bitte."
Sie: "Ja, okay!"
- Sie wurstelt wieder herum und schaufelt Pommes auf eine Pappe -
Jan: "Mit POMMES hatte ich gesagt, ja?"
Sie: "Oh, okay, dann mache ich Pommes weg."
Fremder: "Ick nehm´mit Pommes!"
Sie: "Ja gut, hier mit Pommes."
- Er bezahlt Jans alte Pommes, Jan guckt komisch. Dann geht sie im Pommeswagen auf und ab. Murmelt etwas auf polnisch, kramt herum, Jan klackert ungeduldig mit seinen Cleats, dann kommt sie zurück und reicht ihm, nachdem sie wieder herumgewurstelt hat, sein Essen -
Sie: "Ein mal Currywurst mit Pommes ... 4 Euro 80."
Jan: steht da und schüttelt seinen Kopf.
Nach unserer kleinen Essenspause - und nachdem Jan seine unfreiwillig große Portion Pommes vertilgt hat, setzen wir mit der Fähre über die Elbe und treten wieder rein: Es soll zurück nach Hamburg gehen.
Es dämmert bereits und ich setze mich an die Spitze, um Tempo zu machen: Keiner von uns halt Licht oder andere sichernde Einrichtungen am Rad, sodass eine Nachtfahrt nicht infrage kommt. Ich trete rein - Gegenwind. Mehr als 32 km/h Dauerspeed sind nicht drin, aber ich genieße es, die beiden 30 km zurück nach Hamburg zu ziehen.
Die Fahrt geht schnell und von hinten ruft Jan: "Komisch, sonst kommt mir das länger vor."
Recht hat er - alleine trainieren ist eben volles Leid. Im Verband zu fahren, noch dazu ab und zu im Windschatten der anderen, spart Kräfte und teilt das Leid.
Wir beschließen ins Hamburger Abendrot hinein, nun regelmäßiger und mit System zu trainieren: Ein mal pro Woche die Hoopte-Runde und ein mal pro Woche eine "Bergtour" durch Blankenese.
Angela stimmt atemlos zu. Sehr gut, wir haben es ihr nicht versaut!
Die Sonne geht unter, Rothenburgsort, der Horner Kreisel und die lange, langweilige Anfahrt zum Hauptbahnhof fliegen nur so vorbei, wir trennen uns und gurken einzeln nach Hause.
Und ich denke mir so, als ich mir den heißen Schweiß von meinem Körper dusche, wie das wohl für Angela und ihr nagelneues Rennrad gewesen war.
"Gerne wieder" - steht in der SMS, die sie mir sendet.
Na siehste, willkommen in der Familie!
Gefahren: 60,7 km in 2:01 h mit 30,1 km/h Schnitt
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19. August 2010
Cervélo R5 - Habenwollen!!!
Wow, macht da die Fachwelt - ein Bericht in einer meiner tour-Hefte fällt mir wieder in die Hand: Das Cervélo R5. Was für ein Rad!
Der Rahmen, der mit 700 Gramm leichter ist als alles, was das Unternehmen jemals gebaut hat, begeistert nicht nur ihn. Sicher, es gibt Rahmen, die viel leichter sind: AX Light hat erst vorgestern einen 585 Gramm leichten vorgestellt. Wie es mit der Steifigkeit aussieht, weiß ich allerdings nicht. Und Paris-Rubaix hat AX auch noch nicht gewonnen. Das R3 schon.
Abgesehen davon ist Carlos Sastre die diesjährige Tour de France mit einem R5 gefahren - und hat trotz seiner Wirbelsäulen-Verletzungen einen respektablen 20ten Platz heraus geholt.
Schaut Euch nur einmal die ultradünnen Streben meines R3 an - beim R5 noch einmal radikaler verschmälert. So virtuos mit dem Werkstoff Carbon umzugehen, versteht kaum jemand so, wie Carvélo.
Jahre hat es gedauert, bis das "Project California" serienreif und sicher war. Unglaublich. Das erklärt sicherlich auch den Preis ab 8.000 € für das Rahmenset.
Nun, ich fahre sozusagen den Großvater des R5, wenn das R3SL als Vater gelten darf.
Schön, dass Cervélo die ungewöhnliche Geometrie und die wunderschönen Rohrquerschnitte der R-Serie weiterleben lässt - und nicht nur in die momentan so gehypeten Aero-Geometrien investiert.
Wunderschön auch die spartanische Lackierung: Mattes Carbon "naturbelassen" und fast wie ein Stealthbomber das schwarze Firmenlogo. Das muss reichen. Wobei die "Kaufversion" anscheinend in Schwarz-gelbem Design ausgeliefert wird. Gewöhnungsbedüftig - aber spannend. Denn die Zeit der Weiß-Rot-Schwarz-Kombinationen ist nun auch endlich hoffentlich vorbei.
Reicht auch.
Also. Ich liebe mein R3. Aber für das R5 würde ich ... so Einiges stehen und liegen lassen ...
Schönes Wochenende - Ride Safe!
Der Rahmen, der mit 700 Gramm leichter ist als alles, was das Unternehmen jemals gebaut hat, begeistert nicht nur ihn. Sicher, es gibt Rahmen, die viel leichter sind: AX Light hat erst vorgestern einen 585 Gramm leichten vorgestellt. Wie es mit der Steifigkeit aussieht, weiß ich allerdings nicht. Und Paris-Rubaix hat AX auch noch nicht gewonnen. Das R3 schon.
Abgesehen davon ist Carlos Sastre die diesjährige Tour de France mit einem R5 gefahren - und hat trotz seiner Wirbelsäulen-Verletzungen einen respektablen 20ten Platz heraus geholt.
Schaut Euch nur einmal die ultradünnen Streben meines R3 an - beim R5 noch einmal radikaler verschmälert. So virtuos mit dem Werkstoff Carbon umzugehen, versteht kaum jemand so, wie Carvélo.
Jahre hat es gedauert, bis das "Project California" serienreif und sicher war. Unglaublich. Das erklärt sicherlich auch den Preis ab 8.000 € für das Rahmenset.
Nun, ich fahre sozusagen den Großvater des R5, wenn das R3SL als Vater gelten darf.
Schön, dass Cervélo die ungewöhnliche Geometrie und die wunderschönen Rohrquerschnitte der R-Serie weiterleben lässt - und nicht nur in die momentan so gehypeten Aero-Geometrien investiert.
Wunderschön auch die spartanische Lackierung: Mattes Carbon "naturbelassen" und fast wie ein Stealthbomber das schwarze Firmenlogo. Das muss reichen. Wobei die "Kaufversion" anscheinend in Schwarz-gelbem Design ausgeliefert wird. Gewöhnungsbedüftig - aber spannend. Denn die Zeit der Weiß-Rot-Schwarz-Kombinationen ist nun auch endlich hoffentlich vorbei.
Reicht auch.
Also. Ich liebe mein R3. Aber für das R5 würde ich ... so Einiges stehen und liegen lassen ...
Schönes Wochenende - Ride Safe!
16. August 2010
Meine Cyclassics 2010
Cyclassics-Tag, es ist so weit! Naja, noch nicht ganz, es ist 3 Uhr, ich liege wach. Kann nicht schlafen. War doch gar nicht aufgeregt, gestern noch. Und jetzt? An Schlaf ist nicht zu denken.
5:20 Uhr. Mein Wecker klingelt erst in 20 Minuten, aber ich stehe trotzdem auf. Gerädert. Sonntag, eigentlich keine Zeit, an Gottes Ruhetag. Motivationslos putze ich mir die Zähne, quäle mir ein geschmackloses Frühstück rein und hoffe, dass es bald besser wird.
5:30 Uhr. Mein Handy klingelt. Es ist meine Süße, die mir alles Gute wünscht.
"Was rauscht da so komisch?", frage ich sie.
"Das ist die Straße."
Sie kommt gerade vom Partymachen nach Hause. Wird sich ins Bett legen. Und Schlafen.
Draußen, 6:10 Uhr, ich fahre gemütlich mit dem Rennrad zum Rathausmarkt. Die Straßen sind leer - außer einige Rennräder, die ebenso wie ich zum Start streben. Die charakteristischen orangefarbigen Beutel auf dem Rücken. Wir grinsen uns an, grüßen uns - Gladiatoren auf dem Weg in die Arena.
Auf der Kollaustraße springt mir mitten auf der Kreuzung die Kette vom Blatt. Ein böses Omen? Ich fingere sie wieder auf die Zahnkränze - meine Flossen sehen aus wie die eines Schiffsmaschinisten. Ölig. Schon vor dem Start. Naja, nichts anmerken lassen ...
Um 7 Uhr treffe ich mein Team. Wir sammeln uns, stehen frierend unter Hamburgs Wolkendecke, keine Sonne scheint auf uns, wärmt uns - wir halten uns mit Chauviesprüchen warm. Um die Alster kurven hunderte Rennräder - Warmfahren ist angesagt.
Mit Steve strebe ich zu Startblock L. Noch ist es leer, also fahren wir die Mönckebergstraße ein mal zur Probe ab. Schaufahren. Man beschaut die Räder des anderen, die Beine, den Helm. Rennrad-Daddies gucken uns hinterher: "Je dicker der Bauch desto teurer das Rad", sagt Steve.
Wir stehen da, zittern uns warm. Hinter mir starten vier Jungs vom Hamburger Recycling. Einer fängt an, mit mir zu schnacken:
"Schönes Rad hast Du da."
"Danke", sage ich, und bedanke mich.
Er deutet auf meinen Carbonrahmen: "Was kostet sowas?"
Ich schäme mich ein bisschen, denn augenblicklich schauen 7, 8 umstehende Rennradler uns an und sind gespannt, was ich sage. Diplomatisch entgegne ich: "Na, da gehen schon ein paar Gehälter für drauf."
"Ja!", macht er da und winkt ab. "Wem sagste das! Aber weißte was? So 6 bis 800 Euro für sowas auszugeben, das wäre mir nix ...!"
Äh ... okay, denke ich, und nicke nur.
8:00 Uhr. Die 55er (Mädchen) sind gestartet. Die Lautsprecher neben uns plärren Gute Laune Musik in die Morgenfrische. Da stehen wir nun, ich ziehe meine nur spärlich wärmende Regenjacke aus - ich bin bereit!
Bin ich bereit?
Noch einen Power-Riegel eingeworfen. Noch ein letztes Mal Luftdruck gecheckt. Am Trikot gezupft. Alles klar.
Neben mir, hinter der Absperrung, ein Obdachloser in schlimsten Kleiderfetzen beugt sich über den Eimer, um den herum ausgelutsche Geltütchen und jede Menge Bananenschalen liegen. Er durchforstet den Müll, über ihm plärren "Super-Oldies und das Beste von heute" aus den Boxen, wir hinter dem Zaun stehen da mit unseren Rädern, die mehr kosten, als er in seinem Restleben sich noch zusammenbetteln werden kann. Komische Welt, werde ich nachdenklich. Schlimme Welt, eigentlich.
Er kümmert sich nicht um die 10.000 Rennräder und die Spannung, die da in der Luft liegt. Er hat andere Sorgen, als Reifendruck und Arschcreme. Er hat nichts zu Essen.
Und ehe ich es mich versehe, startet vor uns der Block K. Gleich sind wir dran. Gleich wir. Gleich ... jetzt! 500 Rennräder treten rein. Wir strömen die Enge der eingezäunten Mönckebergstraße empor, passieren den Zielbogen - und hier in 4 Stunden wieder? - biegen rechts um die Ecke und schon tauchen wir ab, schlängeln uns an der Baustelle Hafencity vorbei, schneller als gedacht zieht sich das Feld in die Länge.
Steve, Teammitglied, bleibt vorn, ich hinter ihm, um ein paar Fotos zu machen.
Noch haben sich keine Gruppen gebildet. Noch sind "gut trainiert" und "gar nicht zum Training gekommen" eng zusammen, das Tempo mit knapp unter 40 recht mild - ich kann den Morgen genießen.
Es geht in den Freihafen, wir schlängeln uns meine neue Trainingsstrecke entlang, ich freue mich, kenne die Kurven hier, die Abschnitte mit schlechtem Belag, die kleinen, giftigen Steigungen und die Passagen, auf denen es sich lohnt, mal links rauszugehen und das Tempo anzuziehen.
Steve und ich haben vier, fünf andere gefunden, die ebenso wie wir schneller machen wollen, als der Rest. Der Rest, das sind die Rechtsfahrer. Die Gemütlichen. Die Rennrad-Daddies. Wir gehen raus, bilden eine Kette und überholen.
Minutenlang. Nur überholen. In den geraden Stücken, in den Kurven, in den Steigungen - wir überholen nur.
Hinter uns ziehen wir mittlerweile eine Traube ähnlich motivierter Jungs mit. Mal bin ich im Wind, aber meistens reihen wir uns hinter der "Arschbackenfrau" ein, wie Steve sie tauft: Eine wahnsinnig durchtrainierte Triathletin, hübsch anzusehen, tolle Figur, Aero-Räder - und ein Antritt, der mörderisch ist. Sie fährt mir etwas zu unberechenbar, zuckt noch zu sehr links und rechts, ich halte Abstand. Ihr Kollege ist ein ganzkörperrasierter Rennrad-Bolide mit einem schnieken Focus-Bike in kompletter Focus-Klamotte. Beide zerren uns durch den Hafen, dann durch Harburg.
Irgendwann sind wir in der Pampa - mit Rückenwind geht es nun 50 Kilometer straight nach Süden. Wir schlängeln uns durch Wälder, reiten Hügel und kleine Bergrücken ab, bald kommt Jesteburg. Am Straßenrand sitzen die ersten Familien, haben Tische und Frühstück auf die Gehwege geräumt, feuern uns an. Ein tolles Gefühl - wenn, ja wenn da nicht das ewige Reißen und kämpfen wäre: Steve hat sich schon vor 15 Kilometern mit Wadenkrampf nach rechts und ein paar km/h langsamer verabschiedet. Ich kann mich bei Rasur-Focus-Mann und der Arschbackenfrau halten.
Ab und zu überholen wir einige Pechvögel mit Defekten.
Ich bete, dass mir so etwas nicht passiert, womöglich noch bei 45 km/h inmitten von hetzenden, aggressiven und mit Adrenalin vollgepumpten Rennboliden. Einen Reifenplatzer von 8 Bar bei Fullspeed? Nicht so mein Ding.
Und ich bete, dass es keinem um mich herum passieren möge!
Direkt neben mir, ausgeschert, in mich hinein gekracht. Sturz. Oder vor mir, Vollbremsung - keine Chance, zu reagieren.
Und doch: Bei allen Risiken. Wir alle fahren am Limit. Geben alles: Keine 5 cm trennen mein Vorderrad vom Hinterrad der Arschbackenfrau. Neben mir spüre ich die Ellenbögen der Nebenmänner, hinter mir, wenn ich meinen Kopf drehe, kann ich das Weiße in den Augen der Verfolger sehen. Kein Raum für Fehler. Keine Chance, wenn es passiert.
Schlüsselbeinbruch? Wohl noch das Erträglichste. Ich selbst bin krankenversichert.
Meine Rennmaschine aber nicht. Und Carbon splittert schnell.
Ich muss an den Obdachlosen denken: Pervers, dass ich hier Angst um mein Rad habe?!
Aber für allzu philosophische Überlegungen bleibt keine Zeit: Die erste richtige Steigung zerrt an den Muskeln. Die Jungs schnaufen, quälen sich, schalten zurück, andere gar sind sich zu fein, überhaupt aufs kleine Blatt zu wechseln. Ich ziehe bequem an den Jungs im Berg vorbei - wieso geht das so einfach? Fast leicht, fast doppelt so schnell kann ich 20, 30 Fahrer überholen. Bin ich wirklich besser - oder mache ich was falsch? Egal, reingetreten.
Dann knickt die Strecke ab. Holm-Seppensen. Vorher geht es links, rechts, links durch ein Dorf, die Bewohner feuern uns an. In einer Kurve stehen Öko-Aktivisten. Sie brüllen die Fahrer an. Es klingt wie "Mööörder...!" - oder war es nur Anfeuern und ich habe sie missverstanden? Keine Ahnung. Keine Zeit.
Jaja, ich bin ja auch gegen Atomstrom. Gegen Vattenfall sowieso. Aber da muss man Radsport und Energiepolitik trennen. Geht das? Heute ja. Aber vermutlich nicht.
Ich habe jetzt ein anderes Problem: Gegenwind. Was uns gerade noch locker auf Geschwindigkeiten jenseits der 45 km/h katapultiert hat, schlägt uns jetzt brutal entgegen. Was das dem Peloton antut, ist sofort zu beobachten: Das vormals kompakte Feld, 50, 60 oder mehr Fahrer, die mehr oder weniger regelmäßig eine Art belgischen Kreisel vollführt haben, ist gesprengt. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht fährt jeder für sich. Schön hinter einander. Nur selten mal zwei nebeneinander. Und wer? Tja, klaro: Arschbackenfrau und Rasur-Focus-Mann. Die beiden peitschen die Fahrer an, ziehen und beißen. Und ich? Ich freue mich, lutsche an ihrem Hinterrad so gut ich kann, lasse mich mal, wenn ich nicht mehr kann, vom Windschatten anderer mitziehen, ausruhen, Kräfte sammeln, dann rausgehen - und nach vorn!
Schnell vergeht die Zeit. Die erste Verpflegungsstation verpasse ich fast, kann mir gerade noch eine Wassergflasche aus der Hand eines Helfers klauben, hastig stoße ich das Wasser hinab. In einer Steigung. Wieder das selbe Bild: Ich bin wieder massiv schneller als alle anderen. Was ist hier nur los?
Das erste Gel schlucke ich, dann verlassen wir den schützenden Wald der Schwarzen Berge und kämpfen uns durchs Alte Land. Und nun weiß ich es: Bald kommt der Höhepunkt der Cyclassics. Die Köhlbrandbrücke.
Die ganzen Jungs mit den gelben Starternummern - also die 100 km-Fahrer - grinsen sich einen ab: Sie haben nur noch 6, 7, vielleicht 8 Kilometer zu fahren, dann sind sie im Ziel. Für sie ist die Brücke krönender Abschluss. Noch mal quälen, noch mal beißen, dann wars das. Für uns, die wirr die grünen Nummern auf dem Rücken tragen - umso stolzer jetzt - ist die Brücker nur mehr eines von so vielen Hindernissen, die es noch zu überqueren gilt.
Langsam schälen sich die Pylone der mächtigen Brücke gegen den nun wieder bedeckten Himmel heraus. Langsam schneiden auch wir durch den Wind auf das Wahrzeichen Hamburgs zu. Ich fahre in einem Pulk von 8 dänischen Teamfahrern, die für eine Brauerei antreten. Es wird kaum mehr gesprochen im Peloton - noch stiller ist es als sonst, wo es schon kaum geredet wird. Die Brücke macht ihnen Angst.
Zunächst müssen wir eine Schleife unter der Auffahrt hindurchfahren. 40 Meter über uns auf der massiven Betonpiste sehen wir die Radfahrer wie an einer Perlenschnur aufgereiht: Minitaursportler, entrückt. Wie Ameisen so klein, nur nicht fleißig - sie scheinen fast zu stehen. Da hoch? Wir? Jetzt?
Das Peloton wird immer langsamer, fast schäme ich mich, als ich nach außen gehe und alle wieder zu überholen beginne. Ich schalte auf das kleine Blatte, schalte ein paar Gänge zurück und nehme die Steigung in Angriff.
Wow, geht das gut! Wiederum schneller als die meisten anderen hüpfe ich fast beiläufig die Piste hinauf. Am Ende der Brücke haben wir Benjamin, unseren Azubi, mit einer Kamera postiert. Ich rufe ihn an, dass ich gleich durchkommen werde. Er sagt okay. Na denn.
Totenstille, je höher wir kommen. Links von uns eine einmalige Kulisse: Hafenbecken, Elbe und dahinter grüßt der Michel. Sensationelle Ausblicke auf tausende Container, auf Frachtriesen, auf die Süderelbe unter uns. Ein schillerndes Band. Kein Fluss mehr. Jetzt seid Ihr es, Welt, die entrückt seid - wir schweben in einer anderen Sphäre.
Hinter und neben mir hecheln sie sich die Zunge aus den Lungen.
Ich trete ruhig, rund und - schneller.
"Probier´s mal, miiiit Gemütlichkeit ...", beginne ich zu pfeifen.
Einer neben mich guckt mir schmerzverzerrt und irgendwie völlig entgeistert auf die gespitzten Lippen. Fast gequält presst er hervor: "Na, da ist aber einer gut drauf!"
"Du nicht?", frage ich.
Er redet aber nicht mehr mit mir.
Oben ist einer von Greenpeace an der Brücke befestigt und protestiert gegen Vattenfall. Leider kann ich sein Transparent nicht lesen. Wir sind einfach zu schnell.
Durch den Hafen, über die Elbbrücken, Eisenbahnschienen, Gegenwind - Stadt kommt näher. Wir fliegen, wir sausen, es gibt kein Feld mehr, Einzelfahrer, alle 10 Meter. Kein Windschatten, nichts. Ich beiße, ich ziehe. Hinter mir zwei Jungs, Führungsarbeit will keiner leisten. Mir egal, leckt mich, ich gebe Gas.
Hafencity, Kurve 1, 2 und 3 und dann sehe ich ihn, den Hauptbahnhof, es kommt näher und näher, immer mehr Zuschauer stehen an den Seiten, feuern uns an. Feuern mich an. Mir gilt das alles hier.
"Achtung - Feldertrennung! 100 km Distanz, links einordnen - 155 km Distanz, rechts einordnen!" Monoton erzählt uns eine Stimme über die letzten paar hundert Meter, dass wir es noch nicht geschafft haben, die Gelbnummern aber schon. Sie sind glücklich, sie grinsen, sie beglückwünschen sich, jetzt schon.
Heiko, Steve, Jan - meine Mitfahrer, ihr habt es geschafft. Seid durch. Fertig. Könnt absteigen. Was trinken. Was essen. Und ich? Ich muss noch. Wollte es ja nicht anders: 55 Kilometer noch. Verdammt!
Ich ordne mich rechts ein, werde weg geführt von der Mönckebergstraße, deren Lärm und Beifall ich kurz vernehme, dann wieder das Gesurre von Freiläufen, das Schnaufen meiner Mitfahrer.
Dezimiert sind wir. Gerupftes Feld. Nur noch grüne Rückennummern. Geschlagen. Fertig. Und doch - erst zwei Drittel geschafft! Vorbei an Alster und Dammtor geht es raus aus der Stadt. Schleswig Holstein einen Besuch abstatten. Es stehen immer noch Massen an den Begrenzungen, feiern uns, feuern uns an. Ich nehme sie kaum wahr: Noch ein Gel! Nachspülen! Ah, das wirkt. Wirkt das? Es muss wirken!
Gemütlich wird es. 30, 32, mehr nicht. Wie eine Perlenschnur sammeln wir uns. Ein Shimano-Lindwurm, der sich durch die Stadt zieht. Gemütlich, behäbig. Lurup, hier wohnt ne gute Freundin, wir lassen es jetzt also gemächlich angehen? Okay, denke ich, reihe mich ein und fahre mit. Ausspannen. Sehr fein.
Aber Hamburg lassen wir wieder hinter uns.
Bei der Verpflegung halte ich nur kurz. Beim Absteigen durchfährt mein rechts Bein ein Krampf sondergleichen, ich schreie kurz, die Rennradler gucken, nicken - sie kennen das. Aus Badewannen werden Trinkflaschen mit giftrosa Energydrink befüllt. Ich reiche eine Flasche dem Mädchen, stopfe mir gleichzeitig sieben halbe Bananen und vier geviertelte Orangen in den Mund. Scheiß auf Etikette!
Und wieder aufs Rad. Au, das tut weh! 115 Kilometer geschafft. Na, den Rest packen wir auch noch! Ich beschleunige langsam - wir wollen den Krampf ja nicht noch ein mal provozieren - und reihe mich wieder in die Perlenkette ein. Eine Menge Jungs hält erst gar nicht bei der Verpflegung an. Wie machen die das nur mit ihrem Wasser? Ah, denke ich, klar: In den Trikottaschen auf dem Rücken einfach zwei Flaschen mehr mitnehmen, dann könnte man die 155 km überleben ...
Wir kommen aus Hamburg raus, ab auf die Autobahn, Schenefeld hinter uns - Pinneberg wird geschrammt, in Wedel sollten wir es fast geschafft haben. Autobahn. Freie Fahrt für freie Radler, denke ich mir. Einige hundert Meter vor mir sammeln sich Rennradler zu einer Traube. Die nachrückende Perlenschnur macht die Traube immer dicker. 50, 70, 80 Rennräder müssten das sein. Ein richtiges kleines Peloton.
Und wie bei einer Atombombe, deren kritische Masse irgendwann erreicht ist, zündet auch unser kleines Peloton irgendwann die Booster: Es wird beschleunigt. Hart am Wind. Es geht los! Die Arschbackenfrau und der Rasur-Klaus im Focus-Dress sind wieder mit dabei, einige andere Jungs auch, die ich noch kenne: Keine Gelbnummern mehr. Keine Bierbauchdaddies. Hier sind alles harte Kerle, abgebrühte, drahtige Rennradler.
42, 45 km/h im Schnitt, es ist ein harter Kampf. Ich habe Mühe, mitzuhalten. Einer ums andere muss abreißen lassen, es ist ein KO-Spiel - wer nicht mithält, ist verloren. Wenn du abreißen lässt, verlierst du den Windschatten der Gruppe - und dann kämpfe dich allein gegen den Gegenwind durch! Schnurgerade Autobahn. Keine Bäume. Nicht angenehm.
Ich reiße am Lenker, ich beiße. Löcher entstehen, hinter mir vier, fünf Wackelkandidaten, einer lässt abreißen. Aber halt: Bin ich nicht auch schon längst ein Wackelkandidat? Nicht abreißen lassen! Ich beiße die Zähne zusammen, komme wieder ans Feld, habe drei andere mitgezogen, gerettet Euch! Könnt ja mal Danke sagen ... aber dazu bleibt keine Zeit.
Ein Dorf, eine Kurve, Beifall fliegt vorbei - und wieder eine Tempoverschärfung. Wieder treten sie rein da vorn, die Arschbackenfrau, sie wills aber wissen heute! Wow, keuche ich, scheiße, Jungs, was soll das? Wieder schmecke ich blut. Ich keuche, keine Zeit zum Trinken, rankommen, rankommen! Wieder Anschluss, wieder die wohlige Stille des Windschattens. Aber wo vor ein, zwei Stunden noch beruhigend der Freilauf von gemächlichem Windschattenlutschen kündete, treten sie jetzt alle rein - aussetzen mit treten kann sich keiner leisten.
Und wieder schneller. Und wieder schneller. Ich kann nicht mehr! Bin hinten. Bin ganz hinten. Lasse sie ziehen. Muss aussetzen. Trinken. Nuckeln an der Flasche. Das Seifenwasser einsaugen. Warum hab ich Idiot nur eine Flasche auffüllen lassen???
Ich schaue wieder auf die Straße vor mir - das Feld, 500 Meter, 800 Meter vor mir. Dann verschwindet es in der Kurve. Aus. Das wars. Weg. Ich bin abgehängt. Ausgeknockt.
Beim Umdrehen erkenne ich vereinzelte wie mich hinter mir. Vor mir noch zwei weitere, die es nicht mehr mithalten konnten. Ich gehe in Untenlenkerposition. Beißen. Ruhig treten, das kann ich. Bin so viele tausend Kilometer alleine gefahren: Die restlichen 30 km schaffe ich jetzt auch noch!
Die Zuschauer, die ich jetzt treffe, feuern mich eher aus Mitleid, denn aus Begeisterung an, habe ich das Gefühl: Immerhin ist mein Feld hier schon vor Ewigkeiten durch. Und ich? Abgehangen. Geschlagen!
Aber hey - hinter mir sind die ganzen anderen, die, die es früher erwischt hatte, die, die früher schlapp gemacht haben. Das tröstet. Aber schiebt mich nicht.
In Wedel ist die Hölle los. Eine lang gezogene Rechtskurve, Volksfest, Massen an Leuten. Das baut auf, ein wenig. Sogar so sehr, dass ich meinen Vordermann endlich einhole. Ich setze mich vor ihn, will Windschatten geben, aber er lässt abreißen - selbst bei mir kann er nicht mehr mitfahren. Egal, denke ich, trete rein. Es läuft wieder ein bisschen besser. Wenig später sammle ich den zweiten ein. Auch er lässt mich ziehen. Und dann, kurz vor dem Wilkomm-Höft, da finde ich sie - versprengt, aber zu Vielt unterwegs: Mein Peloton. Oder zumindest das, was von ihm übrig geblieben ist.
Die Triathletin, die Arschbackenfrau hat ganze Arbeit geleistet: Vollkommen demolierte Rennradler quälen sich durch die Zuschauer. Und dann geht es in die Steigung. Bergauf Wedel - und das sind noch nicht mal die Steigungen von Blankenese! - zersprengt es den letzten Rest unseres Feldes! Ich kann es explodieren sehen. Vor mir, neben mir und dann auch hinter mir - die Reste des Feldes zerschmettern, scheitern an der Steigung. Aufgerieben. fertig.
Und mich plagen Ansätze von Krämpfen - diesmal im Unterschenkel links. Muss runterschalten. Langsam machen. Eigentlich könnte ich sie jetzt wieder alle überholen, ich weiß es - am Berg bin ich stark. Aber mit einem wabernden Krampf im Fuß? Nee, lass mal. Bei 8 % Steigung krampfgeplagt schreiend umfallen - nicht der Rennausgang, den ich mir erträume ...
Ich beiße mich die Steigung hoch - kenne das hier alles. Ist meine Trainingsstrecke. Kösterberg, schon tausendmal gefahren. Und doch: Heute ist es was besonderes. Vor mir, alle 300 Meter, sehe ich Rennradler. Langsam taste ich mich ran. Erst das schicke Pinarello. Dann ein Bianchi ganz in Celeste. Schweres Atmen. Und ich trinke den letzten Schluck Seifenwasser. Aus, das wars - jetzt muss das Ziel aber kommen!
Bergab geht es, Teufelsbrück, dann die letzte Steigung, lang gezogen, es tut aber nicht mehr weh. Keine Krämpfe mehr. Keine Radler mehr auf weiter Flur: Feld zerstört. Arschbackenlady und Steigung haben ganze Arbeit geleistet!
Ich komme Altona rein, jetzt sammeln wir uns wieder, 10, 15 Fahrer, ein kleines Feld kommt da zusammen, ein wenig Windschatten. Ein wenig Mut. Ein wenig nur. "158 km" steht da auf meinem Forerunner. Naja. Was solls.
Wir biegen durch die Neustadt, fliegen über den Kiez, dann links, dann rechts - und ehe ich es mir versehe, sind wir auf der Mönckebergstraße. Ich gehe rechts raus, will sprinten, schaffe aber nichts weiter, als den Speed meiner Mitstreiter zu gehen. Ziellinie. Freude quillt in mir hoch. Das wars. Aus. Vorbei. Yeah! Geschafft.
Wir werden in eine Seitenstraße geleitet. 5.000 Rennradler wollen ihre Transponder abgeben und ihre Medallien haben. Schmucklos, enttäuschend irgendwie. Massenabfertigung. Und doch: Alle grinsen. Man schnackt. Erleichtert, begeistert. Musik wabert durch Hamburg. Rennräder überall. Ich steige ab. Kann kaum laufen. Und doch: Es war der Wahnsinn!
Es folgen die Chauvie-Sprüche mit meinen Teamkollegen. Man vergleicht Durchschnittsgeschwindigkeiten wie Schwanzlängen. Wir trinken ein Bier, stoßen an auf uns Helden, verschweigen die Wunden, die wir gleich lecken werden und treffen eine Entscheidung, die aber schon wenige Meter nach dem Start feststand: Nächstes Jahr Cyclassics? Wir sind dabei!
Scheiß auf Atomkraft - aber das Rennen war der Hammer! Und nächstes Jahr, das schwören wir uns unisono, sind wir wieder am Start, Ehrensache! Und ich? Ich schleppe mich mit meiner Süßen nach Hause. Kann kaum gehen. An Radfahren - auch gemächlich ist nicht zu denken.
In meiner Tasche klimpert die Cyclassics-Medallie. Meine Startnummer, ich werde sie aufbehalten. Mein zweites Rennen, das war es also. Kurz und schmerzlos - wie leicht 4 StundenVollgas dann schon vergessen sind ...
Am nächsten Tag habe ich Muskelkater vom Feinsten - entdecke zwei neue Muskeln direkt unter meinem Arsch. Am Tag 2 nach den Cyclassics ist alles wieder fein.
Wie schnell so ein Körper verzeiht ...
Stats:
(offiziell) 157,8 km in 4:20:56 Stunden mit 36,12 km/h avg
4 Power-Gel
2 Energie-Riegel
2,3 Liter Energy Drink
.
5:20 Uhr. Mein Wecker klingelt erst in 20 Minuten, aber ich stehe trotzdem auf. Gerädert. Sonntag, eigentlich keine Zeit, an Gottes Ruhetag. Motivationslos putze ich mir die Zähne, quäle mir ein geschmackloses Frühstück rein und hoffe, dass es bald besser wird.
5:30 Uhr. Mein Handy klingelt. Es ist meine Süße, die mir alles Gute wünscht.
"Was rauscht da so komisch?", frage ich sie.
"Das ist die Straße."
Sie kommt gerade vom Partymachen nach Hause. Wird sich ins Bett legen. Und Schlafen.
Draußen, 6:10 Uhr, ich fahre gemütlich mit dem Rennrad zum Rathausmarkt. Die Straßen sind leer - außer einige Rennräder, die ebenso wie ich zum Start streben. Die charakteristischen orangefarbigen Beutel auf dem Rücken. Wir grinsen uns an, grüßen uns - Gladiatoren auf dem Weg in die Arena.
Auf der Kollaustraße springt mir mitten auf der Kreuzung die Kette vom Blatt. Ein böses Omen? Ich fingere sie wieder auf die Zahnkränze - meine Flossen sehen aus wie die eines Schiffsmaschinisten. Ölig. Schon vor dem Start. Naja, nichts anmerken lassen ...
Um 7 Uhr treffe ich mein Team. Wir sammeln uns, stehen frierend unter Hamburgs Wolkendecke, keine Sonne scheint auf uns, wärmt uns - wir halten uns mit Chauviesprüchen warm. Um die Alster kurven hunderte Rennräder - Warmfahren ist angesagt.
Mit Steve strebe ich zu Startblock L. Noch ist es leer, also fahren wir die Mönckebergstraße ein mal zur Probe ab. Schaufahren. Man beschaut die Räder des anderen, die Beine, den Helm. Rennrad-Daddies gucken uns hinterher: "Je dicker der Bauch desto teurer das Rad", sagt Steve.
Wir stehen da, zittern uns warm. Hinter mir starten vier Jungs vom Hamburger Recycling. Einer fängt an, mit mir zu schnacken:
"Schönes Rad hast Du da."
"Danke", sage ich, und bedanke mich.
Er deutet auf meinen Carbonrahmen: "Was kostet sowas?"
Ich schäme mich ein bisschen, denn augenblicklich schauen 7, 8 umstehende Rennradler uns an und sind gespannt, was ich sage. Diplomatisch entgegne ich: "Na, da gehen schon ein paar Gehälter für drauf."
"Ja!", macht er da und winkt ab. "Wem sagste das! Aber weißte was? So 6 bis 800 Euro für sowas auszugeben, das wäre mir nix ...!"
Äh ... okay, denke ich, und nicke nur.
8:00 Uhr. Die 55er (Mädchen) sind gestartet. Die Lautsprecher neben uns plärren Gute Laune Musik in die Morgenfrische. Da stehen wir nun, ich ziehe meine nur spärlich wärmende Regenjacke aus - ich bin bereit!
Bin ich bereit?
Noch einen Power-Riegel eingeworfen. Noch ein letztes Mal Luftdruck gecheckt. Am Trikot gezupft. Alles klar.
Neben mir, hinter der Absperrung, ein Obdachloser in schlimsten Kleiderfetzen beugt sich über den Eimer, um den herum ausgelutsche Geltütchen und jede Menge Bananenschalen liegen. Er durchforstet den Müll, über ihm plärren "Super-Oldies und das Beste von heute" aus den Boxen, wir hinter dem Zaun stehen da mit unseren Rädern, die mehr kosten, als er in seinem Restleben sich noch zusammenbetteln werden kann. Komische Welt, werde ich nachdenklich. Schlimme Welt, eigentlich.
Er kümmert sich nicht um die 10.000 Rennräder und die Spannung, die da in der Luft liegt. Er hat andere Sorgen, als Reifendruck und Arschcreme. Er hat nichts zu Essen.
Und ehe ich es mich versehe, startet vor uns der Block K. Gleich sind wir dran. Gleich wir. Gleich ... jetzt! 500 Rennräder treten rein. Wir strömen die Enge der eingezäunten Mönckebergstraße empor, passieren den Zielbogen - und hier in 4 Stunden wieder? - biegen rechts um die Ecke und schon tauchen wir ab, schlängeln uns an der Baustelle Hafencity vorbei, schneller als gedacht zieht sich das Feld in die Länge.
Steve, Teammitglied, bleibt vorn, ich hinter ihm, um ein paar Fotos zu machen.
Noch haben sich keine Gruppen gebildet. Noch sind "gut trainiert" und "gar nicht zum Training gekommen" eng zusammen, das Tempo mit knapp unter 40 recht mild - ich kann den Morgen genießen.
Es geht in den Freihafen, wir schlängeln uns meine neue Trainingsstrecke entlang, ich freue mich, kenne die Kurven hier, die Abschnitte mit schlechtem Belag, die kleinen, giftigen Steigungen und die Passagen, auf denen es sich lohnt, mal links rauszugehen und das Tempo anzuziehen.
Steve und ich haben vier, fünf andere gefunden, die ebenso wie wir schneller machen wollen, als der Rest. Der Rest, das sind die Rechtsfahrer. Die Gemütlichen. Die Rennrad-Daddies. Wir gehen raus, bilden eine Kette und überholen.
Minutenlang. Nur überholen. In den geraden Stücken, in den Kurven, in den Steigungen - wir überholen nur.
Hinter uns ziehen wir mittlerweile eine Traube ähnlich motivierter Jungs mit. Mal bin ich im Wind, aber meistens reihen wir uns hinter der "Arschbackenfrau" ein, wie Steve sie tauft: Eine wahnsinnig durchtrainierte Triathletin, hübsch anzusehen, tolle Figur, Aero-Räder - und ein Antritt, der mörderisch ist. Sie fährt mir etwas zu unberechenbar, zuckt noch zu sehr links und rechts, ich halte Abstand. Ihr Kollege ist ein ganzkörperrasierter Rennrad-Bolide mit einem schnieken Focus-Bike in kompletter Focus-Klamotte. Beide zerren uns durch den Hafen, dann durch Harburg.
Irgendwann sind wir in der Pampa - mit Rückenwind geht es nun 50 Kilometer straight nach Süden. Wir schlängeln uns durch Wälder, reiten Hügel und kleine Bergrücken ab, bald kommt Jesteburg. Am Straßenrand sitzen die ersten Familien, haben Tische und Frühstück auf die Gehwege geräumt, feuern uns an. Ein tolles Gefühl - wenn, ja wenn da nicht das ewige Reißen und kämpfen wäre: Steve hat sich schon vor 15 Kilometern mit Wadenkrampf nach rechts und ein paar km/h langsamer verabschiedet. Ich kann mich bei Rasur-Focus-Mann und der Arschbackenfrau halten.
Ab und zu überholen wir einige Pechvögel mit Defekten.
Ich bete, dass mir so etwas nicht passiert, womöglich noch bei 45 km/h inmitten von hetzenden, aggressiven und mit Adrenalin vollgepumpten Rennboliden. Einen Reifenplatzer von 8 Bar bei Fullspeed? Nicht so mein Ding.
Und ich bete, dass es keinem um mich herum passieren möge!
Direkt neben mir, ausgeschert, in mich hinein gekracht. Sturz. Oder vor mir, Vollbremsung - keine Chance, zu reagieren.
Und doch: Bei allen Risiken. Wir alle fahren am Limit. Geben alles: Keine 5 cm trennen mein Vorderrad vom Hinterrad der Arschbackenfrau. Neben mir spüre ich die Ellenbögen der Nebenmänner, hinter mir, wenn ich meinen Kopf drehe, kann ich das Weiße in den Augen der Verfolger sehen. Kein Raum für Fehler. Keine Chance, wenn es passiert.
Schlüsselbeinbruch? Wohl noch das Erträglichste. Ich selbst bin krankenversichert.
Meine Rennmaschine aber nicht. Und Carbon splittert schnell.
Ich muss an den Obdachlosen denken: Pervers, dass ich hier Angst um mein Rad habe?!
Aber für allzu philosophische Überlegungen bleibt keine Zeit: Die erste richtige Steigung zerrt an den Muskeln. Die Jungs schnaufen, quälen sich, schalten zurück, andere gar sind sich zu fein, überhaupt aufs kleine Blatt zu wechseln. Ich ziehe bequem an den Jungs im Berg vorbei - wieso geht das so einfach? Fast leicht, fast doppelt so schnell kann ich 20, 30 Fahrer überholen. Bin ich wirklich besser - oder mache ich was falsch? Egal, reingetreten.
Dann knickt die Strecke ab. Holm-Seppensen. Vorher geht es links, rechts, links durch ein Dorf, die Bewohner feuern uns an. In einer Kurve stehen Öko-Aktivisten. Sie brüllen die Fahrer an. Es klingt wie "Mööörder...!" - oder war es nur Anfeuern und ich habe sie missverstanden? Keine Ahnung. Keine Zeit.
Jaja, ich bin ja auch gegen Atomstrom. Gegen Vattenfall sowieso. Aber da muss man Radsport und Energiepolitik trennen. Geht das? Heute ja. Aber vermutlich nicht.
Ich habe jetzt ein anderes Problem: Gegenwind. Was uns gerade noch locker auf Geschwindigkeiten jenseits der 45 km/h katapultiert hat, schlägt uns jetzt brutal entgegen. Was das dem Peloton antut, ist sofort zu beobachten: Das vormals kompakte Feld, 50, 60 oder mehr Fahrer, die mehr oder weniger regelmäßig eine Art belgischen Kreisel vollführt haben, ist gesprengt. Wie an einer Perlenschnur aufgereiht fährt jeder für sich. Schön hinter einander. Nur selten mal zwei nebeneinander. Und wer? Tja, klaro: Arschbackenfrau und Rasur-Focus-Mann. Die beiden peitschen die Fahrer an, ziehen und beißen. Und ich? Ich freue mich, lutsche an ihrem Hinterrad so gut ich kann, lasse mich mal, wenn ich nicht mehr kann, vom Windschatten anderer mitziehen, ausruhen, Kräfte sammeln, dann rausgehen - und nach vorn!
Schnell vergeht die Zeit. Die erste Verpflegungsstation verpasse ich fast, kann mir gerade noch eine Wassergflasche aus der Hand eines Helfers klauben, hastig stoße ich das Wasser hinab. In einer Steigung. Wieder das selbe Bild: Ich bin wieder massiv schneller als alle anderen. Was ist hier nur los?
Das erste Gel schlucke ich, dann verlassen wir den schützenden Wald der Schwarzen Berge und kämpfen uns durchs Alte Land. Und nun weiß ich es: Bald kommt der Höhepunkt der Cyclassics. Die Köhlbrandbrücke.
Die ganzen Jungs mit den gelben Starternummern - also die 100 km-Fahrer - grinsen sich einen ab: Sie haben nur noch 6, 7, vielleicht 8 Kilometer zu fahren, dann sind sie im Ziel. Für sie ist die Brücke krönender Abschluss. Noch mal quälen, noch mal beißen, dann wars das. Für uns, die wirr die grünen Nummern auf dem Rücken tragen - umso stolzer jetzt - ist die Brücker nur mehr eines von so vielen Hindernissen, die es noch zu überqueren gilt.
Langsam schälen sich die Pylone der mächtigen Brücke gegen den nun wieder bedeckten Himmel heraus. Langsam schneiden auch wir durch den Wind auf das Wahrzeichen Hamburgs zu. Ich fahre in einem Pulk von 8 dänischen Teamfahrern, die für eine Brauerei antreten. Es wird kaum mehr gesprochen im Peloton - noch stiller ist es als sonst, wo es schon kaum geredet wird. Die Brücke macht ihnen Angst.
Zunächst müssen wir eine Schleife unter der Auffahrt hindurchfahren. 40 Meter über uns auf der massiven Betonpiste sehen wir die Radfahrer wie an einer Perlenschnur aufgereiht: Minitaursportler, entrückt. Wie Ameisen so klein, nur nicht fleißig - sie scheinen fast zu stehen. Da hoch? Wir? Jetzt?
Das Peloton wird immer langsamer, fast schäme ich mich, als ich nach außen gehe und alle wieder zu überholen beginne. Ich schalte auf das kleine Blatte, schalte ein paar Gänge zurück und nehme die Steigung in Angriff.
Wow, geht das gut! Wiederum schneller als die meisten anderen hüpfe ich fast beiläufig die Piste hinauf. Am Ende der Brücke haben wir Benjamin, unseren Azubi, mit einer Kamera postiert. Ich rufe ihn an, dass ich gleich durchkommen werde. Er sagt okay. Na denn.
Totenstille, je höher wir kommen. Links von uns eine einmalige Kulisse: Hafenbecken, Elbe und dahinter grüßt der Michel. Sensationelle Ausblicke auf tausende Container, auf Frachtriesen, auf die Süderelbe unter uns. Ein schillerndes Band. Kein Fluss mehr. Jetzt seid Ihr es, Welt, die entrückt seid - wir schweben in einer anderen Sphäre.
Hinter und neben mir hecheln sie sich die Zunge aus den Lungen.
Ich trete ruhig, rund und - schneller.
"Probier´s mal, miiiit Gemütlichkeit ...", beginne ich zu pfeifen.
Einer neben mich guckt mir schmerzverzerrt und irgendwie völlig entgeistert auf die gespitzten Lippen. Fast gequält presst er hervor: "Na, da ist aber einer gut drauf!"
"Du nicht?", frage ich.
Er redet aber nicht mehr mit mir.
Oben ist einer von Greenpeace an der Brücke befestigt und protestiert gegen Vattenfall. Leider kann ich sein Transparent nicht lesen. Wir sind einfach zu schnell.
Durch den Hafen, über die Elbbrücken, Eisenbahnschienen, Gegenwind - Stadt kommt näher. Wir fliegen, wir sausen, es gibt kein Feld mehr, Einzelfahrer, alle 10 Meter. Kein Windschatten, nichts. Ich beiße, ich ziehe. Hinter mir zwei Jungs, Führungsarbeit will keiner leisten. Mir egal, leckt mich, ich gebe Gas.
Hafencity, Kurve 1, 2 und 3 und dann sehe ich ihn, den Hauptbahnhof, es kommt näher und näher, immer mehr Zuschauer stehen an den Seiten, feuern uns an. Feuern mich an. Mir gilt das alles hier.
"Achtung - Feldertrennung! 100 km Distanz, links einordnen - 155 km Distanz, rechts einordnen!" Monoton erzählt uns eine Stimme über die letzten paar hundert Meter, dass wir es noch nicht geschafft haben, die Gelbnummern aber schon. Sie sind glücklich, sie grinsen, sie beglückwünschen sich, jetzt schon.
Heiko, Steve, Jan - meine Mitfahrer, ihr habt es geschafft. Seid durch. Fertig. Könnt absteigen. Was trinken. Was essen. Und ich? Ich muss noch. Wollte es ja nicht anders: 55 Kilometer noch. Verdammt!
Ich ordne mich rechts ein, werde weg geführt von der Mönckebergstraße, deren Lärm und Beifall ich kurz vernehme, dann wieder das Gesurre von Freiläufen, das Schnaufen meiner Mitfahrer.
Dezimiert sind wir. Gerupftes Feld. Nur noch grüne Rückennummern. Geschlagen. Fertig. Und doch - erst zwei Drittel geschafft! Vorbei an Alster und Dammtor geht es raus aus der Stadt. Schleswig Holstein einen Besuch abstatten. Es stehen immer noch Massen an den Begrenzungen, feiern uns, feuern uns an. Ich nehme sie kaum wahr: Noch ein Gel! Nachspülen! Ah, das wirkt. Wirkt das? Es muss wirken!
Gemütlich wird es. 30, 32, mehr nicht. Wie eine Perlenschnur sammeln wir uns. Ein Shimano-Lindwurm, der sich durch die Stadt zieht. Gemütlich, behäbig. Lurup, hier wohnt ne gute Freundin, wir lassen es jetzt also gemächlich angehen? Okay, denke ich, reihe mich ein und fahre mit. Ausspannen. Sehr fein.
Aber Hamburg lassen wir wieder hinter uns.
Bei der Verpflegung halte ich nur kurz. Beim Absteigen durchfährt mein rechts Bein ein Krampf sondergleichen, ich schreie kurz, die Rennradler gucken, nicken - sie kennen das. Aus Badewannen werden Trinkflaschen mit giftrosa Energydrink befüllt. Ich reiche eine Flasche dem Mädchen, stopfe mir gleichzeitig sieben halbe Bananen und vier geviertelte Orangen in den Mund. Scheiß auf Etikette!
Und wieder aufs Rad. Au, das tut weh! 115 Kilometer geschafft. Na, den Rest packen wir auch noch! Ich beschleunige langsam - wir wollen den Krampf ja nicht noch ein mal provozieren - und reihe mich wieder in die Perlenkette ein. Eine Menge Jungs hält erst gar nicht bei der Verpflegung an. Wie machen die das nur mit ihrem Wasser? Ah, denke ich, klar: In den Trikottaschen auf dem Rücken einfach zwei Flaschen mehr mitnehmen, dann könnte man die 155 km überleben ...
Wir kommen aus Hamburg raus, ab auf die Autobahn, Schenefeld hinter uns - Pinneberg wird geschrammt, in Wedel sollten wir es fast geschafft haben. Autobahn. Freie Fahrt für freie Radler, denke ich mir. Einige hundert Meter vor mir sammeln sich Rennradler zu einer Traube. Die nachrückende Perlenschnur macht die Traube immer dicker. 50, 70, 80 Rennräder müssten das sein. Ein richtiges kleines Peloton.
Und wie bei einer Atombombe, deren kritische Masse irgendwann erreicht ist, zündet auch unser kleines Peloton irgendwann die Booster: Es wird beschleunigt. Hart am Wind. Es geht los! Die Arschbackenfrau und der Rasur-Klaus im Focus-Dress sind wieder mit dabei, einige andere Jungs auch, die ich noch kenne: Keine Gelbnummern mehr. Keine Bierbauchdaddies. Hier sind alles harte Kerle, abgebrühte, drahtige Rennradler.
42, 45 km/h im Schnitt, es ist ein harter Kampf. Ich habe Mühe, mitzuhalten. Einer ums andere muss abreißen lassen, es ist ein KO-Spiel - wer nicht mithält, ist verloren. Wenn du abreißen lässt, verlierst du den Windschatten der Gruppe - und dann kämpfe dich allein gegen den Gegenwind durch! Schnurgerade Autobahn. Keine Bäume. Nicht angenehm.
Ich reiße am Lenker, ich beiße. Löcher entstehen, hinter mir vier, fünf Wackelkandidaten, einer lässt abreißen. Aber halt: Bin ich nicht auch schon längst ein Wackelkandidat? Nicht abreißen lassen! Ich beiße die Zähne zusammen, komme wieder ans Feld, habe drei andere mitgezogen, gerettet Euch! Könnt ja mal Danke sagen ... aber dazu bleibt keine Zeit.
Ein Dorf, eine Kurve, Beifall fliegt vorbei - und wieder eine Tempoverschärfung. Wieder treten sie rein da vorn, die Arschbackenfrau, sie wills aber wissen heute! Wow, keuche ich, scheiße, Jungs, was soll das? Wieder schmecke ich blut. Ich keuche, keine Zeit zum Trinken, rankommen, rankommen! Wieder Anschluss, wieder die wohlige Stille des Windschattens. Aber wo vor ein, zwei Stunden noch beruhigend der Freilauf von gemächlichem Windschattenlutschen kündete, treten sie jetzt alle rein - aussetzen mit treten kann sich keiner leisten.
Und wieder schneller. Und wieder schneller. Ich kann nicht mehr! Bin hinten. Bin ganz hinten. Lasse sie ziehen. Muss aussetzen. Trinken. Nuckeln an der Flasche. Das Seifenwasser einsaugen. Warum hab ich Idiot nur eine Flasche auffüllen lassen???
Ich schaue wieder auf die Straße vor mir - das Feld, 500 Meter, 800 Meter vor mir. Dann verschwindet es in der Kurve. Aus. Das wars. Weg. Ich bin abgehängt. Ausgeknockt.
Beim Umdrehen erkenne ich vereinzelte wie mich hinter mir. Vor mir noch zwei weitere, die es nicht mehr mithalten konnten. Ich gehe in Untenlenkerposition. Beißen. Ruhig treten, das kann ich. Bin so viele tausend Kilometer alleine gefahren: Die restlichen 30 km schaffe ich jetzt auch noch!
Die Zuschauer, die ich jetzt treffe, feuern mich eher aus Mitleid, denn aus Begeisterung an, habe ich das Gefühl: Immerhin ist mein Feld hier schon vor Ewigkeiten durch. Und ich? Abgehangen. Geschlagen!
Aber hey - hinter mir sind die ganzen anderen, die, die es früher erwischt hatte, die, die früher schlapp gemacht haben. Das tröstet. Aber schiebt mich nicht.
In Wedel ist die Hölle los. Eine lang gezogene Rechtskurve, Volksfest, Massen an Leuten. Das baut auf, ein wenig. Sogar so sehr, dass ich meinen Vordermann endlich einhole. Ich setze mich vor ihn, will Windschatten geben, aber er lässt abreißen - selbst bei mir kann er nicht mehr mitfahren. Egal, denke ich, trete rein. Es läuft wieder ein bisschen besser. Wenig später sammle ich den zweiten ein. Auch er lässt mich ziehen. Und dann, kurz vor dem Wilkomm-Höft, da finde ich sie - versprengt, aber zu Vielt unterwegs: Mein Peloton. Oder zumindest das, was von ihm übrig geblieben ist.
Die Triathletin, die Arschbackenfrau hat ganze Arbeit geleistet: Vollkommen demolierte Rennradler quälen sich durch die Zuschauer. Und dann geht es in die Steigung. Bergauf Wedel - und das sind noch nicht mal die Steigungen von Blankenese! - zersprengt es den letzten Rest unseres Feldes! Ich kann es explodieren sehen. Vor mir, neben mir und dann auch hinter mir - die Reste des Feldes zerschmettern, scheitern an der Steigung. Aufgerieben. fertig.
Und mich plagen Ansätze von Krämpfen - diesmal im Unterschenkel links. Muss runterschalten. Langsam machen. Eigentlich könnte ich sie jetzt wieder alle überholen, ich weiß es - am Berg bin ich stark. Aber mit einem wabernden Krampf im Fuß? Nee, lass mal. Bei 8 % Steigung krampfgeplagt schreiend umfallen - nicht der Rennausgang, den ich mir erträume ...
Ich beiße mich die Steigung hoch - kenne das hier alles. Ist meine Trainingsstrecke. Kösterberg, schon tausendmal gefahren. Und doch: Heute ist es was besonderes. Vor mir, alle 300 Meter, sehe ich Rennradler. Langsam taste ich mich ran. Erst das schicke Pinarello. Dann ein Bianchi ganz in Celeste. Schweres Atmen. Und ich trinke den letzten Schluck Seifenwasser. Aus, das wars - jetzt muss das Ziel aber kommen!
Bergab geht es, Teufelsbrück, dann die letzte Steigung, lang gezogen, es tut aber nicht mehr weh. Keine Krämpfe mehr. Keine Radler mehr auf weiter Flur: Feld zerstört. Arschbackenlady und Steigung haben ganze Arbeit geleistet!
Ich komme Altona rein, jetzt sammeln wir uns wieder, 10, 15 Fahrer, ein kleines Feld kommt da zusammen, ein wenig Windschatten. Ein wenig Mut. Ein wenig nur. "158 km" steht da auf meinem Forerunner. Naja. Was solls.
Wir biegen durch die Neustadt, fliegen über den Kiez, dann links, dann rechts - und ehe ich es mir versehe, sind wir auf der Mönckebergstraße. Ich gehe rechts raus, will sprinten, schaffe aber nichts weiter, als den Speed meiner Mitstreiter zu gehen. Ziellinie. Freude quillt in mir hoch. Das wars. Aus. Vorbei. Yeah! Geschafft.
Wir werden in eine Seitenstraße geleitet. 5.000 Rennradler wollen ihre Transponder abgeben und ihre Medallien haben. Schmucklos, enttäuschend irgendwie. Massenabfertigung. Und doch: Alle grinsen. Man schnackt. Erleichtert, begeistert. Musik wabert durch Hamburg. Rennräder überall. Ich steige ab. Kann kaum laufen. Und doch: Es war der Wahnsinn!
Es folgen die Chauvie-Sprüche mit meinen Teamkollegen. Man vergleicht Durchschnittsgeschwindigkeiten wie Schwanzlängen. Wir trinken ein Bier, stoßen an auf uns Helden, verschweigen die Wunden, die wir gleich lecken werden und treffen eine Entscheidung, die aber schon wenige Meter nach dem Start feststand: Nächstes Jahr Cyclassics? Wir sind dabei!
Scheiß auf Atomkraft - aber das Rennen war der Hammer! Und nächstes Jahr, das schwören wir uns unisono, sind wir wieder am Start, Ehrensache! Und ich? Ich schleppe mich mit meiner Süßen nach Hause. Kann kaum gehen. An Radfahren - auch gemächlich ist nicht zu denken.
In meiner Tasche klimpert die Cyclassics-Medallie. Meine Startnummer, ich werde sie aufbehalten. Mein zweites Rennen, das war es also. Kurz und schmerzlos - wie leicht 4 StundenVollgas dann schon vergessen sind ...
Am nächsten Tag habe ich Muskelkater vom Feinsten - entdecke zwei neue Muskeln direkt unter meinem Arsch. Am Tag 2 nach den Cyclassics ist alles wieder fein.
Wie schnell so ein Körper verzeiht ...
Stats:
(offiziell) 157,8 km in 4:20:56 Stunden mit 36,12 km/h avg
4 Power-Gel
2 Energie-Riegel
2,3 Liter Energy Drink
.
14. August 2010
Rennvorbereitungen - die Cyclassics können kommen!
Tja, nun ist es also so weit: Meine ersten Cyclassics. Nur noch wenige Stunden und dann geben sie irgendwann meinen Startblock frei - wie passend, dass Lars in Block L steht. Mitten dort, wo ich ein paar Stunden später wieder ins Ziel kommen werde, auf der Mönckebergstraße.
Wie fühlt sich das an, vor so einem Event? Vor so einer Veranstaltung, die weltweiten Ruf genießt, eines der größten Jedermann-Rennen Europas, eine Veranstaltung, bei der ich gleichzeitig mit 20.000 anderen Rennrädern auf der Strecke sein werde - und sie mir zum Schluss gar mit den UCI Profis teilen werde. Wie ist das?
Ruhig bin ich. Gelassen. Überraschenderweise. Nach so vielen Wochen der Vorbereitung, der Theorie. Nach so vielen Wochen Schnacken und Reden und machen und tun: Akkreditiert, Startblock L. Mein Trikot ist präpariert, ich habe Power-Gels und Iso-Drinks bereit. Es kann los gehen.
Gestern nutze ich den kostenlosen Laufradcheck von Mavic. Die französischen Mechaniker beglückwünschen mich zu meinen R-Sys und bescheinigen meinen Rädern einen Top-Zustand. Nur eine der dicken Carbon-Speichen musste nachjustiert werden.
Heute nutze ich das Sonderangebot von Continental und tausche meine - an sich noch ganz guten - GP-Mäntel gegen das Flaggschiff des Konzerns um: Schicke nagelneue Grand Prix 4000 zieren nun meine Felgen. Und das für insgesamt 49 €. Sensationell.
Na, mal sehen, ob mir die neuen Pneus auch genug Grip geben, mich sicher steuern lassen - immerhin bin ich etwas erschrocken, wie viele bierbäuchige Daddies ich auf der Cycassics-Messe mit den weithin sichtbaren orangefarbigen Beuteln sehe. Ob das gut geht? Zusammen mit 500 anderen Rennradlern gemeinsam starten, womöglich im Regen? Über Kopfsteinpassagen, rutschige Schienen, Anstiege, enge Kurven?
Ich verspreche meiner Süßen, vorsichtig zu sein. Wenn alle Anderen es ihren Freundinnen auch versprechen, wird ja alles gut gehen ...
Zu Hause angekommen befestige ich meinen Transponder am Rad, krame Regenjacke und Klamotten zusammen und atme tief durch. Nun können sie los gehen, diese 15ten Jubiläums-Cyclassics. Und ich bin dabei. Endlich.
Bin dabei.
Und nun?
Carbos loaden und den Abend ganz entspannt bei Star Trek 11 verbringen ...
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Wie fühlt sich das an, vor so einem Event? Vor so einer Veranstaltung, die weltweiten Ruf genießt, eines der größten Jedermann-Rennen Europas, eine Veranstaltung, bei der ich gleichzeitig mit 20.000 anderen Rennrädern auf der Strecke sein werde - und sie mir zum Schluss gar mit den UCI Profis teilen werde. Wie ist das?
Ruhig bin ich. Gelassen. Überraschenderweise. Nach so vielen Wochen der Vorbereitung, der Theorie. Nach so vielen Wochen Schnacken und Reden und machen und tun: Akkreditiert, Startblock L. Mein Trikot ist präpariert, ich habe Power-Gels und Iso-Drinks bereit. Es kann los gehen.
Gestern nutze ich den kostenlosen Laufradcheck von Mavic. Die französischen Mechaniker beglückwünschen mich zu meinen R-Sys und bescheinigen meinen Rädern einen Top-Zustand. Nur eine der dicken Carbon-Speichen musste nachjustiert werden.
Heute nutze ich das Sonderangebot von Continental und tausche meine - an sich noch ganz guten - GP-Mäntel gegen das Flaggschiff des Konzerns um: Schicke nagelneue Grand Prix 4000 zieren nun meine Felgen. Und das für insgesamt 49 €. Sensationell.
Na, mal sehen, ob mir die neuen Pneus auch genug Grip geben, mich sicher steuern lassen - immerhin bin ich etwas erschrocken, wie viele bierbäuchige Daddies ich auf der Cycassics-Messe mit den weithin sichtbaren orangefarbigen Beuteln sehe. Ob das gut geht? Zusammen mit 500 anderen Rennradlern gemeinsam starten, womöglich im Regen? Über Kopfsteinpassagen, rutschige Schienen, Anstiege, enge Kurven?
Ich verspreche meiner Süßen, vorsichtig zu sein. Wenn alle Anderen es ihren Freundinnen auch versprechen, wird ja alles gut gehen ...
Zu Hause angekommen befestige ich meinen Transponder am Rad, krame Regenjacke und Klamotten zusammen und atme tief durch. Nun können sie los gehen, diese 15ten Jubiläums-Cyclassics. Und ich bin dabei. Endlich.
Bin dabei.
Und nun?
Carbos loaden und den Abend ganz entspannt bei Star Trek 11 verbringen ...
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