Nun, zu meiner Verteidigung: Den Waseberg hatte ich ehrlich nicht auf dem Plan.

Angela sieht dann auch wenig begeistert aus, schaut etwas unfrisch drein, als wir uns Palmaille treffen.
Locker geht es zunächst auf der noch leeren Blankeneser Chaussee Richtung Wedel aus der Stadt, wir sind verabredet, eine Runde am Deich entlang zu fahren - ich rechne ihr leichte 50 Kilometer vor. Sie misstraut mir.
Zurecht.
Denn nachdem wir an der Shell-Tanke angekommen sind, entscheide ich mich (in guter Erinnerung an die Cyclassics) nicht weiter geradeaus sondern nach links zu fahren: Der Kösterberg, der sollte doch wenigstens drin sein!

Oben angekommen halten wir an. Atmen durch. Und dann kommt mir die Idee: Waseberg, ich will den Waseberg!
Oft gesucht, nie gefunden und schon so viele Horrorgeschichten gehört: Nun will ich es selbst einmal wissen. Angela schweigt.
Wir fragen einen Postboten, wo es denn zur härtesten Steigung Hamburgs gehen würde. Der grinst nur und meint: "Unten am Ufer lang, nächste links hoch ... wollt Ihr Euch etwa ein bisschen quälen?"
"Jawoll!", rufe ich freudig.
Angelas Gesicht gerät ins Schwanken.

Klar, 15 % Steigung - das ist so eine abstrakte Zahl. Klingt nach "sehr wenig". Klingt nach "es ist noch viel Platz bis zur 100." Wie gesagt - klingt nur so. In Wahrheit ist alles viel schlimmer.
Vor uns geht es senkrecht nach oben. Eine gerade Rampe. 600 Meter lang. Klingt auch wieder nicht viel. Meter - noch nicht mal "Kilo" davor. 600 Meter. Klacks.
Bis ich dann in den Pedalen stehe und alles gebe. Hinter mir höre ich, wie Angela ausklickt. Und ich spucke schon Lungenbläschen - habe noch nicht mal die ersten Meter geschafft. Alter Schwede, denke ich mir, und das hier machen die Profis VIER MAL HINTEREINANDER?!?
Irgendwann stellt das Gehirn seinen Dienst ein. Alles Blut, aller Sauerstoff, alle ATP-Moleküle - auf in die Beine, gebt Stoff: Anhalten, Ausklinken - und gar wieder einklinken um weiterzufahren: Fehlanzeige. Hier musst du hoch - oder laufen.

Ich atme. Es rasseln die Bronchien. Weiß hängt heißer Atem vor meinem Gesicht.

Kaum zu fassen: Das also ist der Waseberg. Hölle des Nordens. Hut ab! Alles tut weh.
"Scheiß die Wand an!", rufe ich ins feuchte Dickicht.
Ein kleines Mädchen schaut nur kurz von ihrem Handy hoch. Dann tippt sie weiter ihre SMS.


Oder ist es am Ende so, wie Mama früher immer gesagt hatte: "Wenn Du heiratest, ist alles vergessen." Nunja, verheiratet bin ich zwar nicht, aber es scheint wirklich, dass selbst der härteste Schmerz schnell schon an Intensität verliert.
Wie auch beim Waseberg.

Na - auf diese große Waseberg-Runde bin ich jetzt schon gespannt!
Kleine Waseberg-Runde - gefahren: 36,73 km | 1:19 h | 27,7 avg | 200 Puls
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