26. Februar 2015

iPhone am Rennrad: Die richtige Rennradhalterung, welche App passt, wie das DuraCase sich schlägt und wohin die Rennrad-Zukunft (vielleicht) führt.

Dank DuraCase konnte unser Rennrad-Team in 2014 eine kleine, aber sehr feine Saison bestreiten. Immerhin: 4 der härtesten Radmarathons der Alpen standen auf dem Programm. Und wie bestellt, konnte sich unser Sponsor sogar noch über schlechtes Wetter freuen. "Freuen? Wie kann man sich über klirre Kälte und stundenlangen Dauerregen auf dem Rennrad nur freuen?!?", mögt Ihr jetzt denken. Nun, das liegt in der Natur der Sache: Das DuraCase braucht dieses Wetter. Na, es braucht es nicht wirklich, aber da unser Team irgendwie auch an der Weiterentwicklung der Prototypen dieses Gerätes beteiligt war, wollten wir natürlich praxisnahe Erfahrungen und Daten liefern, wie sich das Gerät in reellen Extremsituationen verhält

Ötztaler Radmarathon 2014 - miesestes Wetter. Genau richtig für einen zünftigen Dura Case-Test.

Kälte, Temperaturschwankungen, Regen und Erschütterungen: All das kann das DuracCase ab. Ich kann das bestätigen. Doch: Wie hat sich der Zusatzakku für das iPhone geschlagen? Und was sind die besten iPhone-Apps für Euer Rennrad-Training und die Rennen? Ich versuche, da ein wenig zur Erhellung beizutragen. Und da ich hierbei alles andere als ein Experte bin, freue ich mich, dass sich mein geschätzter Blogger-Kollege Torsten Frank, der sich schon ab 2011 sehr intensiv dem Thema "iPhone, iPhone-Halterung und Apps fürs Rennrad" beschäftigt hatte, bereit erklärt, quasi als Sachverständiger zur Verfügung zu stehen. Hier geht es zu Teil 3 seiner Blog-Beiträge zu diesem Thema, von hier kommt Ihr auch zu den Teilen 1 und 2.



iPhone am Rennrad: Die Vorteile von Smartphone und Spezial-Gadgets


Ich muss gestehen, dass mir nie die Idee gekommen wäre, ein Smartphone zum Tracken meiner sportlichen Leistungen auf dem Rennrad zu nutzen, wenn nicht DuraCase dieses Konzept bei mir platziert hätte. Warum? Ich fahre bisher das Garmin Edge 800, davor zu erste die kabelgesteuerte, dann die funkgesteuerte Variante des ganz normalen, GPS-losen Radcomputers (der Firma Sigma). Ein Smartphone hatte ich zwar schon immer dabei: Für mich jedoch nur als Notfall-Telefon und als Kamera-Ersatz.




Ich konnte in der Saison 2014 einen der ersten Dura Case-Prototypen
wie hier beim Alpenbrevet testen.

Ich frage zunächst Torsten, was er meint, was die Vorteile der Kombination Smartphone-Rennrad wären: "Zunächst einmal liegt der größte Vorteil auf der Hand: Das iPhone funktioniert einfach. In puncto Bedienqualität und Sicherheit ist diese Technologie über jeden Zweifel erhaben. Da wir es im normalen Alltag auch so schon exzessiv benutzen, um unser ganzes Leben damit zu organisieren, sind fast alle Funktionen schon gelernt: App drauf uns los geht´s - es läuft einfach. Übrigens ganz im Gegenteil zum neuen Garmin Edge 1000, dessen Touchdisplay zum Beispiel bei eingehendem Test einfach unterirdisch sind!" Anmerkung: Hierzu wird Torsten wohl noch selbst einen Testbericht verfassen - einfach mal bei ihm auf dem Blog nachschauen.


Torsten weiter: "Es steht dir mit dem iPhone die ganze Welt der Apps offen. Ein sehr dynamischer, sehr innovativer Markt an dem viele Parteien teilnehmen. Im Grunde kann sich so jeder seine App aus der breiten Palette zusammensuchen - maßgeschneidert sozusagen auf die jeweiligen Bedürfnisse." Das leuchtet ein - bei Garmin bin ich natürlich nur auf die Entwicklungen dieses einen Unternehmens angewiesen - das iPhone als Plattform kann für eine Vielzahl von unterschiedlichen Apps dienen. Die Individualität macht also den Hauptvorteil aus.



Torsten Frank ist viel tiefer im Thema als ich - Danke für
Deine tatkräftige Unterstützung hier!

"Was ich persönlich extrem interessant finde, ist die ANT+ Technologie - obschon es da auch nicht immer alles glatt läuft - nur hiermit kann man wiederum eine ganze Armada unterschiedlicher, externer Sensoren mit dem iPhone koppeln (kabellos versteht sich), um zusätzliche Daten zu gewinnen, die iPhone und GPS so nicht liefern", meint Torsten weiter. Sicher, auch das leuchtet ein: Trittfrequenz, Herzfrequenz und auch Sensoren, die zusätzlich zum GPS-Signal Daten wie Strecke und Speed von den Laufrädern abnehmen, können die Datenvielfalt in der jeweiligen App sehr bereichern. "Immer mehr kommen nun auch externe Geräte - oder Smart Sensors - zum Einsatz, die mittels Bluetooth-Technologie ganz einfach vom iPhone ausgelesen werden können. Das ist momentan meiner Meinung nach die spannendste Entwicklung.", erklärt er weiter. 

Roland Goschke, Gründer von DuraCase, hakt hier ein: "Überhaupt sehe ich genau hier die Zukunft: Ohne weitere Elektronik - also auch ohne Dongle - kann ein iPhone ab 4S mit Bluetooth-Smart-Sensoren - die nennen sich BLE, BT4.0 - gekoppelt werden und diese Daten auslesen." Tatsächlich gibt es schon jetzt eine ganze Reihe von Speed- oder Cadence-Sensoren, auch Puls-Brustgurte, die BLE unterstützen. "Diese Sensoren bieten außerdem selbst bei regelmäßiger Nutzung meist eine Batterielebensdauer von bis zu 2 Jahren, da sie im Vergleich zum älteren ANT+ wesentlich weniger Energie für die Datenübertragung verbrauchen. Zudem ist ein wesentlicher Vorteil der Bluetooth-Technologie die digitale Übertragung - den Puls seines Nachbarn möchte man wohl kaum in den eigenen Datenaufzeichnungen haben." Für Roland Goschke ist eines klar - die BLE-Technologie macht das DuraCase so richtig interessant für den Rennradler: "Ohne störendes Dongle kann das iPhone während der Fahrt im schlanken, neuen DuraCase mit Strom versorgt werden - der Fahrer kann trotzdem die volle Bandbreite der technischen Möglichkeiten nutzen."



Noch immer gilt Garmin als der Branchen-Primus.

Last but not least, und das mag verwundern: Die GPS-Qualität. Zwar gilt Garmin als die Mutter aller GPS-Geräte, und sicher, so Torsten, sind die neuen Garmins (auch dank Nutzung der russischen Glonass-Satelliten) wieder an der Spitze zu sehen, aber die iPhones bieten einfach, so wie er es sagt, "eine lupenreine GPS-Qualität, die meiner Meinung nach den älteren Garmins weit überlegen ist." Und wenn ich mir da die Aussetzer meines Edge 800 bei manchen Rennen anschaue, mag ich ihm sofort Recht geben.



Welche Nachteile die Kombination von iPhone und Rennrad-App hat.


Das klingt alles sehr enthusiastisch und deckt sich halbwegs mit meinen ersten - im Vergleich zu Torsten jedoch sehr begrenzten - Erfahrungen, die ich mit dem iPhone am Rennrad sammeln konnte. Dennoch liegen auch einige krasse Nachteile auf der Hand. Für mich persönlich war es zunächst die gewöhnungsbedürftige Größe des Gerätes. Ein Telefon ist halt ... ein Telefon. Und auch wenn die Teile immer kleiner werden, so ist der Unterschied etwa zum Garmin Edge doch schon noch ein gewaltiger. Ich mag mein Rennrad so clean wie möglich, schon allein das Edge stört mich eigentlich, wenn ich ehrlich sein soll. Da jetzt meinen gesamten Vorbau durch ein Smartphone zu verdecken, war schon eine Umstellung. Andererseits: Es ist schon geil, wenn man nur durch bloßes Vorbeihuschen mit den Augen dank des großen Displays sofort die relevanten Zahlen ablesen kann ... Doch Torsten sagt es so: "Mir ist schon das iPhone 5 zu groß. Beim 6 und 6plus will ich gar nicht anfangen, über die Größe nachzudenken. Schon gar nicht, weil jede Hülle oder gar ein Zusatzakku das Ding noch mächtiger macht ..." 




In der ersten Prototypen-Version ist das Dura Case noch sehr
groß, schwer & klobig. Das wird sich ändern.

Radsport, egal wie intensiv man ihn betreibt, ist ein Draußensport. Und draußen, da regnet es nun einmal recht häufig, es schneit auch ab und zu und gerade in den Alpen sind die Geräte oft großen Temperaturschwankungen ausgesetzt: So kann ein Alpen-Radmarathon wie der Ötztaler zum Beispiel klirrekalten Regen bei 5 Grad und 30 Minuten später nach der Abfahrt im Tal brennenden Sonnenschein bei 25 Grad haben. Das iPhone mag keine Nässe. "Meine Garmins stecken das ohne Extraschutz locker weg - ein Smartphone braucht da immer eine Hülle. Bisher habe ich zwar halbwegs taugliche wasserdichte Hüllen entdeckt, aber die helfen nicht beim größten Problem: Nämlich bei der sehr begrenzten Akkuleistung der Smartphones.", sagt Torsten.


Da spricht er natürlich das Hauptthema an. Denn, auch wer noch nie sein Smartphone am Rennrad befestigt hatte, der kann dieses Argument nachvollziehen: Ich muss mein Telefon jeden Tag an das Netz zum Aufladen hängen, und zwar auch dann, wenn ich nicht telefoniere, surfe oder stromfressende Dienste wie GPS nutze. Bisher sind iPhones am Rennrad nämlich vor allem aus diesem einen Grund noch nicht so verbreitet: Man kann sie bisher effektiv höchstens nur 3 bis dreieinhalb Stunden nutzen. 



Das Dura Case und iPhone: Eine Alternative zu GPS-Devices.

Torsten meint: "Das iPhone ist ein Stromfresser. Allein das große Display - auf dem Rennrad stetig in Betrieb - kostet unheimlich viel Strom. Ich sehe da auch den Sicherheitsaspekt: Ich möchte, gerade wenn ich in der Natur unterwegs bin, meine Akkuleistung (und damit die Fähigkeit, in Notsituationen zum Beispiel Hilfe rufen zu können) nie unter ein gewisses Niveau abfallen lassen. Das passiert aber auf dem Rennrad, wenn du trackst, navigierst und vielleicht noch bei Dämmerung mit Displaybeleuchtung fahren musst, allerdings sehr schnell." Drei Stunden effektive Nutzbarkeit - damit fallen Rennen zum Beispiel komplett aus. "Das Telefon ist für mich aber noch mehr: Es ist einfach mein Multifunktionstool. Das muss immer laufen!", wirft Torsten noch ein.

Zudem spricht er die obig als Vorteil angepriesene ANT+ Technologie an: "Das ANT+ Dongle macht das ganze Ding noch größer. Es kann abfallen und verloren gehen. Doch das braucht man eben noch, denn Bluetooth kann eben noch nicht jeder Sensor. Von den Extrakosten mal abgesehen ..."


Torsten testete neben iPhone-Apps auch diverse GPS-Geräte zur
Nutzung auf dem Rennrad.

Einige dieser Nachteile wird das iPhone als Mess- und Navizentrale am Rennrad wohl in naher Zukunft los sein. Einige nicht. Und für einige, nämlich die größten Nachteile, gäbe es ja nun die Alternative: Das DuraCase. Denn zumindest Torsten Franks Kern-Knackpunkte, wie er es sagt, werden durch dieses Gerät behoben.


Das DuraCase - wasserdicht, schocksicher und drei mal mehr Akkukapazität


"Für mich", so sagt Torsten, "sind vor allem drei Punkte extrem wichtig: Ich brauche eine bombensichere Befestigung, ich möchte mein Gerät vor den Widrigkeiten des Wetters schützen und - als allerwichtigster Punkt - ich brauche zumindest so viel Strom, dass ich sicher 10 und mehr Stunden das Gerät betreiben kann."

Ich bin nun in vier Rennen in 2014 das DuraCase als Prototyp gefahren und kann hier einiges an Erfahrung beisteuern. In puncto Befestigung wurde ich von den Mannheimern mit einer Custom-Lösung (Carbon) ausgerüstet. Basis war bisher die Topeak Ride Case II-Halterung, die man anstelle der Kappe direkt in den Gabelschaft einschraubt. So sitzt das Gerät genau richtig: Kopf nach unten, ablesen, fertig. Die Haltung musste das (im Vergleich zum kommenden Serienprodukt noch recht schwere) DuraCase samt iPhone (400 Gramm!) tragen. Und das eben nicht nur auf smoothem Asphalt sondern beispielsweise den Gotthard-Pass beim Alpenbrevet hinauf (15 Kilometer Pflasterstein) oder den Nufenen-Pass hinab auf den fiesen Betonplatten (Extremruckeln und Sprungschanzen-Feeling bei +70 km/h!). Zwar hatte die Halterung, da noch Marke improvisierter Prototyp, nach 3.000 Kilometern erste Ermüdungserscheinungen - wohlgemerkt am Topeak-Bauteil, nicht am DuraCase-Adapter! -, doch Roland Goschke von DuraCase versichert, dass beim Serienmodell eine Befestigung geliefert wird, die das Gerät auf Dauer sicher und fest am Rad halten wird.




Dummies aus dem 3D-Drucker: Das Serienmodell wird noch einmal
erheblich kleiner, schmaler und dünner.

Was die Wasserdichtheit angeht, so ist das DuraCase über jeden Zweifel erhaben. Abgesehen davon, dass alle DuraCases, die wir getestet haben, vorher in Rolands Gartenpool unter einem Meter Wasser einen Tag lang auf Grund gelegen haben - wohlgemerkt aktiviert und immer mal wieder von einem Taucher bedient - ist meine Radsport-Saison 2014 eine Aneinanderreihung von ekelhaften Regenrennen bei fiesen Temperaturschwankungen gewesen. Als ich nach dem Ötztaler Radamarathon beim Ausziehen meiner vollgesogenen Klamotten im Hotelzimmer das ganze Bad unter Wasser setze, piepte das iPhone nebenan fröhlich am schlammverdreckten Rennrad und signalisierte mir, dass ich seit einigen Minuten "keine Bewegung" mehr hätte ... einmal abwischen, fertig.


Dieser Imagefilm von DuraCase gibt ganz schön die Möglichkeiten dieses Gerätes wider:




Auch die Akkuleistung ist enorm. Wenn vorher - laut Tests von DuraCase - dem iPhone allein schon nach 3, maximal 4 Stunden, der Saft ausgeht, so liefert der Zusatzakku, der das DuraCase hauptsächlich ist, drei mal mehr Energie. Laufzeiten von (etwas) mehr als 8 Stunden sind also unter Vollast (GPS, Datenaufzeichnung, Live-Tracking/Sendefunktionen und Licht) überhaupt kein Problem! Da ich selbst bei meinen Rennen nicht unbedingt eine Permanent-Anzeige benötigte, also den Bildschirm nur ab und zu aktiviert habe, konnte ich Betriebszeiten von mehr als 11 Stunden erreichen. Und wenn ich dann vor einem jeden neuen Rennen mein DuraCase abends noch mal an das Stromnetz zum Aufladen gehangen hatte, waren von 4 Statusleuchten (vier heißt "voll") immer mindestens noch 2 an. Ich habe also etwa nach 12 Stunden Bruttobetrieb des DuraCase beim Alpenbrevet das Ding nur halb leer bekommen ...



Mit welchen Apps kann man Rennrad-Aktivitäten am besten tracken?


Nun spuckt mir beispielsweise iTunes, wenn ich nur mal nach "Rennrad" suche, ganze 52 Rennrad-Apps aus, suchte ich nach "Roadbike" sogar mehr als 100 Applikationen zum Download - allerdings sind hierunter auch viele Spiele, Zeitschriften oder andere Apps, die nicht für Tracking, Navigation oder Training geeignet sind. Woher soll der geneigte Erstanwender denn nun wissen, welche die beste App ist? Schwierig, meint auch Torsten Frank: "Die App-Landschaft, die ich mir damals 2011 für meine iPhone & Rennrad-Serie angeschaut hatte, hat sich in diesen 3 Jahren natürlich extrem verändert. Apps und Konzepte sind verschwunden, neue Ansätze und Programme hinzugekommen. Sicher sind momentan, wenn man das mal betrachtet, die ganzen sozialen Aspekte auf dem absoluten Vormarsch. Portale wie Strava ziehen Millionen User an." Richtig: Das bloße posten einer Strecke, eines Trainings oder der Trainingsdaten ist längst schon einem Wettbewerb um Kudos, KOMs und Challenges gewichen, Strava ist hier sicher einer der ganz, ganz großen Player auf dem Markt.


Ich selbst bin nicht auf Strava und halte auch persönlich nicht viel von dieser Plattform. Das ist aber meine eigene Meinung, da mich als Hobbysportler immer mehr zum Genuss-Fahrer entwickle. Anscheinend sind meine Sturm-und-Drang-Jahre auf dem Rennrad (vielleicht vorerst?) vorbei. Anyway: Das Konzept hinter Strava ist faszinierend wie beeindruckend zugleich und für mich nicht nur als Werbeprofi einer Digitalagentur spannend zu verfolgen.


Ich selbst habe auf dem iPhone und an meinem Rennrad zwei Apps getestet: Cyclemeter und Runtastic. Mir ist, wie gesagt, die soziale Komponente, irgendwelche Segment-Performances und der Kudos der Radsport-Gemeinde egal. Wichtiger bei der Rennrad-App finde ich dabei Punkte, die auch Torsten anspricht: "Am Lenker sollte die App jederzeit gut ablesbar die Werte einblenden, sie ich für wichtig erachte. Sei es nun Speed, Kilometer, Splits, Höhenmeter oder die Stoppuhr. Die Displays sollten individuell justierbar sein." Beide Apps, die ich getestet habe, bieten diese Features, jedoch hat mich persönlich Cyclemeter mehr überzeugt. Der Kontrast der Screens ist einfach höher. Ich kam mit Cyclemeter während der Rennen stets besser zurecht




Ich mochte die Cyclemeter-App am meisten.

Auch nach dem Einsatz sollten die Apps Möglichkeiten bieten, die Daten ohne Probleme irgendwo abzuspeichern, eine Gesamtstatistik zu füllen und - wo wir schon bei Statistiken sind - die einzelnen Aktivitäten auch gut darstellen. Ich selbst lege zwar nicht mehr allzuviel Wert auf diese Werte, finde es aber trotzdem noch sehr spannend, mir diese anzuschauen. Und das fängt bei so einer banalen Statistik wie der Höhenmeter-Kurve an. Hierbei, muss ich sagen, hat mir wiederum Runtastic sehr viel besser gefallen, als Cyclemeter. Noch in der App selbst liefert das Tool spannende Statistiken, Tortengrafiken und Auswertungen, die extrem spannend sind und tiefe Einblicke in die eigene Performance geben. Das hat Cyclemeter so selbst nicht, bietet die Standardwerte an, aber kaum "in depth"-Analysen wie Runtastic, es sei denn, man erwirbt die kostenpflichtige Elite-Version. Dann kann man in jedem Webbrowser oder auch direkt im iPhone seine Daten auswerten.


Die Cyclemeter-App bietet viele Interessante Features, vom Download aller Trainings in verschiedensten Formaten, dem Support einer Vielzahl von Sensoren, einer Mailfunktion und einer ganzen Palette von Services, mit denen diese App zu einem richtigen Trainer ausgebaut werden kann. Es gibt sie bisher aber nur für iOS-Geräte. Auch wenn das DuraCase vorerst noch ebenfalls nur für Apple-Produkte erhältlich sein wird, so werden sich Android-User wohl noch eine Weile gedulden oder sich nach einer anderen App umsehen müssen.




Runtastic hat eine super Auswertungs-Visualisierung.

Bei Runtastic hat mir das ganze Universum an Auswertungsfeatures gefallen. Zudem steht mit Runtastic.com (im Unterschied zu Cyclemeter) eine eigene Plattform zur Verfügung, auf der man in seinem Account vor dem heimischen Desktop seine sportlichen Aktivitäten bis zum Umfallen Auswerten und im voraus planen kann.


Mehr Apps und Plattformen konnte ich noch nicht testen. Auch Torsten kapituliert hier angesichts des vielfältigen Angebots: "Obschon ich mit Garmin-Geräten unterwegs bin, finde ich die eigene Connect-Plattform wenig interessant und nutze die im Grunde gar nicht. Ich lade meine Tracks bei Strava hoch, zur Sicherheit lege ich noch Backups in die Cloud und auf Trainingstagebuch.de. Die tatsächliche Analyse der Daten und mein eigentliches Trainingslog findet dann mit Hilfe von Offline-Software statt. Hier nutze ich die PC-Shareware SportTracks und GoldenCheetah, eine Freeware-Plattform."



Das DuraCase im Härtetest 2014


Über die tatsächlich einhundertprozentige Verlässlichkeit des DuraCase bei meinen Tests habe ich oben schon berichtet. Das Gerät ist tatsächlich absolut wasserdicht, machte während des Betriebes keinerlei Probleme: Das iPhone ließ sich durch die Scheibe des DuraCase jederzeit sehr gut bedienen - außer, es regnete wirklich Fäden, in diesem Fall ist es wie bei der Bedienung des Smartphones ohne Gerät auch: Scheibe trockenwischen, dann funktioniert auch die Übergabe der Signale an den Touchscreen.




Kurz vor dem Regen: Selbst stundenlanger Starkregen konnte dem Dura Case und
meinem iPhone nichts anhaben. Test bestanden!

Da ich während meiner Renneinsätze auch oft mit Straßenabschnitten zu kämpfen hatte, die getrost noch aus der Zeit von kurz nach dem Krieg hätten stammen können, kann ich auch verlässliche Aussagen zur Schocksicherheit machen: Kein Problem! Zwar sollte ich das hier vielleicht nicht so offen reinschreiben (mein Sponsor liest mit :), aber das Gerät ist mir tatsächlich zwei mal samt iPhone runtergefallen, einmal im Hotel, einmal sogar auf Asphalt. An der Funktionstüchtigkeit gibt es auch nach den Stürzen nichts auszusetzen.


Wie ebenfalls schon erwähnt, ist die Akku-Kapazität des Gerätes beeindruckend: Ich habe selbst nach stundenlangem Dauerbetrieb und 2 Wochen Lagerung ohne Wiederaufladen hatte ich bei erneuter Inbetriebnahme noch 50% bzw. 75% der Ladekapazität im Akku. Bei DuraCase in Mannheim liegt noch der aller erste Prototyp, den Roland Goschke im Januar 2014 für die ISPO aufgeladen hatte - Akku noch immer voll. Reicht also locker!


Abstriche musste ich leider bei der Topeak-Halterung machen: Die hat sich nach den 4 Rennen sehr hoher Beanspruchung als zu schwach heraus gestellt. Zwar drohte mir das Gerät nie wirklich abzufallen, aber es begann sich auf der Befestigung zu drehen, was einfach nur nervig ist. 

Diese Beobachtungen, wie alle anderen Testergebnisse auch, bespreche ich natürlich mit den Produktentwicklern bei DuraCase, sodass die Features, die zum Gerät aus der Serienproduktion erhältlich sein werden, dahingehend überarbeitet und geprüft werden. Zum Seriengerät wird es ein Halterungs-System geben, das ohne Topeak auskommt und diese Schwächen nicht mehr haben wird.



Das Serien-Dura Case für iPhone 5 in der Mitte: Für den
Rennrad-Vorbau eine akzeptable Größe.

Ich jedenfalls freue mich, ab 2015 dann einen Prototypen der zweiten Generation an meinem Cervélo fahren zu können: Lighter, slimmer & schicker.



Was bringt die Zukunft auf dem Rennrad?



Einen kleinen Blick in die Zukunft will ich auch wagen - immerhin ist das mein berufliches Metier. Was zunächst das DuraCase angeht, so sehe ich Roland Goschke und dessen Team auf dem richtigen Weg: Die Zielgruppe "Smartphonebesitzer, die Sport treiben und diesen tracken wollen" ist größer als jene der auf spezialisierte Single-Use-Geräte (wie Garmin) ausgerichteten, eher ambitionierten Sportler. Das Einsatzgebiet des DuraCase beschränkt sich ja deshalb nicht ausschließlich auf den Radsport - im Gegenteil, Roland sieht das Fahrrad, respektive das Rennrad, noch eher als die kleinste Anwendergruppe. Wanderer, Offroader, Mountainbiker, Segler, Gleitschirmflieger und selbst Kanu- und Kajakfahrer ergeben eine große Menge an nützlichen Einsatzgebieten für das DuraCase.

"Wir werden sicher in 2015 eine DuraCase-Version für Samsung-Smartphone sehen", sagt Roland und das freut mich persönlich: So kann ich endlich mein eigenes Galaxy nutzen. "Weiterhin optimieren wir beim DuraCase natürlich die Akkuperformance, das ist ein stetes Thema bei dem viel Potenzial ist - was sicher auch die Größe des Gerätes - obschon in der Produktionsversion schon deutlich kleiner - noch weiter verringern wird."




Das Serien-Dura Case für iPhone 5. Es soll auch eine
Variante für das iPhone 6 erhältlich sein.

Für Torsten Frank sind die Entwicklungen, die wir auf dem Rennrad sehen werden, relativ klar: "Die Individualisierung und damit die Palette der angebotenen Geräte und deren Features wird zunehmen: Jeder wird sich genau das herauspicken und zusammenstellen können, was er braucht." Das schließt für Torsten natürlich auch die Funktion ´Ich bin dann mal weg´ein - der Luxus des Abschaltens. "Wenn du mich nach dem Gadget der Zukunft fragst, für mich sieht das so aus: Ein Rundum-Sorglos-Device. Genug große Darstellungsfläche für Karten, Daten, Kommunikation, robust und stylisch zugleich, dabei natürlich leichtgewichtig. Vielleicht eine Art Smartwatch? Eine Verbindung zum Smartphone - oder sende-/empfangsfähigem Gerät ist selbstverständlich." Es wird für ihn vermutlich eine Welle neuer, immer besserer Bluetooth-Anwendungen geben, auch sieht Torsten die Möglichkeiten, die Internet und GPS bieten, noch nicht ausgereizt.


Ich kann hier meine Vision vom Rennrad der Zukunft beisteuern, die vielleicht noch ein paar Schritte weiter geht. Ich denke, wir werden vor allem im Bereich der Werkstoffe Fortschritte sehen. Auch hier ist die Verbundstoff-Forschung gerade durch Impulse aus Luft- und Raumfahrt noch lange nicht am Ende. Schon jetzt gibt es Carbon-Rahmen mit Beimischung weiterer Materialien zur Stabilisierung oder mehr Elastizität, wir sehen Rennrad-Gabeln mit Hanf-Fasern und Elastomer-Inserts. Das bietet natürlich auch den elektronischen Gadgets enorme Spielräume: Schon jetzt kann man Rennräder mit integrierten Sensoren (bei Trek zum Beispiel) kaufen und ich denke, das wird sich ausweiten. Vielleicht wird das Bike der Zukunft eine interne Überwachung der Zug- und Dehnkräfte haben, kann uns vor Überanspruchung und Materialermüdung warnen - ähnlich wie der VW, den unsere Werkstatt erst einmal an den Diagnosecomputer anschließt, sodass das Auto ihm sagen möge, welches Teil demnächst den Geist aufgeben mag?




Wird das die Zukunft sein? Beispiel Oakley.

Ich gebe Torsten Recht, wenn er sagt, dass mehr und mehr "Devices" kommen werden. Ein massiver Trend sind die Wearables, also im wahrsten Sinne des Wortes "tragbare" Computer: Vielleicht wird uns demnächst das intelligente Trikot aufgrund von Schweißmenge und -zusammensetzung Trink-Pausen und die optimale Zusammensetzung einer Isodrink-Mischung empfehlen? Vielleicht der intelligente Rennrad-Schuh automatisch von sommerlichem "lüften"-Modus auf "wasserdicht" schalten, wenn hinter dem Berg das verregnete Tal zu durchqueren ist? Die OLED-Technologie wird Einzug halten, ebenso wie Sprachsteuerung und die weitere Integration der Systeme in das Rennrad selbst, wie die erst kürzlich veröffentlichte Vision von Oakley zur "Future of Cycling" anhand eines beeindruckenden Lenker-Konzeptes zeigte.


Interessant im Bereich Internet und WiFi-Technologie sind Gedankenspiele zur Automatikschaltung. Schon jetzt gibt es erste Versuche mit Wireless-Elektronikschaltungen, SRAM testet bereits, ich bin mir sicher, dass wir demnächst Bluetooth-Shifter der Di2 von Shimano sehen werden. Der Schritt zur Automatik ist dann nicht mehr weit: Anhand von Kurbelumdrehungen, Lage des Rennrads und Power-Messung wird die Schaltung entscheiden können, welches Ritzel am optimalsten zur Belastung passt - oder eben zu meinem Trainingsplan.


Richtig spannend und abgefahren wird es dann bei den - natürlich vorrangig aus PR-Gründen für Messen und Magazine hergestellten - Concept-Bikes verschiedener Hersteller. Erst kürzlich begeisterte Canyon mit seinem MRSC Connected. Der Trend geht hier zu einem Bike, dass sich selbsttätig auf den Untergrund anpassen kann - Dämpfungseigenschaften werden verändert. Andere Firmen gehen noch einen Schritt weiter und arbeiten an Bikes, die sich auf jeden Untergrund und jede Einsatzart einstellen - Mountainbike, Rennrad, Time-Trial in einem. Vorstufe könnte hier zum Beispiel das BMC Impec Concept Bike sein.




Zukunftsmusik? Teile davon werden wir sicher demnächst als 
ganz normal ansehen: Das Impec Concept Bike von BMC.

Sicher, was die Zukunft bringt, können wir nicht wissen. Doch sicher ist, das auch und vor allem die Rennradbranche auf der technologischen Welle weiterreiten wird. Schon allein, um die zahlungskräftige Kundschaft mit immer neueren Gadgets und Features zu begeistern. Was dann natürlich auch die Puristen unter uns freuen wird: Je mehr Technik die Rennräder auf den Asphalt bringen, desto größer wird auch die Klientel derer werden, die sich auf das Puristische, den Ursprung besinnen und sich das einfache Stahlrahmen-Bike zurücksehnen. Wir werden sehen - es bleibt jedenfalls sehr spannend.


Zurück ins Hier und Jetzt, wo mit dem DuraCase zumindest die akut klaffende Lücke schließt, zwischen den vielen Vorteilen, die ein Smartphone mitsamt seiner ganzen Palette an individuellen Apps bietet und den Nachteilen, welche die Empfindlichkeit und vor allem die Lebensdauer des Akkus betreffen. Das DuraCase wird 139 € kosten und kann schon jetzt vorbestellt werden: Hier.


Die DuraCase nEveresting Testivals: Mit Lousy Legs an die Grenzen gehen.


Ihr besitzt selbst ein iPhone? Ihr interessiert Euch für das DuraCase als Alternative zu Garmin, Sigma und Co? Wir bieten in dieser Renn-Saison 2015 an, dass Ihr gemeinsam mit uns bei einer sportlichen Höchstleistung das DuraCase im echten Einsatz testen könnt. 


Bereits im Mai startet das erste unserer DuraCase nEveresting Testivals (mehr Informationen hier) hier in Hamburg: Wir laden Euch ein, gemeinsam mit uns ein Wochenende am Fuße des mächtigen Mortirolo zu verbringen. Dort erwartet Euch nach einer Übernachtung (allerdings wird das eine kurze Nacht ... :) ein ganzer Tag (und die Nacht) Everesting an dieser legendären Steigung - sammelt Eure 8.848 Höhenmeter und erklimmt damit symbolisch den höchsten Berg der Welt. 


DuraCase stattet Euch mit einem Gerät und der dazu gehörigen Halterung aus. Wer kein iPhone hat, der bekommt natürlich eines samt Rennrad-App.


An- und Abreise, zwei Übernachtungen mit Frühstück sowie Verpflegung und Getränke werden durch uns organisiert. Ihr müsst dann halt nur noch kurbeln ...

Wer von Euch Interesse hat, der kann mich gerne über das Kontaktformular hier im Blog für nähere Informationen, den Preis des Spaßes und Termine kontaktieren.





Wie trackt Ihr Eure sportlichen Aktivitäten auf dem Rennrad und welche Hard- und Software nutzt Ihr? Ich freue mich auf Eure Kommentare.



Herzliches Danke an Torsten Frank für die Antworten und die schicken Fotos! Torsten kommt aus dem Wittgensteiner Land (das ist im Kreis Siegen, NRW) und fährt leidenschaftlich gern Rennrad - was er mit seinem zweiten Hobby, der Fotografie verbindet. Torsten bloggt hier regelmäßig - und seine tollen Fotos könnt auch hier direkt in seinem Flickr-Account bestaunen.











MORTIROLO 15.-17. Mai - JETZT ANMELDEN
MONT VENTOUX 29.-31. Mai
RETTENBACHFERNER 19.-21. Juni
COL DU GALIBIER 7.-9. August
COL DE LA BONETTE 28.-30. August

Bei Fragen, zur Anmeldung oder unverbindlichen Reservierung eines Startplatzes nutze bitte das Kontaktformular hier im Blog.

11. Februar 2015

Den Mortirolo-Pass mit dem Rennrad fahren? Radsport-Legende Udo Bölts und Strava-Leader Simone Orsucci im Interview.

Schon allein das bloße Aussprechen des Namens lässt Radsport-Fans wie Radsportler gleichermaßen erschauern: Mortirolo! Dieser berühmt-berüchtigte Pass gilt mit seinen durchschnittlich 10 Prozent Steigung und Rampen bis über 20 Prozent als der härteste Pass Italiens. Selbst der Monte Zoncolan, der vielen als der Inbegriff von Härte gilt, oder der Anstieg zum Kronplatz reichen nicht an die Unerbittlichkeit des Mortirolo - so zumindest die einhellige Meinung meiner bisherigen Gesprächspartner, die den Mortirolo kennen. Da ich ihn selbst noch nicht befahren konnte, bin ich froh und dankbar, in der Radsport-Legende Udo Bölts und dem derzeit Zweitschnellsten im Mortirolo Strava-Segment, Simone Orsucci, zwei mehr als kompetente Interviewpartner gefunden zu haben.



Ohne Udo Bölts ist ein Jan Ullrich kaum denkbar, sagte mir mal einer.
Der bärenstarke Anfahrer und langjährige Teamkollege hat sich oft für Ulle eingespannt.

Nachdem ich am Telefon eine sehr spannende Stunde mit Rudi Altig verbringe, den ich ursprünglich für diesen Artikel interviewe, klärt dieser mich irgendwann allerdings erstmal auf: "Den Mortirolo sind wir damals beim Giro noch gar nicht gefahren ... der kam erst in den Neunzigern zum Giro dazu. Frag doch mal den Bölts-Udo, der müsste das Ding besser kennen." Danke, Herr Altig für das trotzdem tolle Gespräch - vielleicht für spätere Themen wieder? Und: Gesagt, getan. Ein paar Tage später steht der Interview-Termin, auf den ich mich wieder sehr freue: Udo Bölts. Doch zunächst bereite ich mich dann noch etwas auf meine Fragerunde mit ihm vor. Was ist eigentlich dieser Mortirolo?


Mit dem Rennrad den Mortirolo-Pass befahren? Mehrmals? Everesting!


Warum ich mich so intensiv mit dem Mortirolo beschäftige: Hier will ich am 16. Mai dieses Jahres ein Everesting starten - 8.848 Höhenmeter. Der Mortirolo liegt nur etwa 30 Kilometer südlich von Bormio - also einen Katzensprung vom Stilfser Joch entfernt. Dennoch taucht dieser Pass kaum in Jedermann-Rennen oder bekannten Gran Fondos auf, was mich wundert. Man könnte diesen Pass nämlich wunderbar mit dem eher leichten Aprica-Pass oder dem schon heftigeren Gavia-Pass verbinden.

Der Mortirolo selbst ist ein alter Militärpfad, der irgendwann asphaltiert worden ist. Ein ruhiger Pass, denn er ist für den laufenden Verkehr kaum von Bedeutung und daher eher spärlich befahren - kein Vergleich zum Stelvio also. Zudem ist die Straße zur Pass-Spitze selbst sehr schmal, was LKW-Verkehr und Busse das Durchkommen erschwert. Dennoch ist der Mortirolo alles andere als ein Geheimtipp.


Je nachdem, wo man startet, ist die Anreise zum Mortirolo recht weit: Danach aber befindet man sich
in illustrer Gesellschaft mit anderen Pässen.

Die klassische Strecke zur Spitze hinauf ist die Nordrampe ab Mazzo. Es geht 12,4 Kilometer bei angesprochenen 10 Prozent durchschnittlicher Steigung bergauf. Die ersten beiden Kilometer noch erträglich zwischen 5 und 8 Prozent - ab dann eigentlich durchweg zweistellig. Besonders fallen mir im Steigungsprofil die 800 Meter bei 14,5 Prozent ab Kilometer 3, dann ein schönes, 700 Meter langes Stück bei 15 Prozent und - da freue ich mich besonders drauf - ganze 1,5 Kilometer bei 13 bis 13,5 Prozent Steigung auf! Na, das kann ja heiter werden ...

"Verschnaufen" kann man auf den 200 bis 500 Meter langen Passagen, die dann etwas "flacher" ausfallen - mit flach meine ich hierbei 8- bis 10-prozentige Rampen. Nicht mitgezählt sind hier natürlich die bekannt heftigen Spitzen in den Haarnadelkurven, die zwar nur wenige Meter lang, dafür hier aber bis zu 25 Prozent steil sein sollen.



Udo Bölts bezeichnet sich selbst nicht als den Bergspezialisten - hat dennoch beeindruckende
Leistungen in der Vertikalen gezeigt.

Der Anstieg zum Mortirolo verläuft auf fast der gesamten Länge komplett im Wald: Ein Vorteil, wenn man diesen Berg im Sommer erklimmen will. Schatten und frische Waldluft tragen sicher dazu bei, dass man nicht auch noch aufgrund der Witterung Energie verliert. Auf den 12,4 Kilometern ab Mazza überwindet der Kletterer hier ganze 1.300 Höhenmeter und erreicht bei 1.852 Metern Höhe über dem Meeresspiegel den Passübergang. 

Wenn wir das Everesting hier voll bekommen wollen, müssen wir die Rampen hinauf zum Pass also 7 mal erklimmen. Alter Schwede: Ausgehend von der mittleren Kletterzeit laut quäldich.de, die bei 1:22 Stunden liegt, wären das also Netto 9:30 Stunden reine Aufstiegs-Zeit. Rechnen wir 25 Minuten für eine Abfahrt und planen alle 2 Aufstiege komfortable 45 Minuten Pause ein, wäre dieses Everesting-Event ein Arbeitstag von 15 Stunden. Wenn alles gut läuft, das Wetter und Rennrad halten. Und unsere Waden natürlich. Komisch, denke ich mir, dabei habe ich mit Sebastian am Brocken damals für gerade mal 4.000 hm ganze 10 Stunden brutto gebraucht?!

Ich studiere das Profil. Wie so oft bei Bergen, versuche ich, Abschnitte zu erkennen, Eselsbrücken zu setzen. Orientierungspunkte die mir später helfen können, mich im Berg zurecht zu finden oder einzuordnen, wann was kommen mag. Mir Kilometerangaben zu merken, die ich als Marker nutzen kann. Doch ich kann beruhigt sein, hier muss ich nix auswendig lernen, denn das ist beim Mortirolo sinnlos: Direkt ab 1.000 Meter im Anstieg geht die Hölle los. Piller Höhe - nur viel, viel, viel länger. Hier geht es übrigens zum Rennbericht des Endura Alpentraum 2013, meiner ersten Begegnung mit der steilen Piller Höhe. Mehr Informationen zum Mortirolo bietet wie immer das Pässeportal Quäldich.de.

Genug zum Berg. Er ist halt ganz einfach: Nur steil! Ich fühle mich adäquat vorbereitet für das Interview.



Joa. Nech? Ist halt ... Mortirolo.

Udo Bölts erreiche ich kurz nach 20 Uhr. Er klingt relaxed, das Gespräch beginnt außerordentlich herzlich und sympathisch. Er beginnt 1989 seine Profi-Karriere im Team Stuttgart, das spätere Team Telekom/T-Mobile. Hier bestreitet er unter anderem 12 Tour de France-Rundfahrten in Folge und erreicht hier auch seine größten Erfolge. Leider muss man dazu auch sagen, dass er - ebenso wie (fast?) alle dieser Radsport-Generation auch - in die Doping-Praxis verwickelt ist.
Es sind sechs Fragen, die ich mit einem überraschend gesprächigen und überaus offenen Udo Bölts beim Telefon-Interview durchgehen kann. Und mir dabei wünschte, dies bei einem richtig kalten Bier auf einem gemütlichen Sofa von Angesicht zu Angesicht tun zu können. 


Udo Bölts über den Mortirolo: "Damals hatten wir keine Kompaktkurbel ..."


Lousy Legs: "Ich kann mir vorstellen, dass ein Rennfahrer mit Ihrem Palmarés irgendwie schon alle möglichen und unmöglichen Pässe gefahren ist - aber vielleicht kann es ja doch sein, dass Sie sich an Ihre erste Fahrt auf den Mortirolo erinnern können?"

Udo Bölts: (lacht) "Na klar, und ob! Ich kann mich sogar richtig gut an das erste Mal an diesem Pass erinnern! Es war der Giro d´Italia 1994 - meine dritte Teilnahme an dieser Rundfahrt ..."

Lousy Legs: "... den Mortirolo gibt es da ja erst seit 3 Jahren im Programm des Giro, dann haben Sie den ja auch bei seiner Premiere mit erleben können ..."

Udo Bölts: "Ganz genau! Und dennoch hatte dieser vergleichsweise junge Pass schon damals einen ganz eigenen Klang im Peloton. Vor allem die Italiener haben den Namen mit Ehrfurcht ausgesprochen. Ich war damals 28 Jahre alt, schon 5 Jahre Profi und hatte schon einige Erfahrungen bei diesen großen, 3-wöchigen, sehr harten Rundfahrten. Dennoch war Mortirolo immer etwas Besonderes. Damals haben sie vor der Etappe alle getuschelt ... Morgen geht es über den Mortirolo!, haben sie alle geraunt. Das war durchaus ein Riesenthema im Feld."


Bölts im Anstieg bei seiner letzten Saison 2003 beim Team Gerolsteiner. 
"Quäl Dich, Du Sau!" - war für ihn selbst auch nie bloßer Spruch.

Wir sprechen über den Giro d´Italia 1994, einem recht einprägsamsten Zusammentreffen mit dem Mortirolo. Der Giro, die wie ich finde auch heute noch spannendste 3-Wochen-Rundfahrt der drei "Großen", fand damals eine so illustre wie heute gleichsam legendäre Fahrerschaft wie Marco Pantani, Dschamulidin Abdushaparov (mein Vorbild als Freizeit-Friedensfahrer und kleiner DDR-Pionier :) oder den damals schon heldenhaft verehrten Miguel Indurain. 
Das Rennen, 3.721 Kilomeer lang, wurde am Ende von Evgeni Berzin vor Pantani und Indurain gewonnen. Udo Bölts beendet es auf einem fantastischen Gesamtrang 18 mit nur 30 Minuten Rückstand auf die Siegerzeit.

Udo Bölts: "Die Etappe mit dem Mortirolo ... ich glaube, es war die 15te. Die habe tatsächlich ich noch besonders gut in Erinnerung. Wir hatten lange 190 Kilometer an diesem Tag vor uns ... immerhin schon in der zweiten Woche im Rennen. So richtig frisch waren wir nicht mehr. An diesem Tag ging es zunächst über den Stelvio. Ach, und wir hatten an dem Tag so richtiges Sauwetter!"

Lousy Legs: "... den Stelvio kenne ich zur Abwechslung recht gut. Gottseidank bei bisher nur passablen Bedingungen. Kein besonders steiler Pass ..."

Udo Bölts: "... nee, aber ein langer! Wenn du den mit Vollgas im Rennen hoch musst - mein lieber Scholli! Es war kalt und nass, die ganze Zeit war es nur am regnen. Unten nach der Abfahrt dann sehr heiß. Wir zogen alle Klamotten aus, dann weiter. Es ist ja nicht weit bis zum Mortirolo. Irgendwie schaffte ich es bis ganz nach vorn. Als ich am Mortirolo ankomme bin ich mit einem anderen Fahrer allein. Wir sind an der Spitze - Ausreißergruppe!" 



2003 sieht die Hardware-Situation schon besser aus. 1994, beim ersten Mal Mortirolo, hat Udo Bölts
noch keine Kompaktkurbel am Start.

Udo Bölts: "Ich gehe in den Anstieg - sausteil! Richtig hart! Damals hatten wir noch keine Kompaktkurbeln, das heißt man musste sich am Start einer Etappe genau überlegen, welche Übersetzungen man sich vom Mechaniker auf das Hinterrad bauen lassen wollte. Wir fuhren damals 39-25, glaube ich. Das war dann schon die kleinste Übersetzung - übel, oder? Du musstest da richtig hart treten - und ich meine, das war Rennhärte! Und das tat ich auch. Wie im Rausch war das - die Zuschauer, diese Massen! Die haben mich richtig die Rampen hochgepusht. Und dann ... lässt der Andere ab. Jetzt bin ich ganz allein. Vorn!"

Lousy Legs: "Sie erreichen als Erster den Pass?"


Udo Bölts: "Nee, leider nicht: Von hinten kam dann eine kleine Nachzüglergruppe, mit der ich zunächst noch mithalten konnte. Aber kurz vor dem Pass - die Straßen sind sehr schmal am Mortirolo - passiert es dann: Es stehen die Fans so dicht, dass einer der Marshalls stecken bleibt, das Auto säuft beim Anfahren ab, so steil ist das da! Hinter ihm ein Motorrad ebenfalls. Als ich am Motorrad vorbei will, kippt der Fahrer mitsamt Maschine um - der heiße Auspuff streift mich. Nichts Wildes, keine bleibenden Verbrennungen, aber ich musste vom Rad."


Lousy Legs: "Ach verdammt! Und dann die Hektik, neu einklicken und los - und das alles wo Sie doch gerade noch Etappenführender waren ..."

Udo Bölts: "Na, pass auf: Damals fahren wir zwar schon Klickpedale, die mit den heutigen modernen vergleichbar sind, aber mit einem Unterschied - an den Schuhen, die Platten, die sind aus Stahl. Das heißt, wenn du ausklickst und versuchst zu laufen ... geht nicht! Du rutschst einfach nur weg. Immer wieder, wie auf Eis! Und das ganze nun da oben! Da ist es dermaßen steil, dass ich im Prinzip nicht mehr anfahren konnte - die Zuschauer mussten mich anschieben!" Udo Bölts lacht. So ist das Rennen ... 

Udo kann diese Etappe zusammen mit dem späteren Gesamtsieger Berzin als toller Siebter beenden - nur 4 Minuten hinter dem Etappensieger Pantani. Den Mortirolo behält er seit dem in reger Erinnerung.


Lousy Legs: "In der Tat eine spannende Geschichte - die hätte ich so auch nicht vergessen. Würden Sie denn sagen, dass dieser Pass der Härteste für Sie war oder ist?"


Udo Bölts: "Tja. Also Härte hat ja immer etwas mit den Begleitumständen zu tun. Wie man gerade drauf ist, wie das Wetter ist und wie man selbst fährt. In meinem Fall ist das so, dass ich den Mortirolo immer sehr gut und schnell, auch sehr erfolgreich, wegfahren konnte. Und obwohl das wirklich ein sauhartes Ding ist, habe ich ihn als nicht allzu hart in Erinnerung."


Lousy Legs: "Was wäre denn dann für Sie persönlich der härteste Pass?" (Vielleicht ändern wir ja noch mal unser Programm fürs Everesting ...)


Udo Bölts: "Also, für mich persönlich ... ich mag halt lange Berge nicht so besonders. Das liegt mir einfach nicht so. Ich mag eher die kurzen: Ich liebe die Ardennen. Unentdeckt, wild und dch auch mit einigen interessanten Bergen ausgestattet. Wenn Sie mich nach meinem persönlichen Horrorpass fragen ... so richtig gelitten wie ein Hund habe ich immer am Col de la Madelaine. Wie lang ist der? 27 Kilometer oder so, richtig? Nee, der war immer mein schlimmster Berg."


Ah, der Madelaine also ... gar nicht so weit weg vom Galibier. Das könnte man sich ja mal überlegen. Aber bleiben wir beim Mortirolo. Denn neben Udo Bölts gewinne ich noch einen zweiten Gesprächspartner.



"Der Anstieg ab Mazzo verlangt vor allem mentale Stärke." Simone Orsucci und der Mortirolo.


Als ich mich auf das Everesting am Mortirolo vorbereite, checke ich natürlich auch Strava. Nicht, weil ich dort nach den offiziellen Everesting-Regeln mitmachen möchte, sondern einfach nur, um mir die Zeiten in diesem Segment anzuschauen. Mein lieber @velolars - seines Zeichens Strava-Mitglied - schreibt für mich die Top 3 des Segmentes an, es meldet sich ein sympathischer Simone Orsucci, seines Zeichens (zurzeit) Zweitschnellster im Strava-Segment des Mortirolo.
Simone lebt in der Toskana, ist - wie so viele Italiener - radsportverrückt und, wenn ich das von meiner Warte aus charakterisieren sollte, einer der professionelleren Gran Fondo-Fahrer. 2010 siegt er beim Nove Colli und kann einige weitere exzellente Platzierungen, zum Beispiel auch am Mortirolo, herausfahren.



Simone Orsucci im Anstieg: Seine Strava-Bestzeit hat er
beim Gran Fondo Giordana herausgefahren.

Lousy Legs: "Lieber Simone. Erst einmal auch Dir vielen Dank für Deine Bereitsschaft, mir ein Interview zu geben. Sag, wie oft bist du den Mortirolo gefahren?"

Simone Orsucci: "Ich bin alles andere als ein Mortirolo-Kenner, würde ich sagen, denn bisher bin ich den nur drei mal gefahren. Und das immer während meiner Teilnahmen beim Gran Fondo Giordana 2012, 13 und 14. Ich habe hier immer die mittlere Strecke mit 155 Kilometern in Angriff genommen, die über den Gavia-Pass führt und dann den Mortirolo bereit hält. Mit 3.600 Höhenmetern ein sehr hartes, knackiges Rennen, genau das Richtige für mich."

Lousy Legs: "Also stammt dein Strava-Rekord auch noch aus einem Rennen?! Und vorher mit dem Gavia in den Knochen? Nicht schlecht! Wie war das, den Mortirolo dann so schnell zu fahren?"

Simone Orsucci: "Wie das war? Eigentlich ganz normaler Rennverlauf, würde ich sagen. Meine schnellste Zeit ist aus 2013, ich wusste also schon aus dem Vorjahr, was auf mich zukommen würde. Ich schaffte es, knapp hinter einem anderen Teilnehmer oben anzukommen, bin sehr bestimmt, nicht zu schnell, gefahren. Ich komme aus der Toskana, wir haben dort kaum harte Berge oder Anstiege ... na, vielleicht noch den San Pellegrino ... aber sonst gibt es da keine so richtig knackigen Anstiege. Trotzdem komme ich am Mortirolo und an Pässen generell ganz gut klar. Als ich meine Bestzeit fuhr war ich 2013 richtig gut drauf: Leider hatte ich den Absprung in die Ausreißergruppe verpasst, sodass ich einige Minuten nach ihnen am Fuße des Mortirolo angekommen war. Ich fühlte mich in einer überragenden Form - auch nach dem sehr harten Gavia - und freute mich, als es in den Mortirolo ging."

Was ihn am meisten fasziniert, sagt Simone, ist die Bedeutung des Mortirolo für die großen "Schlachten" des Giro d´Italia, die Kult-Status in Italien haben: Sich hier hochzukämpfen, auf den Spuren jener Helden, die hier ihre Kämpfe ausgetragen haben, sei gerade am Mortirolo etwas ganz besonderes, sagt er.


Starke Physis, Erfahrung und vor allem mentale Stärke: Orsucci
findet, dass es diese drei Dinge besonders braucht, um den Mortirolo zu besiegen.

Simone Orsucci: "Ich entschied mich, zunächst eher nicht Vollgas zu gehen, obschon ich wusste, dass sie vor mir nicht weit weg waren. Der Mortirolo ist sehr lang - und wirklich sehr hart! Obwohl ich dann 2013 meine schnellste Zeit machen konnte, wurde ich am Ende nur Dritter im Ziel. 2012 war ich noch der Zweitplatzierte, 2014 dann Achter."

Lousy Legs: "Wir wollen bei unserem Everesting den Mortirolo von Mazzo aus fahren, so wie Du ihn gemacht hast: Kannst Du uns etwas mehr über Deine Eindrücke von diesem Anstieg erzählen?"

Simone Orsucci: "Im Prinzip ist der Mortirolo in ein paar Worten erklärt: Er ist extrem hart, weil er niemals nachlässt, bis man oben ist. Es gibt keine einfachen Abschnitte, man muss jederzeit hart treten. Ich denke, der Mortirolo fordert drei Dinge ganz besonders: Die körperliche Stärke natürlich, dann aber auch persönliche Erfahrung und vor allem mentale Stärke."

Lousy Legs: "Ersteres kann man sich antrainieren. Inwiefern ist die persönliche Erfahrung wichtig?"

Simone Orsucci: "Das wirst Du sicher unterschreiben können: Je besser Du einen Anstieg kennst, desto sicherer wirst Du. Beim Mortirolo ist das wichtig, weil er so hart ist - du leidest eigentlich von Anfang an. Da ist es dann schon wichtig zu wissen, wo man sich genau befindet und wo die richtig fiesen Stellen kommen und wo es nicht ganz so horrormäßig ist."

Lousy Legs: "Du sprichst von mentaler Stärke - wie meinst Du das?"

Simone Orsucci: "Der Anstieg macht Dich vor allem im Kopf fertig. Wenn ich mir ausmale, dass Ihr da sieben Mal hoch wollt ... ich stelle mir das extrem vor! Da brauchst Du dann schon viel Energie, denn ich nehme mal stark an, dass Deine Beine schon längst aufgegeben haben werden, wenn Dein Kopf Dich aber noch die Rampen hochtreibt."


Lange Pässe liegen ihm, sagt Simone. Selbst wenn das
Wetter nicht mitspielt.

Lousy Legs: "Würdest Du den Mortirolo auch als den härtesten Pass der Alpen bezeichnen? Gibt es Pässe, die Du als vergleichbar einstufen würdest?"

Simone Orsucci: "Ich habe bisher nichts gefunden, was dem Mortirolo ähnlich wäre. Vielleicht ist der Passo Giau verwandt - allerdings in einem verkleinerten Maßstab, was die Länge angeht. Mein Hauspass in der Toskana, der San Pellegrino, hat im oberen Teil einen Abschnitt, der sogar steiler ist, als der Mortirolo. Aber das ist alles nichts gegen den Echten."

Lousy Legs: "Was sagst Du zu unserem Everesting-Vorhaben?"

Simone Orsucci: "Ich finde das total spannend! Und verrückt gleichermaßen. Persönlich bin ich bisher nie mehr als 5.000 Höhenmeter am Stück gefahren - beim Ötztaler Radmarathon. Ich denke, Ihr müsst Euch wirklich gut vorbereiten, körperlich wir mental. Wenn ich mich für so ein Event trainieren müsste, würde ich mehrere Einheiten mit mehr als 4.000 Höhenmetern absolvieren. Wenn Ihr dann dort seid, achtet auf das Wetter: Der Anstieg beginnt tief weit unten. Das kann sehr heiß sein - oben dann schnell empfindlich kühl. Ebenso passt in den Abfahrten sehr auf, denn die Straße ist wirklich schmal und daher besteht kaum Raum für Fehler."

Everesting: 8.848 Höhenmeter am Mortirolo sammeln.


Ich berichte Udo Bölts von unserem Vorhaben, am Mortirolo ein Everesting zu starten und bin auf seine Reaktion gespannt. Witzigerweise fällt diese überraschend spontan und sympathisch aus:

Udo Bölts: "Was für ein verrückter Plan! Und Ihr fahrt dann da sieben mal hintereinander hoch?"

Lousy Legs: "Ja genau. Den selben Weg dann wieder hinab ..."

Udo Bölts: "Abgefahren. Stelle ich mir spannend vor. Ich bin den Mortirolo vor ein paar Jahren im Rahmen der MTB-Transalp gefahren. War auch ziemlich weit vorn, musste dann aber auf meinen Teamkollegen warten. Ich habe das alles noch recht frisch in Erinnerung - deswegen kann ich Euch nur raten, auf der Abfahrt extrem vorsichtig zu sein!"

Lousy Legs: "... die schmale Straße ..."

Udo Bölts: "Ja, und nicht nur das: Als ich da während der Transalp hoch bin, das erste mal nach meinen Giro-Einsätzen, bin ich den Pass gänzlich ohne Zuschauer gefahren. Das ist schon eine ganz andere - viel härtere - Nummer! Wenn da Tausende stehen, dich anfeuern und hochbrüllen, dann bist du so voller Endorfine, dass du die 12 Kilometer kaum spürst. Es ist hart, ja sicher, aber gleichzeitig wirst du dann aber irgendwie hochgetragen. Ganz anders, wenn du das Ding alleine fährst - ohne Zuschauer. Ohne Applaus. Da bist dann nur noch du allein. Dein Atem. Dein Schmerz. Niemand, der dich antreibt und zieht."


Fokussieren - kleine Ziele setzen - Durchhalten!

Udo Bölts: "Wenn du da ganz alleine hoch musst, kann sich das Ding ganz schön ziehen! Du musst dann wirklich durchhalten und einen starken mentalen Fokus haben, um nicht im Kopf einzuschlafen. Ich finde Eure Idee wirklich Klasse! Auch, weil Ihr mit Sicherheit den Mortirolo auf eine Weise kennen lernen werdet, wie man es in einem Rennen oder bei einer Tour sicher nie hinbekommen würde - aber Ihr solltet Euch wirklich darauf vorbereiten, dass dieser harte Anstieg Extremes vor allem vom Kopf verlangt."

Lousy Legs: "Wie habt Ihr Euch denn früher auf solche harten Etappen vorbereitet? Oder speziell auf den Mortirolo?"

Udo Bölts: "Ach, das war damals eine ganz andere Zeit. Bei Telekom, gerade in den ersten Jahren, ging es noch nicht so bockel-ernst und durchdekliniert zu. Ich kann mich erinnern, dass bei den ersten Tour-Teilnahmen dann zum Beispiel ein Uwe Ampler irgendwann "nicht mehr konnte" und heim fuhr. Oder wenig später, dann war da von den Sponsoren auch keiner mehr da oder der Sportliche Leiter sitzt auch schon im Auto heimwärts. Dann bist du im Team mit wenigen Betreuern und machst dein eigenes Ding. Tolles Abenteuer! Dann kam das schon oft vor, dass ich als Neuling dann zu den alten Hasen bin - meist zu den Italienern natürlich - und die dann halt gefragt habe, was von dieser und jener Etappe zu halten sei, worauf wir achten sollten, welche Übersetzungen man aufzulegen hätte und so. Die waren auch immer total kooperativ und hilfsbereit."

Lousy Legs: "Das war ja noch die Zeit vor dem Funk ..."

Udo Bölts: "Genau! Wir haben dann schon grobe Schlachtpläne gehabt, wann wer mitgehen sollte oder so - aber gerade anfangs war das eher ein spontanes Unterfangen."

Auf meine Frage, ob er denn Lust hätte, im Mai mitzukommen, lacht Udo am Telefon: Vorstellen könne er sich das schon, so etwas zu machen. Das klingt lustig und schräg, sagt er. Simone Orsucci lehnt dankend ab: Seine Saison sei schon verplant und obschon er stolz auf seine Bestzeit in Strava ist - so ein Everesting muss für ihn nicht sein. Uns jedoch kann das nicht abhalten - ich freue mich auf den 15. bis 17. Mai, das verlängerte Wochenende am Mortirolo. Und hoffe, dass wir dann auch nach hoffentlich 7 Auffahrten ähnlich jubelnd unten ankommen werden, wie Simone bei seinem Nove Colli-Sieg ...


Everesting am härtesten Pass der Alpen? 5 Fakten zu unserem Event.


Ihr hättet auch Lust, uns zum Mortirolo zu begleiten? Ein mal einen ganzen Tag lang Zeit haben, sich nur mit diesem einen Anstieg zu beschäftigen? Ihn richtig in- und auswendig kennen zu lernen und - vielleicht - die 8.848 Höhenmeter für das Everestig zu sammeln? Begleitet uns doch - wir würden unser Everesting gern mit Euch teilen.

Fakt 1: Die Anreise. Wir haben (deshalb hat das mit dem Preis auch so lange gedauert) echt alle möglichen und unmöglichen Anreisearten durchkalkuliert und dabei von Selbstfahren mit 2 Bussen bis zum gecharterten 4*-Reisebus alles berücksichtigt, was nur irgend ging. Fazit: Bei 10 bis 12 Mann sind wir eine genau zu große Gruppe, um preiswert mit selbstgemieteten Autos zu reisen und dabei zu klein, um einen Charterservice zu nutzen. Unsere Lösung: Je nachdem, wie viele sich von Euch anmelden (bis 6 Personen wären OK), mieten wir entsprechende Fahrzeuge.

Ihr wohnt nicht in Hamburg? Kein Problem! Wir schauen, dass wir Euch - gern auch mit kleinen Umwegen - entlang unserer Route zum Mortirolo einsammeln und wieder abliefern.
Abfahrt wäre Donnerstag-Nacht gegen 21 Uhr in Hamburg ab ZOB. Alle weiteren Rendevouz-Punkte berechnen wir dann, wenn wir wissen, wo wir Euch einsammeln.

Fakt 2: Die Unterkunft. Wir haben in einem wirklich tollen Hotel fast direkt an der Einbiegung zum Mortirolo schöne Doppelzimmer für uns reserviert. Das Hotel bietet einen Wellness-Bereich, dessen Nutzung für uns kostenlos wäre sowie - extra für uns - ein Frühstück ab 3 Uhr morgens. Wir wollen ja ab 4, 4:30 Uhr in den Anstieg gehen. Ihr könnt Euch also am besten zu zweit anmelden - dann wisst Ihr, mit wem Ihr die Nacht vor und nach dem Event verbringt, oder Ihr lernt Euch auf der Fahrt kennen. (In jedem Fall Ohropax nicht vergessen :)


So sollte das beim Everesting aber nicht aussehen: Udo Bölts
gibt uns mit, bei den Abfahrten sehr vorsichtig zu sein. Enge Strecke!

Fakt 3: Die Betreuung. Da dies unser erstes Everesting-Event sein wird, wollen wir erst mal klein anfangen und werden deshalb nicht gleich am großen Rad drehen: Deshalb, und auch um die Kosten so gering wie möglich zu halten, wird es zunächst keine Betreuer geben. Das spart deren Aufwandsentschädigung, Hotel & Transport-Kosten. Wir deshalb ein Büffett, bei dem sich alle Teilnehmer beim Everesting über jederzeit mit Essen und Trinken versorgen können, bereitstellen. Ein Self-Service ist mehr als okay - vielleicht können bis dahin ja auch das nette Hotel überreden, das Büffett im Hotel selbst stattfinden zu lassen.

Fakt 4: Das Programm. Wir kommen dann im Laufe des Freitags in Mazzo di Valentino an, beziehen unsere Zimmer und machen die Rennräder klar. Wer von Euch will, wird schon gern mal eine Runde am Mortirolo zum "warmschießen" drehen können. Heiko und ich besorgen in der Zeit alles für das Büffett. Geht früh schlafen, denn ab 3 Uhr machen sie uns extra ein Radsportler-Frühstück, sodass wir ab etwa 4 Uhr, 4:30 Uhr in den Berg können. Meine 15 Stunden waren sehr optimistisch geschätzt. Ich denke - für mich persönlich - dass ich schon den ganzen Tag über benötigen werde. Oder mir einfach diese Zeit nehme. Bis Sonnenuntergang oder knapp danach sollten wir fertig sein. Nun schnell ins Bett, denn wir wollen am Sonntag bereits um 7 Uhr wieder im Bus sein und gen Heimat rollen.
 
Simone Orsucci siegt beim Gran Fondo Nove Colli - ob wir
uns beim Everesting auch so freuen werden?

Fakt 4: Der Preis. Was kostet der ganze Spaß? Die wichtigste Frage für Euch. Wir können diese Frage leider erst wirklich beantworten, nachdem sich alle für das Event verbindlich angemeldet haben. Warum? Wir teilen uns die Kosten. Je mehr mitkommen, desto weniger für alle. Allerdings desto größer auch der Bus. Plant mindestens 280 € ein, das ist der Betrag, den wir aufrufen, wenn 6 von Euch mitkämen. Je weniger wir am Ende werden, desto mehr wird es - mehr als 350 € werden es allerdings sicher auch nicht. Nochmals: Wir machen mit den Event keinen Gewinn oder so, sondern teilen die Kosten auf. 

Dennoch, ich denke, für ein 3,5-tägiges Wochenende, Eure An- und Abreise, super Doppelzimmer mit Frühstück und Wellness-Zugang und ein lecker Büffett mit allerlei leckeren Speisen und Getränken beim Event - eigen organisiert wird das auch nicht billiger. 


Also - schreibt mich gern an, wenn Ihr Lust habt, gemeinsam mit Heiko und mir diesen Hammerberg auf den Spuren Marco Pantanis, Udo Bölts´ und Simone Orsuccis zu erobern - ich würde mich sehr freuen, dieses Abenteuer mit Euch durchzuziehen und Euch Donnerstag-Abend ab Hamburg und entlang unserer Fahrtroute einzusammenln.


Großes Dankeschön an Rudi Altig, an Simone Orsucci und Udo Bölts für die langen, ausführlichen und sehr interessanten Interviews! Danke auch an Jockel Faulhaber - JOCKELs RENNRAD SAMMLUNG und Hennes Roth für die tollen Fotos!









MORTIROLO 15.-17. Mai - JETZT ANMELDEN
MONT VENTOUX 29.-31. Mai
RETTENBACHFERNER 19.-21. Juni
COL DU GALIBIER 7.-9. August
COL DE LA BONETTE 28.-30. August

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