18. April 2014

Leistungssteigerung im Ausdauerbereich durch Rote Bete? Teil 3: Die Ergebnisse aus meinem Test.

Wie ich schon in Teil 1 und Teil 2 meiner Rote-Bete-Serie angekündigt hatte, möchte ich nun die Ergebnisse meines Rote Bete-Tests veröffentlichen. In Teil 1 habe ich über die Theorie, verschiedene Studien und die Möglichkeiten der Leistungssteigerung durch Rote Bete/Nitrat geschrieben. In Teil 2 ging es mir darum, die verschiedenen Darreichungsformen der Rote-Bete-Säfte anzuschauen und einem ersten Praktikabilitätstest zu unterziehen. Nun also das Ergebnis.

Rote Bete auf dem Prüfstand: So teste ich.


Mein Test"system" ist ziemlich einfach: Ich nutze das Training für meinen alljährlichen Saisonstart-Marathon - jeweils immer 20 Kilometer-Läufe - um diese mal mit und mal ohne die Zugabe von Roter Bete zu absolvieren.

Zudem kann ich auf die Garmin-Daten von 15 Läufen über die 20 Kilometer-Distanz aus den Jahren 2011 bis 2013 zurückgreifen, die eine schöne Datengrundlage für das Lauftraining ohne Nitrat-Zugabe über Rote-Bete bilden.


Ich trainiere meine Marathons hauptsächlich mit 20km-Läufen.

Natürlich sind mir die Unschärfen und Fehlerquellen dieser Testmethode bewusst: Zum einen schwankt die Tagesform teilweise erheblich, unterschiedlichste Wetter-, Temperatur- und Windverhältnisse ja sogar der Lauf auf nassem, weichen oder hart-gefrorenem Untergrund (meiner immer gleichen Strecke) sorgen für ungleiche Messgrundlagen.

Aber das ist auch okay für mich: Mir geht es ja explizit nicht um einen wissenschaftlich sauberen Beweis einer Leistungssteigerung unter immer gleichen, sterilen - und daher für mich persönlich unglaubwürdigen - Bedingungen, sondern darum, ob Rote-Bete-Saft etwas für uns "Normalos", für die Jedermann- und Amateursportler bietet.


Ist Rote Bete wirklich das ultimative Power-Gemüse?

Meine Vergleichswerte beziehen sich deshalb auch nur auf die für mich wichtigen Ergebnisse und Werte wie Laufzeit, Pace (in min/km) und die Pace-Kurven, das heißt, wie sich die Pace über die Distanz entwickelt. Herzfrequenzen und andere mögliche Daten, die die Geräte sammeln könnten, habe ich mal nicht mit gemessen: Das sind sicher interessante Kurven, aber wenn man ehrlich ist, doch eher für mich nutzlos.

Nitrat-Loading mit Rote Bete-Saft: Hat es etwas gebracht?


Zunächst möchte ich die Spannung etwas rausnehmen und sagen: Ja, es hat etwas gebracht. Etwas. Die Verbesserungen durch die Zugabe von Nitrat in Form von Rote Bete-Saft sind messbar und eindeutig durch meine Ergebnisse belegt.

Jedoch, wer jetzt auf die mega mäßigen Ausschläge hofft, den muss ich leider enttäuschen. "Messbar" heißt nur, dass ich anhand der mit Rotebete gelaufenen Werte eine statistische Verbesserung gegenüber meiner durchschnittlichen Laufwerte feststellen kann. Ich bin damit nicht zu Superman geworden. Und jeder, der sich das von dieser Methode erhofft, setzt leider auf das falsche Pferd.


Der Handel bietet viele Rote Bete-Säfte. Beispiel: Kaufland.

Zu den Ergebnissen: So laufe ich bei den 10 Halbmarathon-Trainings in 2011/12 eine durchschnittliche Pace von 6:19 min/km. Allesamt sind die Werte dieser, meiner ersten echten Laufsaison, niedrige bis mittlere 6er-Paces, also eher schlechte Zeiten. Ich kann nur ein einziges mal mit 5:59 min/km knapp unter die 6er-Grenze kommen.

2012/13, als Vorbereitung auf den extrem bergigen Jerusalem Marathon, laufe ich zwar nur 5 Halbmarathons, diese aber alle, bis auf den ersten (noch im klirrekalten Winter), unter 6 min/km im mittleren 5er-Pace-Bereich.

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2013/14 nun - also während der "heißen" Rote-Bete-Testphase - sind es immerhin wieder 7 Halbmarathons. Und hier wieder, bis auf den Ersten, alle unter 6 min/km im mittleren bis hohen 6er-Bereich.

Zunächst einmal: Ich habe meine Werte auch ohne Rote Bete-Zugabe gesteigert. Logisch, denn Training macht besser. Deshalb trainieren wir ja. Alle meine ohne Rote-Bete-Saft gelaufenen 20 Kilometer-Distanzen ergeben eine Pace von durchschnittlich 5:58 min/km über die letzten 3 Saisons. Die beiden mit RB-Saft gelaufenen Halbmarathons kann ich mit 5:51 min/km - also im Schnitt 7 Sekunden pro Kilometer - schneller laufen.


Nicht WOW! Aber durchaus messbar: Mit Rote Bete in 2013/14 
ganze 5 Sek/km schneller.

Die Rote Bete macht mich bei einem Halbmarathon* dann also um ganze 2:20 min schneller. Im Schnitt. Ich sage es ja: Keine Megazeiten. Bei mir.

Die normale Trainingssteigerung mal beiseite, also nur die 2013/14er-Werte betrachtet, ergibt sich nur noch ein Vorsprung von 4 Sekunden pro Kilometer, was dann 1:20 min schneller machen würde bei einem Halbmarathon. Extrapoliert auf die volle Marathon-Distanz von 42,195 Kilometer wären das bei mir also theoretisch 3:21 min Vorsprung gegenüber einem Lauf ohne Rote Bete.

Also anstelle 4:29 Stunden (wie zuletzt beim Marathon in Rom) dann halt 4:25:30 Stunden. Kein berauschender Wert, schon gar nicht die "bis zu 15% schneller"-Ausbeute, die man öfter irgendwo nachlesen kann. Und die in Labortests mit Leistungssportlern erreicht worden ist.


Rein theoretisch: Wenn der Nitrat-Boost gegriffen linear hätte - 
der "Vorsprung" ist dennoch marginal.

Allerdings: Die Halbmarathons bin ich mit gekauften Rote Bete-Säften aus dem Supermarkt gelaufen. Und davon möchte ich Euch eindeutig abraten! Wie ich in Teil 2 meines Tests schon detaillierter beschrieben habe, sind die Nitratlevel in den gekauften Säfte nicht Gegenstand einer offiziellen Prüfung. Keiner garantiert Euch, dass Ihr mit den - oftmals empfohlenen Mengen von 500 ml Rote-Bete-Saft - überhaupt eine ausreichende Menge Nitrate zu Euch nehmt. Das bedeutet, dass die Gehalte von Tetra-Pak zu Tetra-Pak und von Supermarkt zu Supermarkt stark schwanken können: Ort der Ernte, Zeitpunkt der Ernte und Verarbeitung der Gemüseknollen haben großen Einfluss auf den Nitratgehalt der Säfte. Lest dazu gern noch einmal meinen Beitrag nach.

Zum anderen die stark und schnell einsetzende, abführende Wirkung von Kaufsäften. Die beiden male, die ich den Halbmarathon mit RB-Saft laufe, sitze ich entweder unmittelbar nach dem Trinken der Säfte oder unmittelbar nach dem Lauf sofort auf dem Klo. Unschön - und ungesund dazu. Dabei spielt es übrigens auch keine Rolle, ob der Saft milchsauer vergoren oder als unbehandelter Direktsaft getrunken wurde, beim Selbstgepressten war es zudem noch am Schlimmsten.

Was ich auch getestet habe, waren zwei unterschiedliche Einnahmeformen. Beim ersten Vergleichslauf mit Roter Bete habe ich 300 ml Saft (Direksaft) 3 Stunden vor dem Lauf und weitere 200 ml Saft 15 Minuten vor Beginn des Trainings zu mir genommen. Eine subjektiv spürbare Wirkung - außer dem unmittelbar einsetzenden Durchfall - konnte ich nur im ersten Split der 20 Kilometer, also in der ersten Hälfte des Laufes, feststellen: Hier fühlte es sich tatsächlich so an, als liefe ich leichter, befreiter irgendwie.

Der zweite Split, also die zweiten 10 Kilometer, fühlte sich wie immer an. Ist die Wirkung des Nitratboosters also eine eher kurzfristige? Die Pace ist mit 5:47 min/km deutliche 11 Sekunden unter der Durchschnittspace aller non-RB-Läufe 2011-14, immerhin noch ganze 9 Sekunden/km unter dem Schnitt der RB-losen 2014er-Läufe.


Beste Performance durch (?) Rote Bete vor allem auf den ersten 
10 Kilometern des Trainings. 

Bei meinem zweiten RB-Lauf wende ich eine andere Einnahmetaktik an. Hier teste ich den milchsauer vergorenen Saft und zwar mit einem Nitrat-Loading, das ich über zwei Tage anbringe. Wieder kämpfe ich mit der, beim ersten Mal sofort einsetzenden, abführenden Wirkung des Saftes. Ich laufe nur noch eine 5:55 min/km, die damit nur 1 Sekunde unter dem 2014er-Schnitt liegt und die ich als "keine Verbesserung" einstufen würde.

Ich würde demnach sagen, dass sich - wenn überhaupt - nur eine kurzfristige, 1-2 stündige, Leistungssteigerung mit den Säften erzielen lässt. Zudem würde ich ebenfalls urteilen, dass eine Leistungssteigerung mit Rote-Bete Saft, gleich welcher Herstellungsform und welchem Loading man sich unterzieht, nicht wirklich im Verhältnis zum Aufwand und den Einschränkungen durch unangenehme Toilettenbesuche und den sich daraus ergebenen Mineral- und Vitalstoffverlusten durch Durchfälle steht.

Doch das war nur der erste Teil meines Tests. Denn es gibt ja noch die High-Tech Produkte der Sport Nutrition-Branche.

Das Power-Produkt von Sponser im Test: Was bringt Red Beet Vinitrox?


Der Schweizer Hersteller hochwertiger Sportler-Produkte Sponser, der unser Rennrad-Team schon seit 2012 unterstützt, hat mit Red Beet Vinitrox eines der wenigen Rote Bete-Produkte im Angebot. Und so erstehe ich vier Packungen dieses Produktes und nehme mir vor, ein 3-tägiges Nitratloading sowie die Gabe einer Flasche unmittelbar vor dem Marathon in Rom als Test dieses Produktes zu nehmen.


Sponser Red Beet Vinitrox - 4 Shots pro Packung. 

Was ich auch tue. Den Bericht des Rom-Marathons könnt Ihr hier nachlesen. Abgesehen davon, dass es wissenschaftlich und sogar statistisch Unsinn ist, wenn ich meine drei Marathonläufe miteinander vergleiche - ich tue es trotzdem.

Ja, ist mir schon klar, dass die Marathon-Strecken in Barcelona, Jerusalem und Rom grundverschieden sind: 160 Höhenmeter in Spanien, 800 Höhenmeter in Jerusalem und 280 Höhenmeter in Italien. Dazu dann wieder 26 Grad Celsius in Barcelona, kein Regen oder Wind, knapp 20 Grad, teilweise Regen und Böen in Israel und nur 12 Grad Celsius im Schnitt in Rom bei Dauerregen und kaltem Wind sollten eigentlich jeden Vergleich verbitten. Ich habe aber nun mal keine anderen Daten. Deshalb mache ich das trotzdem.

Ergebnis: Konnte ich mich von Barcelona zu Jerusalem - obschon die Strecke beim zweiten Mal erheblich schwerer war - noch von 6:25 min/km auf 6:21 min/km verbessern, sinkt meine Performance in diesem Jahr wieder auf 6:25 min/km ab.


Bei identischen Strecken sicher aussagekräftiger,
dennoch interessant: Die scheinbar eher kurzfristige Wirkung
der Roten Bete anhand der Pace-Kurven.

Der Grund hierfür liegt für mich eindeutig bei den widrigen Wetterverhältnissen, die mehr als ungenügende Ernährung während des Laufes durch die Ewige Stadt und das in diesem Jahr durch meine Vaterschaft bedingte geringere Trainingsvolumen.

Denn wenn ich mir die Splitzeiten und die Entwicklung der Pace in Rom ansehe, kann ich zumindest für die ersten 20-25 Kilometer durchaus eine Verbesserung meiner Werte gegenüber den anderen Marathonläufen feststellen. Auch subjektiv fühlte ich mich bis zur echten Halbmarathon-Distanz in Rom besser. Sogar richtig viel besser! Und das trotz der Kälte und völlig durchnässter Klamotten - in wirklich hervorragender Verfassung konnte mich bis Kilometer 35 bequem vor den 4:10-Stunden-Pacern im Feld halten. Bis zum Einbruch ...

Meine Empfehlung - pro oder contra Rote Bete im Sport?


Tja. Was kann ich abschließend also sagen? Wie obig schon einmal festgestellt, halte ich nichts von einem Nitrat-Tuning mit Rote Bete-Saft. Erstens schmeckt das Zeug nicht wirklich gut, dann macht es ständig Durchfall - ein Mineral- und Vitalstoffverlust, der eher sogar negative Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben wird und dann ist durch die starken Nitratgehalt-Schwankungen nicht einmal gesichert, dass man sich bei all dem Aufwand überhaupt die richtige Menge zuführt. Also: Durchgefallen. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Was wiederum die Wirkung des Sponser-Produktes angeht, und teilweise auch für den Rote Bete-Saft zutreffend sein kann, so kann ich sagen, dass ich zumindest subjektiv eine Verbesserung des Wohlbefindens während der Belastung feststellen konnte. Dies aber zeitlich eher begrenzt: Für die Langstrecke und größere Ausdauer-Events ist die Rote Bete meiner Meinung nach nichts. Eines aber, das kann das Produkt: Mich zusätzlich motivieren.



Hier gehört Rote Bete rein: In einen zünftigen Borschtsch.

Da stellt sich bei mir, als einem Hobby-Rennradfahrer und lauftechnisch eher als "in die Szene schnuppernd" zu bezeichnenden Mittelmaß-Sortler ohnehin die Frage, ob ein Tuning mit diesen Produkten - und dazu zähle ich auch all die Energy-Gels, Drinks und Tabletten - irgend einen Sinn ergibt.

Denn ob ich nun anstelle 4:29 Stunden den Marathon in 4:25 Stunden laufe: Geschenkt!
Ob ich den Ötztaler Radmarathon in 10:40 Stunden oder in 10:25 Stunden fahre: Who cares?

Meine wirkliche Lehre ist diese: Ich nutze die Produkte der Nutrition-Industrie nur noch, um meinen erhöhten Energiebedarf bei den Events zu decken, nicht, um bessere Leistungen zu erzielen. Denn am Ende ist es doch so: Ich selbst möchte mich verbessern. Und das, weil ich fleißig trainiere, clever meine Kräfte einteile oder eine coole Taktik anwende - und nicht, weil ein Industrieprodukt mich schneller macht.


Auch ohne Tuning geschafft: Die 300 km von Mailand-Sanremo. Bericht hier.

Denn darum geht es (mir) doch beim Hobbysport: Sich eigenen Grenzen zu stellen, diese zu erreichen, vielleicht zu überschreiten und das Glücksgefühl beim Meistern von Herausforderungen zu erleben. Und dieses ist doch immer gleich: Egal, ob ich auf Platz 4, 26 oder 4.024 ins Ziel komme.


Wie sind Eure Erfahrungen mit Roter Bete im Speziellen und "Tuning-Produkten" im Allgemeinen? Wie immer, freue ich mich auf Eure Comments.

Danke an Remu Jutzeler von Sponser Sport Food Schweiz für die vielen E-Mails, die Zusendung von Studien und die geduldige Beantwortung meiner tausend Fragen.

Stefan Leunig testet ein weiteres Rote-Bete-Produkt: FitRabbit. Seine Eindrücke könnt Ihr hier lesen.



* der Einfachheit halber ist hierbei 20 Kilometer als "Halbmarathon"-Distanz angesetzt.

1 Kommentar:

  1. Hi Lars. Da hast Du Dich ja echt ins Zeug gelegt. Toll, dass Du dieses Thema so aufwändig bearbeitet hast!
    Deine Erkenntnis, dass Red Beet Vinitrox eine Wirkung zeigt, erstaunt uns nicht. Viele Athleten schwören bei hochintensiven Belastungen auf unseren neuen Nitrat-Booster - und auch wissenschaftliche Studien beweisen dessen Wirksamkeit immer wieder aufs Neue:

    http://www.sportfood4you.ch/?s=red+beet

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