22. Dezember 2010

Fizik Antares Kium vs. Prologo Nago - mein neuer Rennrad-Sattel

Ach, herrlich, Weihnachten. Etwas mehr Geld als sonst auf dem Konto - Rennrad-Teile kaufen! Und was mich schon immer an meinem Cervélo gestört hat - der Prologo-Sattel. Nicht, dass der nicht gut wäre. Nein, nein, gut ist er. Ein feines Produkt.

Nur halt nicht authentisch.
Ein Cervélo hat Fizik zu fahren.

Gesagt - getan. Heute schraube ich mir meinen nagelneuen Antares Kium auf die Sattelstütze. Ein feines Teil. Weiß-schwarz, so muss es sein.

Es ist nicht die Carbon-Version, denn die ist nun wirklich nur für den Renneinsatz konzipiert, berät mich mein Verkäufer. Anscheinend mögen die Carbon-Klemmungen keine Satteltaschen und Ähnliches.

Also lege ich mir die Titan-Variante zu. Und diese ist mit 175 Gramm Gewicht nur unwesentlich schwerer wie ihr Rennbruder. Und dabei noch weit über 100 Gramm leichter als der Prologo.

Der ist wohl eher die Bequem-Variante für Tourenfahrer. Eigentlich genau das Richtige für mich. Aber eben nicht authentisch ...

Im direkten Vergleich der beiden Sättel fällt mir nicht nur das Gewicht, sondern auch deren Härte auf. Während der Prologo eine - und jetzt weiß ichs genau - satte Polsterung aufweist, ich meinen Daumen fast 5 mm tief in die Sitzfläche eindrücken kann, gibt die Polsterung des Fizik nicht einmal 1 mm nach.

"Normale Rennhärte" könnte man das nennen.

Dafür aber, das erfahre ich, als ich gerade eine Stunde zur Probe auf der Rolle fahre, gibt der neue Fizik spürbar flexibel im Mittelteil nach, dort, wo der Prologo steif wie ein Brett auf der Klemmung gesessen hat.

Ich fahre eine Stunde auf der freien Rolle und merke nach 40 Minuten was den wirklich großen Unterschied ausmacht: Der Fizik belohnt Rennhaltung.

Mein alter Sattel hat mich eher zum "Aufrechtfahren" gezwungen. Dadurch, dass der neue Fizik am Damm so schön flext, ist er in Untenlenkerposition sehr viel bequemer als der Prologo - und damit im Renneinsatz weniger ermüdend.

Und mal ehrlich: Das Rad sieht so viel schöner aus!

Nach einer Stunde Training kann ich natürlich noch nicht so viel sagen, aber ich denke, wenn ich weiter so fleißig Rollentraining betreibe - immerhin seit Oktober ca. 1.900 km - wird sich mein Sitzfleisch schon richtig gut mit dem neuen Antares angefreundet haben.

Aber was ich sicher sagen kann ist: Der Kauf hat sich definitiv gelohnt. Mein Cervélo R3 sieht nun noch mehr nach Cervelo aus. Nun fehlen nur noch der 3T-Vorbau und der Carbon-Lenker.

Oder, wie Harald mich fragte: "Wenn Cervélo auf Stacheldraht fährt, holst Du Dir das dann auch?"
"Klaro!", antworte ich: "Hauptsache, das Zeug ist dann aus Carbon!"


In diesem Sinne: Ein frohes Fest Euch allen.


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13. Dezember 2010

Giro d´Italia mit Tour de France-Profis: Vortrag beim ADFC Hamburg

Wie ich es geschafft habe, mit 3 Rennrad-Profis aus den Teams Caisse d´Epargne und Lampre auf Sizilien ein paar Kilometer zu fahren, was die Tour de France-Profis mir auf meinen persönlichen Giro d´Italia für Tipps mitgegeben haben?

Ihr erfahrt es am Dienstag den 14.12. ab 19:30 Uhr in der ADFC-Geschäftsstelle in der Koppel (hinter der Langen Reihe)

Wir sehen uns?

Mehr Informationen gibt es auf der ADFC-Hamburg-Website

Tja, und wer es leider nicht schafft, morgen nach Hamburg zu kommen, dem kann ich den mioGiro-Blog empfehlen. Leider gibts hier vorerst lediglich die ersten 5 Etappen nach Bella Roma zu sehen und zu lesen, aber der Rest kommt.

Versprochen!

26. November 2010

Arschcréme oder nicht? Ein Hoch auf die Gesäßcremes.

Wer hat den knackigsten Hintern? Na klar, der Rennradler!
Aber von nix kommt nix.
Wer schön sein will, muss leiden.

"Na, da hatter aber wieder mal ein Thema!", mögt Ihr denken, aber mal ehrlich - wenn mal es mal genauer betrachtet, ist das Thema Po-Schmerzen von allergrößter Bedeutung für einen Rennrad-Fahrer, oder?

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber bei mir meldet sich spätestens nach 100 Kilometern der Hintern und beginnt mit sturer Akrebie jede noch so kleine Bodenwelle zu quittieren. Das ganze ist aushaltbar, keine Frage. Aber nach 150 Kilometern nur noch mit eisernem Willen zu ertragen.

Und mehr als 90 Minuten Rolle - wo ich nicht einmal kurz in den Erholung versprechenden Wiegetritt gehen kann - sind auch nur schwer zu ertragen.

Abhilfe kann hier eine Gesäßcreme bringen.

Will uns die Werbung glauben machen. Und da mir meine diesjährige Sommertour durch Italien 10 Etappen mit über 100 Kilometern beschert hatte, besorgte ich mir damals sogleich eines dieser Top-Produkte: Das Schweizer Fabrikat "Sportique Century Riding Creme".

Natürlich nur mit natürlichen Zutaten.
Faltenglättend.
Rechtsdrehend.

Und so, wie wir es von Eule in "Höllentour" gesehen haben, schmierte ich mir das wohlriechende Gesalbe am Morgen jeder Etappe großflächig auf das Polster meiner Rennradhose - und später auch immer abends ins Gesicht, da ich Trottel meine Nivea vergessen hatte.

Um es vorweg zu nehmen: Geschadet hat es nicht. Weder am Hintern noch im Gesicht. Das Zeug riecht gut, macht, was es machen soll - obschon es sich anfangs beim Einsteigen in die Shorts schon ein wenig klamm in der Kimme anfühlt.

Irgendwie wie Pischi-Kaka damals ...

Wie ich ohne Creme die 1.200 Kilometer durch Italien überlebt hätte, weiß ich nicht. Aber während der letzten drei Etappen in Sizilien konnte aber selbst eine zentimeterdicke Arschcreme-Schicht nicht verhindern, dass ich zuhause einen rot-glühenden Abdruck meines Prologo-Rennradsattels am Arsch hatte.

Und mich meine Freundin seitdem liebevoll "mein Pavian" nennt.

Alternativ, so lese ich nach meiner Rückkehr, sei auch ganz normales Melkfett aus dem Drogeriemarkt zu nehmen. Gesagt getan: Ich kaufe mir einen Bottich (mit Ringelblumenextrakt - soll ja gut für die Haut sein) und spachtele mir die Buxen voll, als ich beim Münsterland.Giro an den Start gehe.

Dass ich durch die Ringelblumenausdünstungen dufte wie die Insassen der Klinik, in der ich vor Jahren meinen Zivildienst abgeleistet habe, bleib nur kurz erwähnt.

Gebraucht hätte ich diese Variante von Rennrad-Arsch-Creme beim Giro jedenfalls nicht: Die Schmerzen, die ich von den permanenten Krämpfen hatte, waren in jedem Fall größer, als mein Hintern sie je hätte verursachen können.

Also was denn nun? 18 € für das Top-Produkt aus dem Rennrad-Shop oder doch schnell bei Schlecker ein Döschen geholt?

Ich sag es mal so: Wenn man nicht gerade an 200 Gramm Zusatzgewicht für Nivea sparen will und auch sonst vielleicht seiner Freundin was Gutes tun will ... dem würde ich zum Melkfett raten.


Aber egal was Ihr nehmt - es ist eh für den Arsch.

Schönes Wochenende.

8. November 2010

Rennrad-Saison 2010 - das war´s

Oha, was für ein Jahr, oder?
Für mich jedenfalls.

Zunächst investiere ich mich halb tot, um aus meiner HP Velotechnik Speedmachine aufwändig eine Edizione Bianchi zu machen - und dann fahre ich nicht einmal 6 Wochen mit dem neuen Schmuckstück.

Verkaufe das Liegerad, um mir einen reinrassigen Carbon-Renner zuzulegen.

Warum? Nun, das haben mich viele gefragt. Viele Freunde und viele Leser meines Speedmachine-Blogs. Die Antwort war einfach: Weniger Zeit = weniger ausgedehnte Touren = Bedarf an einem einfacheren, leichteren, sportlicherem Gerät = Rennrad.

Dazu kommt die Beziehung. Als Single sind 3-Wochen-Trips durch die Rockies, Arschaufreißen in den Steigungen Japans oder Brutzeln unter Portugals Sonne kein Problem - aber welche Freundin macht sowas mit? Immer getrennt die Jahresurlaube verbringen, das geht nicht.

Nein, es musste ein Sportgerät her, mit dem ich meine Speed-Süchte ausleben, ja ausreißen, fast überreizen konnte, ohne dabei 3 Wochen lang unterwegs sein zu müssen.

Das Cervélo R3 ist da perfekt.

Und wie! Eine neue Sucht entwickelte sich: Rennen zu fahren.
Oh, Jungs, was für eine tolle Sache! Was für ein Spaß, welch´ Adrenalin-Kitzel, welch Schocktherapie, Lachkrampf, Wadenattacke und Lungenberserker! Rennen zu fahren ist meine neue Leidenschaft.

Dieses nicht schlafen können in der Nacht davor, sich Transponder und Startnummern anbauen, das Gefühl, gleich stundenlang Vollgas geben zu müssen, sich messen zu können. Dieses Wabern in der Luft vor dem Start, nervöses Gezucke an Trikots und Helmen, bange Blicke beim Countdown und dann, nach dem Startschuss, das Reintreten, das Brennen in den Lungen, die Tränen in den Augen, nicht mehr können, sich leer fahren, alles geben, fast scheitern, fast stürzen, fast umfallen und doch ... die Ziellinie, diese Welle aus Adrenalin, Endorfine, die einem aus den Ohren quellen, Glück, Grinsen bis zum Gehtnichtmehr, Glück, nicht in die schrecklichen Stürze verwickelt zu sein, Nicht abgeräumt worden zu sein.

Rennen fahren. Das ist es! Das mache ich! Das ist der Hammer!
2010 beginnt mit dem Elbinsel-Radrennen der RG Uni. Nur 3 Runden auf der Elbinsel, eine geniale Strecke, 66 Kilometer nur - dafür Vollgas von der ersten bis zur letzten Minute. Immerhin schaut Hanka Kupfernagel zu (die später das Elite-Frauenrennen gewinnt) und das Trenga-Werksteam sowie die harten Jungs von der RG Uni geben das Tempo vor. Und das ist hoch.

Ich rase um Kopf und Kragen, die Lungen brennen - einer brüllt atemlos neben mir "52 km/h!!!" und ich komme glücklich ins Ziel. Glücklich, weil genau neben mir 3 Rennradreifen mit 9 Bar Druck explodieren, die Jungs fast stürzen und dann, wenige Kilometer vor dem Ziel, sich zwei Rennfahrer neben mir abschießen.

Splitterndes Carbon fliegt durch die Luft, Leute schleifen schreiend über Asphalt. Nicht schön.

Mein zweites Rennen sind die Cyclassics. Und das schon für mein neu gegründetes SunClass-Rennradteam. Eine super Erfahrung: Zusammen mit 20.000 anderen Rennradlern geht es auf die 155 Kilometer lange Strecke - bestes Wetter.

Mit extremem Wassermangel. Die Köhlbrandtbrücke genieße ich noch. Die Steigungen in Wedel brechen mir fast das Genick - es wabert der Krampf in den Waden. Nur eine drastische Tempokürzung rettet mich aufrecht ins Ziel. Und wieder diese Glückshormone. Wieder dieses Gefühl, etwas ganz Besonderes geleistet zu haben. Jemand ganz Besonderes zu sein. Herrlich.

Wenn ichs nicht eh schon längst bin - nun ist es amtlich: Ich bin rennradsüchtig!

Wenig später, es ist Oktober, gehe ich beim Münsterlandgiro - ebenfalls wieder im Trikot der Equipe SunClass - an den Start. Als 5er Team starten wir in die 150 Kilometer.

Wundervoll - am Tag der Deutschen Einheit tut sich die Sonne aus und spendiert uns noch einmal einen Tag mit über 20 Grad und Sonnenschein. Nicht weniger beeindruckend ist die Strecke: Idyllisch, fast schon zu idyllisch geht es durch das tolle Münsterland, oftmals abgelenkt von den schicken Aussichten ist der mitunter harte Gegen- und Seitenwind fast vergessen.

Nur die beiden hammerharten Bergprüfungen holen uns schmerzhaft ins Hier und Jetzt zurück. Krämpfe plagen mich (vollkommen untrainiert seit den Cyclassics) und so komme ich gerade noch so mit einer nicht ganz so ruhmreichen Zeit ins Ziel.

Aber wenigstens geschafft - anders, als beim Saisonabschluss zwei Wochen später. Beim Zeitfahren Hamburg-Berlin versage ich vollkommen. Einbruch nach nur 116 von 280 Kilometern.

Meinen Teamkollegen Steven erwischt es nach 160 Kilometern. Aber viel gelernt wenigstens.

Tja, und was war nun 2010? Switch Liegerad-Rennrad ist problemlos verlaufen, sogar meine 14-tägige Tour von Venedig nach Catania, meinen ganz persönlicher Giro di´Italia, kann ich ohne Probleme durchziehen, 1.200 Kilometer durchs Rennradparadies.

Und doch: Schaue ich mir die Statistiken an, komme ich ins Grübeln:
Beständig geht es mit meinen Kilometerleistungen bergab. Das muss - das wird - sich ändern. Einige Rennen mehr werden 2011 auf dem Kalender stehen, und schon jetzt mühe ich mich auf der Rolle ab, um beim GA1- und GA2-Training die Grundlagen für meine erste vollständige Rennrad-Saison zu legen.

Und die wird der Hammer.
Das spüre ich jetzt schon.

Kommt gut durch den Winter.
2011 rocken wir den Asphalt!


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2. November 2010

Tacx Flow vs. Tacx Antares - Feste gegen freie Rolle

Tja, welche ist denn nun besser?

Die feste Rolle, bei der man das Hinterrad mittels einer speziellen Stahlachse zwischen zwei Arme klemmt und das Rad fest auf eine (mein mir elektrisch durch Wirbelströme) Bremse presst, oder die freie Rolle, bei der man ... frei auf drei Rollen balanciert?

Und vor allem: Was macht mehr Spaß?

Vor einigen Tagen bringt mir DHL das lang ersehnte Paket vom HiBike-Versand, innen drin finde ich sie, nicht ganz so schwer und massiv wie beim Flow, die neue freie Rolle. Und da ich mit dem "Flow" von Tacx schon so gute Erfahrungen gemacht habe, bestellte ich mir die freie Rolle "Antares" aus eben jenem Hause.

Warum eine freie Rolle? Nun, in den letzten beiden Winter-Trainings-Saisons habe ich viel mit der festen Rolle trainiert. Watt- und Puls-basiertes Training, Intervalltrainings und einige Conconi-Tests bin ich gefahren, meistens 1-Stunden-Turns, gern auch mal 90 oder 180 Minuten.

Mein Conconi-Test von 2009 und das Liegerad im Tacx "Flow"

Die elektrische Wirbelstrombremse des Flow kann ich bequem vom Lenker - meines damals noch in Gebrauch befindlichen Liegerades - steuern und kann so, meinem selbst erstellten Trainingsplan folgend, den Widerstand der Rolle regulieren und habe immer die Watt, die meine Beine leisten, im Blick.

So weit, so gut.

Aber das Training auf der festen Rolle ist laaaaaaangweilig!
Nichts passiert.
Nichts neues.
Nichts.

Musik hören - Fehlanzeige, es sei denn, man hat schwerhörige oder tote Nachbarn. Der Trainer ist extrem Laut, vor allem, wenn sich (zugegeben nur kurzzeitig) die getretene Leistung der 900, 1.000 Watt-Grenze nähert.

Freie Rolle - schon viel gesehen auf YouTube. Schon viel gehört. Nun will ich es mal testen. Die Aussichten sind verlockend: Das Rennrad steht frei auf 3 Rollen und stabilisiert sich durch die Kreiselkräfte der rotierenden Räder selbst. Das Balancegefühl muss funktionieren, denn auf 30 cm breiten Rollen hat man wenig Spielraum für Schlenkeraktionen.

Ich baue den Trainer auf, es sind nur 6 Schrauben - dauert keine 5 Minuten.
Dann justiere ich den Abstand der Rollen auf mein Rennrad.

Und los gehts.
Denke ich mir.
Ist aber nicht so.

Ich steige auf. Hoch ists. Sehr hoch. Beginne zu treten. Und falle fast um. Ah, okay. Zu langsam getreten - zu viel am Lenker gezurrt. Also wieder von vorn. Aufsteigen, reintreten. Ich trete, fahre, lasse den Balken neben mir los ... uuuuunnnndddddd .... aha, es geht ... es geht ... ha!
Geht nicht!

Hä? Wie war das? Treten und sitzen bleiben?
Das geht doch gar nicht!
Doch geht!
Es geht!
Ein paar Sekunden kann ich mich halten. Halten. Schlenkern.
Abspringen.
Oha!

Es ist wie Laufen lernen. Wie der erste Kuss. Wie die erste Fahrstunde. Ich dachte immer, ich kann Rennrad fahren. Für die freie Rolle muss ich es neu lernen.

Irgendwann finde ich heraus, dass ich gleich in einem möglichst hohen Gang anfahren muss - so habe ich schon von Anfang an hohe Drehzahlen und damit eine hohe Stabilisierungswirkung meiner Räder. Ich schalte in den höchsten Gang. Und tatsächlich: Schnell schon - es hat nur 10 Anläufe gebraucht - kann ich einigermaßen sicher fahren.

Wehe nur, ich nehme eine Hand vom Lenker.
Oder gehe in Sprintposition.
Oder versuche, mir den Schweiß aus der Stirn zu wischen - ein kurzer Zuck und schon eiert das Cervelo unruhig auf den Rollen hin und her.

Dann muss ich abbremsen. Absteigen. Und neu anfangen.

Mein zweites Training am nächsten Tag ist da schon erfolgreicher: Ich fahre eine Stunde am Stück, strample mich ab und kann sogar mittlerweile nebenbei mein Handy bedienen und trinken, ohne, dass es mich aus der Bahn haut.

Also, wie nun das Training auf der freien Rolle?

Erst einmal: Der Widerstand ist immer der selbe. Und er ist nicht einstellbar, eine Regulierung wie beim Flow ist nicht möglich. Daher kann ich - wenn überhaupt - nur Puls-basiertes Training auf der Freien machen. Und durch den geringen Widerstand auch nur Einheiten im GA1 und GA2. Alles, was darüber geht, ist besser und kontrollierter auf der festen Rolle zu absolvieren.

Was die Feste allerdings nicht kann: Echten Radfahrgefühl vermitteln. Denn die freie Rolle schult sehr gut das Balancegefühl und damit die Radbeherrschung meines Rennrades. Wie oft kommt es bei einer RTF oder einer Rennveranstaltung vor - wie den Cyclassics oder dem Müsterlandgiro - dass man, gerade am Anfang, dicht gepackt im Peloton manövrieren muss?

Oftmals bleiben einem da nur wenige Zentimeter zu Vor- und Nebenmännern. Dann gekonnt und sicher mit nur wenig Platz sicher und vor allem schnell voranzukommen, ist das A und O. Die freie Rolle schult das.

Vergleichen kann man beide also nicht.

Meiner Meinung nach sind beides zwei grundverschiedene Trainingsgeräte, die sich super ergänzen. Die feste Rolle für Kraft- und Sprint-Einheiten, die freie Rolle für Balance und Grundlagenausdauer.

Na, dann kann sie also kommen, die Trainingssaison 2010/2011 - und damit viel Spaß für den diesjährigen Winterpokal der Rennrad-News.



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25. Oktober 2010

Pleite beim Zeitfahren Hamburg-Berlin: Woran hats gelegen?

Wie war das doch gleich - Scheitern als Chance? Oder so. Naja. Sind wir mal positiv, jetzt, 2 Wochen nach unserem verpatzten Saison-Ende. Steven und ich begeben uns auf Fehlersuche, ein Interview soll klären, woran es gelegen hat.

Zittern & frieren schon bei der Anmeldung (Fotos: Nicole/Steve)

Ernährung - Wie habt Ihr Euch vor und während des Brevets ernährt?
Steve: "Ernährung ist sehr wichtig und somit einer der größten Faktoren, die den Ausgang einer solchen Geschichte beeinflussen können. Gels sind super - sie ersetzen die Vitalstoffe und Mineralien, die der Körper verliert. Aber ich vertraue da lieber auf meine selbst gemachten Power-Bars, um die Löcher in meinem Magen zu stopfen."
Lars: "Sich nur von Gels zu ernähren und ansonsten zu hoffen, dass man die Verpflegungspunkte oder Tankstellen erreicht, ist fatal. Das weiß ich eigentlich, aber irgendwie hatte ich das bei HH-B vergessen."

Zum Glück gab es reichhaltig Frühstück: Mein Magen war nämlich leer.
Lars weiter: "Ich hätte mich besser vorbereiten sollen, denn erst jetzt weiß ich, dass entlang der Strecke eher weniger Tankstellen liegen - dafür umso mehr Passagen entlang der wild-romantischen Elbe. Ausblick ja, Essen nein. Also beim Versuch Nummer 2 heißt es: Vollkornbrote in die Rückentasche stopfen!"

Gott segne die RG Endspurt und das Checkpoint-Büffet!

Lars: "Ich war froh, dass die RG Endspurt dieses geniale Büffet und super Verpflegung beim Checkpoint aufgebaut hatte, sonst hätte ich nicht einmal die läppischen 116 km überlebt. Von Nicoles voll gepacktem Catering-Van einmal abgesehen: Das war das Paradies."

Bekleidung - Haben Eure Klamotten versagt? Es gab nass-kaltes Wetter mit extremen Windbedingungen an jenem 16. Oktober.

Steve: "Ich hatte komplett die falschen Klamotten für meinen Oberkörper an. Die Kälte an diesem Tag vollkommen unterschätzt. So musste ich einen dicken Fleece-Pulli über meinen Funktionsklamotten tragen, die dann natürlich nicht mehr richtig funktioniert haben."

Lars: "Ich hatte mich zwar nach dem Ziebelprinzip mit nicht weniger als 4 Schichten oben und einer dicken langen und einer dünnen langen Hose unten angezogen, aber das reichte nicht.
Erst mein Baumwollpullover brachte die ersehnte Wärme. Zusammen mit der Windjacke war ich eigentlich ganz gut geschützt."

Gegen die trainierten Meister-Rendonneure sahen selbst die Liegeradler alt aus.

Lars: "Allerdings sind wir auch nicht in jenen fiesen Regen gekommen, der ab 18 Uhr die Fahrer gequält hatte. Da hätten meine Klamotten versagt. Zudem hatte ich nichts für die Füße, da werde ich im nächsten Jahr sicher mit Rennrad-Überziehern antreten."

Steve: "Für nächstes Jahr muss ich entscheidend an der Winddichtigkeit und dem - geringen - Gewicht meiner Klamotten arbeiten!"

Training - Wie habt Ihr Euch auf diesen Brevet vorbereitet?

Lars: "Zu wenig!"

Steve: "Du kannst so etwas trainieren - zum Beispiel, indem du das Ironman-Radfahrtraining machst. Ich selbst aber bin relativ unvorbereitet in dieses Abenteuer gestartet. Und rein körperlich kam ich eigentlich auch ganz gut zurecht."

Lars: "Ja, klar: So eine Strecke geht man nicht einfach mal so aus der Kalten an. Cyclassics, Münsterlandgiro, da geht das alles noch. Die Strecken sind kürzer, wesentlich kürzer, und der Windschatten des Grupettos saugt einen mit."

Cervélo P2 Zeitfahrrad: Mir zu extrem. Für Steve das Rad der Wahl.

"Wie aber schlechtes Wetter und Gegenwind, fehlender Windschatten und niedriger Adrenalispiegel das Aus bedeuten können, merkte ich schnell an dem Tag. Schlecht trainiert, verletzungsanfällig - und schon ist man draußen!"

Steve: "Stunden, Stunden, Stunden langweiliges GA-1-Training ist die Voraussetzung, für so einen Trip! Du brauchst Stamina und viel Kondition, um 280 km im Rennrad zu ertragen."

Technik - Welchen Einfluss hatte das Material, das Ihr gefahren seid? Immerhin seid Ihr beide mit sehr unterschiedlichen Rädern angetreten.

Lars: "Mein Cervélo R3 ist ein reinrassiges, sehr steifes Rennrad, das für ebensolche Rennen optimiert ist. Es hat nicht umsonst Paris-Rubaix 2 mal gewonnen. Auch bei der Wahl meiner Laufräder bin ich mit den - nicht sehr aerodynamischen, dafür extrem steifen und robusten - Mavic R-Sys bewusst auf das eher tourenorientierte Fahren gegangen. Mein Rad hat sich an jenem Tag perfekt angefühlt: Auch wenn es ein Zeitfahren war, mit den Jungs auf den extremen Zeitfahrmaschinen will ich in keinem Fall tauschen!"

Das edle Cervélo P4 Carbonmonster: Nur was für (betuchte) Könner.

Steve: "Mit meinem Cervélo P2 - einem streamline-Triathlon-Rahmen - habe ich mich sehr gut gefühlt. Ich habe mich bewusst für dieses und gegen mein Trenga-Rennrad entschieden. Gerade, wenn der Wind von vorn kam, hat er mich weniger gebremst, als Lars (hatte ich das Gefühl.) Und da ich viel mit dem P2 fahre, war auch die extreme Zeitfahrhaltung kein Problem. Next year: Again."

Die Cervélo-Boys im disziplinierten Belgischen Kreisel.

Motivation - Welche Rolle spiel die Psyche bei dieser Art von Rennen?

Steve: "Fast die wichtigste Rolle!"

Lars: "Ich war sehr motiviert - aber anders als bei den vorhergehenden Rennen auch sehr vorsichtig, was meine "innerlichen" Prognosen anging. Diesmal gab es so viele Unbekannte: Strecke, Wetter, meinen Hintern ... Motivationsmäßig habe ich für nächstes Jahr aber definitiv vor, dass am Zielort meine Freundin auf mich warten wird. Und das in einem Hotelzimmer mit Jacuzi! Wie viel Antrieb das Wissen, dass seine Freundin auf ihn wartet, Steve gebracht hat, war Wahnsinn!"

Rückenschmerzen? Nach 100 km normal.

Steve: "Meine Motivation war hoch. Aber an sich auch ein Fahrt ins Ungewisse. Wenn man so etwas zum ersten Mal macht, überwiegt immer das Abwartende - nun aber weiß ich, was Phase ist und kann 2011 richtig durchstarten!"

Team - Ihr seid als Team gestartet. Welche Dinge sollte man beachten?

Lars: "Es war meiner Meinung nach ein Fehler, dass Steven und ich überhaupt keine Teamstrategie hatten. Wie auch? Wir hatten uns nach dem Münsterlandgiro und vor dem Brevet nicht ein einziges mal mehr sehen können. Für das nächste mal, müssen wir mehr besprechen, mehr "what if?"-Fälle durchspielen."

Thumbs up & weiter gehts: Im Team herrscht gute Stimmung. Swanjee-Power!

Steve: "Gute Frage. Ich denke, es kann jedem passieren, dass der Körper plötzlich versagt, so wie es Lars passiert ist. Natürlich sollte man sich aber auch vorher ganz genau überlegen, ob man eine solche Distanz überhaupt schafft - beziehungsweise, wenn man weiß, dass man dann und wann körperliche Zipperlein hat, vielleicht die Strecke anders angehen, mehr Stops planen oder so. Vielleicht auch als Einzelstarter das ganze angehen. Am Ende ist es TEAM WORK, Baby ..."

Lars wieder: "Ich frage mich heute, mit ein paar Tagen Abstand, was wohl passiert wäre, wenn wir ausgemacht hätten, eben nicht gleich auszusteigen. Was wäre, wenn wir vereinbart hätten zu sagen: "Lars, pass auf - zieh dir ein Gel rein, wir fahren erst mal bis Wittenberge und gucken dann!" Was wäre, wenn wir ausgemacht hätten, uns erst zu motivieren - und dann, wenn wirklich nichts geht, auszusteigen? Keine Ahnung - ein kaputtes Knie ist ein kaputtes Knie. Aber andererseits: Wer weiß? Vielleicht wär es nach 20 Kilometern vorbei gewesen? Oder auch nicht?!?"

Enttäuscht aber umso motivierter für 2011!
Win-Factor - Was ist Eurer Meinung nach der wichtigste Faktor bei einer solchen Fernfahrt?

Lars: "Vor allem erst einmal die Psyche. Alles, was mehr als 160, 180 km auf dem Rennrad gefahren wird fährt man, weil der Kopf es so will. Die Muskeln, das Sitzfleisch will dann nämlich schon längst nicht mehr. Ein gutes Team mit gesundem Teamgeist ist das zweitwichtigste. Wenn man dann noch gutes Material (vor allem am Körper) hat, dann kann einen auch das bescheidenste Wetter nicht am Erfolg hindern."

Steve: "Gesundheit/Training ist der wichtigste Punkt für mich. Erst dann kommt die Motivation und - das sehe ich auch so wie Lars - die Kleidung an Platz drei. Alles andere kann man noch hinbiegen."


Wir danken uns für dieses Interview. Aber keine Bange: Nächstes Jahr kommen wir wieder. Und nächstes Jahr schaffen wir das. Sicher & Versprochen!


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22. Oktober 2010

Aero-Rahmen - was bringen sie wirklich?

Als ich das Zeitfahren Hamburg-Berlin bestreite, tritt mein Teamkollege Steven mit seinem Zeitfahr-Bike Cervélo P2 an. An sich eine kluge Wahl: Denn die 280 km lange Strecke ähnelt mit ihrem sehr flachen Profil eher einer Ironman-Raddistanz als einem klassischen Rennrad-Rennen.

Ich beobachte an Stevens Rad - im Vergleich zu meinem Cervélo R3 - eine logische, aber trotzdem faszinierende Sache: Er ist bei (anscheinend) gleicher Tretleistung schneller als ich, selbst wenn ich in Untenlenkerhaltung bin.

Wir testen das bei einer der wenigen Abfahrten - nahe der Elbe geht es einige Male halbwegs schnell 7-8%ige Rampen bergab. Steve geht in Zeitfahrtposition, ich in Sprinthaltung. Bis etwa 50 km/h sind wir gleich schnell. Dann muss ich reintreten - während er noch viel länger rollen kann. Und sogar weiter beschleunigt.

Klar - je höher der Speed desto größer der bremsende Anteil des Luftwiderstands. Als gestandener Liegeradfahrer weiß ich das nur zu gut. Aber das Steve so viel schneller wird, das hätte ich nicht gedacht.

Also, was hat das nun auf sich mit diesem Mega-Trend, der für 2011 (und mehr noch für 2012) viele neue Modelle und der Rennradbranche einen Verkaufsboom beschaffen wird? Canyon bietet schon länger widerstandsoptimierte Bikes an, das nagelneue Flasggschiff vob Bianchi - das superschicke Oltre - weist aero-Features auf, die Liste der Aero-Räder ist lang.
Und die Käufer: Lieben es!

Mein Hersteller Cervélo rühmt sich, Erfinder der Aero-Bikes zu sein. Und das S3 gilt auch als eines der leichtesten und schnellsten seiner Art. Generell sind Aero-Rahmen schwerer als die klassischen. Das liegt daran, dass abgeflachte Rohrquerschnitte, die aerodynamisch optimiert sind und Flügelprofile nachbilden, schmaler und daher verwindungsanfälliger sind, als rundere Querschnitte. Das muss durch mehr Material - und damit mehr Gewicht - wieder herausgeholt werden.

Der aktuelle Cervélo R5-Rahmen wiegt unter 780 Gramm.
Der des S3 ganze 975 Gramm.

Okay, okay, nun wollen wir mal keine Korinthen kacken - 200 Gramm Ersparnis?
Hier kommt auch der erste Kritikpunkt: Wer braucht ein Aero-Rennrad?

"Ausreißer, die vor dem Peloton herfahren - sogar Abstand gewinnen müssen - und jene 10 bis 20 Watt Ersparnis, die ein Aero-Rahmen bringt, bitter brauchen" - steht in den Fachmagazinen.

Okay. Ausreißer vom Peloton also. Und wir? Wir Normalos? Wie Cyclassics- und RTF-Fahrer?

Sicher. Wir brauchen kein Aero. In den Bereichen, in die wir vorstoßen, kommen wir kaum an die Grenzen, ab denen ein Widerstand-optimiertes Rennrad wirklich etwas bringt. Und vor einem Peloton fahren wir auch höchst selten her. Ich zumindest.

Aber hey: Wir sind Männer. Und Männer haben gern das Neueste. Das Beste. Das Teuerste. Spielzeuge eben. Rennradfahren ist Leidenschaft - und wo, wenn nicht beim Material beginnt diese Leidenschaft? So ein Neilpryde Rahmen zum Beispiel - ist das eine Stealth-Waffe? Ist das nicht einfach nur saugeil anzusehen?

So ein High-Tech-Monocoque-Super-Nanotech-Powerrahmen erfreut seinen stolzen Besitzer doch schon, wenn er einfach nur im Wohnzimmer steht. Wenn er schick und schnell aussieht und an verregneten Sonntagen blitzeblank geputzt wie ein Kunstwerk daher kommt.

Wenn man dann der (natürlich überaus interessierten) Freundin mit Stolz geschwellter Brust verkünden kann, dass dieser, genau dieser Rahmen den cw-Wert eines Formel-1-Autos hat, dann, tja, dann hat man DAS Argument, warum der gemeinsame Salsa-Tanzkurs leider doch wohl erst im nächsten Winter stattfinden kann ... wird sie verständnisvoll nicken, sich mit ihrem Manne freuen und sogleich eine neue passende Trägerhose shoppen gehen. Schön wärs.

Aber mal ehrlich: Brauchen tut das doch nur Hushhovd, Cavendish & Co.
Unsereiner ... brauchts eher für die Psyche. Und wenn ich dann das - meiner Meinung nach zurzeit spannendste Aero-Bike - Scott F01 sehe, dann geht mir einfach nur das Herz auf:

Quelle: Scott-Bikes
Kamm-Profile anstelle der 0/8/15-Flügelrofile, mal wirklich spannende Formen, trotzdem ein tolles Design: Einfach herrlich. Der Habenwollen-Druck bei diesem, wohl ab Frühling ´11 erhältlichen Superrenner ist fast schon als unwiderstehlich zu bezeichnen.

Tja. Und dann holt einen die Realität ein.

Aber Gottseidank ist die, was mich betrifft, alles andere als trist: Immerhin steht da mit dem Cervélo R3 zwar kein aero-optimiertes Rennrad, wohl aber eine richtig geile Fahrmaschine im Wohnzimmer.

Und darüber freut sich meine Freundin - tüüüürlich! - auch schon ganz schön ...

Ein schickes Wochenende Euch allen.



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