Nach getaner Arbeit ... Nürnberg war ein großartiges Rennen. |
Weit gefehlt: Das Rennen mausert sich zum Wendepunkt der Saison 2011 für unser Team.
Punktesegen: Die Mechanik des Erfolgs
Alle 4 von uns schaffen es in die Punkte. Kein Wunder, wie wir später feststellen, sondern simple Mathematik.
Beim GCC bekommen nur die ersten 200 Fahrer Punkte. Alles ab Platz 201 nur 15 "Mitmachpunkte". Klar, dass bei einem Rennen, bei dem nur 400 Rennfahrer an den Start gehen, die Chance weitaus höher ist, in die Punkte zu fahren, als sagen wir beim Münsterland.Giro mit 2.000 Fahrern.
Logisch auch, dass bei nur 19 teilnehmenden Damen unsere Kerstin eigentlich nur ankommen brauchte - und dafür mit Punkten nur so überschüttet worden ist.
Das bedeutet: Eigentlich müsste man sich als Teilnehmer nur die kleinen Rennen aussuchen und dann eher als Frauenteam an den Start gehen. Denn von den 11 Rennen im Kalender werden für die Gesamtwertung eh nur die 7 Besten gewertet. Also Fokus auf die kleinen Rennen legen: Punkteregen garantiert!
Der Startbereich: Nur 350 Fahrer bei diesem eher kleinen Rennen. |
Eine weitere Besonderheit beim GCC ist die Art, wie die Punkte weiterhin zustandekommen. Denn nicht nur die Platzierung, sondern auch die Streckenlänge haben Einfluss auf die Punktzahl.
Nehmen wir an, ich komme als 20ster bei "Rund um die Nürnberger Altstadt" ins Ziel (was ein Traum wäre). Dann bekäme ich 280 Punkte.
Warum?
Weil 200 (für den Erstplatzierten) minus 20 (meine Platzierung) gleich 180 Punkte sind - plus 100 Punkte für die Streckenlänge. 100 Kilometer = 100 Punkte.
Macht 280 Punkte. Komme ich hingegen als "nur" 80ster bei den Leipziger Neuseen.Classics ins Ziel, bekäme ich 285 Punkte. 60 Plätze schlechter - aber 5 Punkte mehr.
Klar: 200 minus 80 sind 120. Plus 145 Punkte für die Kilometer sind 285.
Also wie nun: Bei kleinen, langen Rennen richtig Gas geben?
Das alles ist natürlich trockene Theorie, denn ich glaube nicht, dass ein Team mit derartigen Überlegungen an den Start geht, zumal der GCC sehr inhomogen von den Teilnehmern (und deren Stärken) ist, sodass ein so genaues, strategisches Überlegen kaum sinnvoll scheint.
Aber ein bisschen nagt es schon an mir: Denn in Nürnberg sind wir alle in die Punkte gefahren, sodass wir in der Gesamtwertung - bei immerhinn 358 registrierten Mannschaften im Cup - von Platz 45 auf Platz 32 fast schon katapultiert worden sind.
Wie würden wir dastehen, wenn wir anstelle eines Mädels zwei mitgehabt hätten?
Oder drei?
Wenn wir alles Frauen wären?!?
Team SunClass in der Startaufstellung: Wenn wir Kerle Frauen wären ... |
400 Starter - also wieder eine klare Chance, in die Punkte fahren zu können. Und das bei 3 einzelnen Rennen, denn der Rider-Man verteilt sich auf ein Einzelzeitfahren und zwei Straßenrennen.
Rechnen wir mal für die Herren: Sagen wir, Platz 150 beim Einzelzeitfahren = 66 Punkte.
Platz 160 beim Straßenrennen Samstag = 120 Punkte.
Platz 170 beim Straßenrennen Sonntag = 110 Punkte.
Rund 300 Punkte sind möglich. Pro Fahrer! Macht bei 3 männlichen Rennfahrern in unserem Team 900 Punkte! Und kaum auszudenken, wie das bei unserer Dame aussehen könnte: Ich zähle jetzt 31 Starterinnen. Also: Devise Ankommen! Wenn sie nun also immer nur als letzte der Damen ankommt, generiert sie trotzdem insgesamt rund 660 Punkte!
Punktesegen beim Rider-Man - und damit erneut ein erdrutschartiger Sprung für unsere Equipe in der Teamwertung des GCC.
Naja. Vorausgesetzt, es kommen auch wirklich alle 4 Fahrer ins Ziel. Bei nur einem Ausfall wird das Rennen nämlich komplett nicht gewertet.
Was mich zum zweiten Thema bringt.
Risiko: Rennradrowdies und Carbonsplitter
Jetzt, da sich die Saison 2011 dem Ende neigt und ich knapp 1.700 Kilometer in "Rennhärte" sowohl bei RTFs als auch bei Rennen im GCC hinter mir habe, kann ich langsam aufatmen.
Sturzfrei durch die Saison gekommen!
Es gibt kaum ein Geräusch, das mir mehr Gänsehaut macht, als das plötzliche Stakkato quietschender Slicks auf Asphalt, begleitet vom hochfrequenten Schleifen von Bremsbelägen auf Carbonfelgen, dem chaotisch einsetzdenen Männergebrüll "AAAACCCCHTUUUUUNG!!!!" und schließlich dem charakteristisch trockenen Bollern brechender Carbongabeln und -rahmen.
Kurz nach dem Sturz: Feld geteilt, Spitzegruppe weg. Welcher Idiot wollte hier sprinten?!? |
Gerade Strecke.
Super Asphalt.
Keine Gefahrenstelle - leicht abschüssig - hohes Tempo.
Und was machen (einige) Idioten? Müssen unbedingt nach vorn. Was ja okay ist, denn vorn zu sein ist der Sinn der Veranstaltung. Aber sich direkt nach dem Start - wo eh immer alles nervös und unsicher ist - auf einem Abschnitt, bei dem das Feld über 50 km/h drauf hat, alle noch dicht und kompakt beisammen sind und die ganze Straßenbreite einnehmen, nun unbedingt nach vorn durchquetschen zu müssen, ist einfach nur dumm!
Und gefährlich. Denn wo sowieso schon sehr wenig raum für Fahrtkorrekturen bleiben, wird es, wenn von hinten alles dichter zusammengeschoben wird, dieser Raum noch mehr eingeengt: Kein Wunder, dass dann selbst bei kleinsten Bewegungen sich die Lenker verhaken. Sturz unvermeidlich.
Warum können diese Freaks nicht etwas taktischer fahren?
Bei über 50 km/h kann man dem Feld sowieso nicht davon fahren. (Auch nicht mit einem Cervélo S5 :o) Bei einer Strecke, die fast 1.000 Höhenmeter bietet, wird sowieso an der ersten Steigung eine Selektion einsetzen und damit der Positionsgewinn fast schon garantiert kommen.
Warum fahren manche dann, als hätten sie Speed genommen?
Nicht ganz Alpe d´Huez, aber schwer allemal: 4 mal dieser 2.000 Meter Anstieg! |
Wir sind Jedermänner. Und da vorn, da ganz vorn, da fahren Juungs, deren Cyclassics-Zeiten nur 4 Minuten hinter der Zeit eines Erik Zabel sind. Da kommst du eh nicht hin! Und ob du nun 214ter oder 228ter wirst, wird ... absolut niemanden interessieren!
Naja, außer dein Ego vielleicht.
Bei all den Überlegungen also, die ich anstelle, ob und wie viele Punkte ich für SunClass einfahren kann, eines, das muss doch immer an erster Stelle stehen: Die Sicherheit! Und zwar sowohl die für mich selbst, mein geliebtes (teures) Rennrad und die für alle anderen, die sich vor, neben und hinter mir darauf verlassen - verlassen müssen - dass ich ordentlich, berechenbar und diszipliniert fahre, meine Spur halte und meine Aktionen - überholen, ausscheren, zurückfallen lassen usw. - anzeige.
Fühlen uns wie die Sieger: SunClass Cycling von Platz 45 auf 32! |
Vielleicht, weil sie es sind?
Hier geht es zum Garmin-Track des Rennens
Wie sind Eure Erfahrungen mit Stürzen? Wie "strategisch" geht Ihr in Rennen oder RTFs? Ich freue mich über Eure Comments.