Jetzt am Wochenende geht es ja los - zusammen mit meinen 3 Cyclassics-Mitstreitern Steve, Heiko und Flo und einer neuen, unbekannten Cervélo-Dame, werden wir am Samstag den IC gen Münster besteigen um am Tag der Deutschen Einheit die 125 km-Runde des Münsterland Giro zu bestreiten.
Heute erlaubt das Wetter in Hamburg mal wieder eine Trainingsrunde, also packe ich beizeiten mein Büro zusammen, kleide mich in lange Funktionstextilien und besteige mein R3 um das Rennrad auf der bekannten 60 km-Runde noch einmal abschließend zu bewegen.
Und schnell merke ich, dass ich irgendwie völlig out-of-shape bin. Kalt ist es, es geht auch ein bisschen Wind, aber das ist es nicht, was mich bremst. Seit den Cyclassics im August war ich lange schon nicht mehr "richtig" trainieren. Wie eingeschlafen fühlen sich meine Beine an, obwohl ich mich über jeden Meter, den ich auf meinem Rennrad absolvieren kann, freue.
Ich passiere den Hafen, wild-romantisch zerpflückt der Wind dicke Wolkenpakete über mir. Dann den Deich entlang bis Wilhelmsburg, wo ich nach der Elb-Querung endlich gen Winsen-Luhe meine Ruhe finde und behend kurbeln kann.
Flott geht es voran, vor mir schießt ein Mountainbike mit Triathlon-Aufsatz auf die Straße - Den kriege ich!
Ich trete und trete, arbeite mich langsam ran. Es tut weh, ic h beiße, irgendwann habe ich ihn ein. Hoch sitzt er da auf seinem silbernen Conway, trägt einen Rucksack, kreiert mächtig Windschatten, den ich ausnutze, um etwas zu verschnaufen: Alter! Ich bin fertig!
Ich ziehe irgendwann vorbei, grüße nett. Dann setze ich mich vor ihn ... und komme nicht weg! Das 12 Kilo-MTB bleibt an mir dran. Ruhig kurbeln seine Waden, die dicker sind, als mein Brustumfang, neben mir. 5 Minuten halte ich es im Wind aus, dann überholt er mich wieder.
Er lächelt milde.
Autsch! Das tat weh.
42 km/h steht auf meinem Garmin Forerunner und ich muss beißen, selbst im Windschatten an ihm dran zu bleiben. Kein gutes Omen für den Müsterland Giro. Irgendwann, kurz vor Fliegenberg, drehe ich ab.
20 Kilometer geschafft - die restlichen 10 bis zum Wendepunkt Hoopter Fähre spare ich mir. Allein gehts zurück. Beine wie Blei. Gedanken wie Pech.
Eine Stunde später - und als es bereits dunkel ist kann ich die Leuchtkraft meiner neuen Cateye-Funzel austesten - erreiche ich meine Wohnung.
Ich bin glücklich, aber auch fertig, dampfe unter der Dusche und frage mich, wie um Himmels Willen ich mit dieser (Nicht-)Form das 125 km-Rennen bestreiten will. Der Giro wird kommen - 125 Kilometer und 700 Höhenmeter. In 2 Tagen.
Und - ich trockne mich gerade ab - zwei Wochen später das Zeitfahren Hamburg-Berlin. 275 Kilometer. Non-Stop. Und wie das gehen soll, ist mir jetzt auch noch ein Rätsel.
Aber nun ... erstmal ein Glas Rotwein ...
Gefahren: 40,65 km in 1:32 h BRUTTO mit einem 26,4er Bruttoschnitt. Au Weia!
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29. September 2010
21. September 2010
New Cleats on the Block
Tja, da wars soweit: Nach fast 3.700 Kilometern auf meinem Cervélo-Rennrad sehen meine Shimano SPD-SL Cleats schon ziemlich ramponiert aus.
Nein, nein, funktionieren tun die noch einwandfrei, aber man weiß ja nie. Und da ich mich eh für die Herbst-Saison neu eingedeckt habe (mit Armlingen zum Beispiel), griff ich einfach zu und kaufte mir neue Cleats.
Aber, das muss man sich auch mal vorstellen: Wenn man im Stadtverkehr (und da fahre ich geschätzte 70 % meiner Kilometer) etwa 5 mal pro Kilometer ein- und ausklickt, dann sind das ... 12.950 Klickvorgänge.
Also 12.950 mal einklicken.
12.950 mal ausklicken.
Und dann, die restlichen 30 % fahre ich Überland, Langstrecke, wo ich wenig klicke, bestimmt aber alle 5 Kilometer einmal rein und raus. Kommen also nochmal ... 222 mal einklicken und 222 mal ausklicken.
26.344 Klicks.
Hicks.
Wow, mache ich da und mir wird die Dimension bewusst.
Was diese kleinen Plastikteile so über sich ergehen lassen müssen?! Und das sind nur die Klicks. Wie oft steigt man ab und läuft mit den Klickies unbeholfen wie ein frisch geborener Pinguin oder wie ein betrunkener Taucher zum Currywurststand oder zum Pinkeln?
Wie oft knarzt und kracht es, wenn wir die Kellertreppe auf rauem Beton zum Rennrad hinabsteigen?
Also, mal ehrlich, angesichts dessen - verneige ich mich vor den Cleats. Und wünsche dem neuen Set erstmal viel Spaß. Eingefahren wird es übrigens beim MünsterlandGiro am 3. Oktober - dort gehe ich nämlich mit ihnen an den Start.
Denn: Gut geklickt ist halb gewonnen!
.
Nein, nein, funktionieren tun die noch einwandfrei, aber man weiß ja nie. Und da ich mich eh für die Herbst-Saison neu eingedeckt habe (mit Armlingen zum Beispiel), griff ich einfach zu und kaufte mir neue Cleats.
Aber, das muss man sich auch mal vorstellen: Wenn man im Stadtverkehr (und da fahre ich geschätzte 70 % meiner Kilometer) etwa 5 mal pro Kilometer ein- und ausklickt, dann sind das ... 12.950 Klickvorgänge.
Also 12.950 mal einklicken.
12.950 mal ausklicken.
Und dann, die restlichen 30 % fahre ich Überland, Langstrecke, wo ich wenig klicke, bestimmt aber alle 5 Kilometer einmal rein und raus. Kommen also nochmal ... 222 mal einklicken und 222 mal ausklicken.
26.344 Klicks.
Hicks.
Wow, mache ich da und mir wird die Dimension bewusst.
Was diese kleinen Plastikteile so über sich ergehen lassen müssen?! Und das sind nur die Klicks. Wie oft steigt man ab und läuft mit den Klickies unbeholfen wie ein frisch geborener Pinguin oder wie ein betrunkener Taucher zum Currywurststand oder zum Pinkeln?
Wie oft knarzt und kracht es, wenn wir die Kellertreppe auf rauem Beton zum Rennrad hinabsteigen?
Also, mal ehrlich, angesichts dessen - verneige ich mich vor den Cleats. Und wünsche dem neuen Set erstmal viel Spaß. Eingefahren wird es übrigens beim MünsterlandGiro am 3. Oktober - dort gehe ich nämlich mit ihnen an den Start.
Denn: Gut geklickt ist halb gewonnen!
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17. September 2010
Im Olympiamuseum Köln
Geschäftsreisen haben ja auch was Gutes - denn manchmal platzen Termine oder sie entpuppen sich als weniger zeitintensiv als vermutet. So wie gestern: Ich schlendere über die dmexco-Messe in Köln, sehe alles, was ich sehen muss und ... fffffuuuuuiiiiiii ... ist es 12:30 Uhr. Noch Zeit bis zum zweiten Termin.
Also auf ins Olympiamuseum - mal sehen, was es radsporttechnisch zu bieten hat.
Nicht viel, das sei mal gleich gesagt. Aber das, was sie haben, ist hochinteressant: Zum Beispiel das Zipp 2001, eine der ersten aero-optimierten Zeitfahrmaschinen der Welt. Ja, richtig gehört, Zipp hat den Rahmen damals noch selbst konstruiert und gebaut.
Eine extreme Maschine in allen Belangen. Und obwohl schon fast 10 Jahre alt sieht dieses Frame aus, als wurde es soeben erst aus den Labors und Konstruktionsbüros gerollt. Keine Sitzstrecken, tropfenförrmige Rohquerschnitte, extreme Position, vollverkleideter Antrieb. Schickes Teil!
Nur die Farbe, die hätte ich anders gewählt ...
So bummle ich durch die Olympiageschichte, sehe Artefakte und viele Fotos, Klamotten, Boxhandschuhe, einen Vierer-Bob, sehr viele Poster und Plakate und ... dann ... ja dann stehe ich vor dem Rosa Trikot des Gesamtsiegers der Friedensfahrt, das dereinst unser aller Idol Olaf Ludwig bei der "Tour de France des Ostens" getragen hat.
Na siehste, doch noch an etwas Radsportgeschichte geschnuppert.
Und sogar ein paar alte Kindheitserinnerungen an die spannenden Live-Übertragungen des Rennens Berlin-Prag-Warschau auf DDR-1 wachgeküsst.
Hat sich also sehr gelohnt, das Olympiamuseum. Kleiner Tipp, wenn Ihr mit Euren Herzdamen anreist: Direkt daneben ist das Schokoladenmuseum ...
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Also auf ins Olympiamuseum - mal sehen, was es radsporttechnisch zu bieten hat.
Nicht viel, das sei mal gleich gesagt. Aber das, was sie haben, ist hochinteressant: Zum Beispiel das Zipp 2001, eine der ersten aero-optimierten Zeitfahrmaschinen der Welt. Ja, richtig gehört, Zipp hat den Rahmen damals noch selbst konstruiert und gebaut.
Eine extreme Maschine in allen Belangen. Und obwohl schon fast 10 Jahre alt sieht dieses Frame aus, als wurde es soeben erst aus den Labors und Konstruktionsbüros gerollt. Keine Sitzstrecken, tropfenförrmige Rohquerschnitte, extreme Position, vollverkleideter Antrieb. Schickes Teil!
Nur die Farbe, die hätte ich anders gewählt ...
So bummle ich durch die Olympiageschichte, sehe Artefakte und viele Fotos, Klamotten, Boxhandschuhe, einen Vierer-Bob, sehr viele Poster und Plakate und ... dann ... ja dann stehe ich vor dem Rosa Trikot des Gesamtsiegers der Friedensfahrt, das dereinst unser aller Idol Olaf Ludwig bei der "Tour de France des Ostens" getragen hat.
Na siehste, doch noch an etwas Radsportgeschichte geschnuppert.
Und sogar ein paar alte Kindheitserinnerungen an die spannenden Live-Übertragungen des Rennens Berlin-Prag-Warschau auf DDR-1 wachgeküsst.
Hat sich also sehr gelohnt, das Olympiamuseum. Kleiner Tipp, wenn Ihr mit Euren Herzdamen anreist: Direkt daneben ist das Schokoladenmuseum ...
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13. September 2010
Waseberg - my first time.
Ein bisschen Gewissensbisse habe ich schon, das muss ich zugeben. Denn ich hatte Angela mit den Worten "Morgen - 10:00 Uhr - Lust auf eine kleine Rennrad-Runde?" per SMS eingeladen. Dass es sich zu einem wadenmuskelmordenden Brachialritt entwickeln würde, hatte ich verschwiegen.
Nun, zu meiner Verteidigung: Den Waseberg hatte ich ehrlich nicht auf dem Plan.
Und so treffen wir uns in aller Frühe - immerhin ist Samstag, und sich an einem Tage, an dem man sonst ausschlafen würde, zu einem Quäldichein zu treffen, kostet zehnmal mehr Überwindung, als das Aufstehen am Montag um 6:30 Uhr.
Angela sieht dann auch wenig begeistert aus, schaut etwas unfrisch drein, als wir uns Palmaille treffen.
Locker geht es zunächst auf der noch leeren Blankeneser Chaussee Richtung Wedel aus der Stadt, wir sind verabredet, eine Runde am Deich entlang zu fahren - ich rechne ihr leichte 50 Kilometer vor. Sie misstraut mir.
Zurecht.
Denn nachdem wir an der Shell-Tanke angekommen sind, entscheide ich mich (in guter Erinnerung an die Cyclassics) nicht weiter geradeaus sondern nach links zu fahren: Der Kösterberg, der sollte doch wenigstens drin sein!
Sie schnauft, murrt und macht große Augen - aber sie beißt sich durch.
Oben angekommen halten wir an. Atmen durch. Und dann kommt mir die Idee: Waseberg, ich will den Waseberg!
Oft gesucht, nie gefunden und schon so viele Horrorgeschichten gehört: Nun will ich es selbst einmal wissen. Angela schweigt.
Wir fragen einen Postboten, wo es denn zur härtesten Steigung Hamburgs gehen würde. Der grinst nur und meint: "Unten am Ufer lang, nächste links hoch ... wollt Ihr Euch etwa ein bisschen quälen?"
"Jawoll!", rufe ich freudig.
Angelas Gesicht gerät ins Schwanken.
Und dann, wir biegen um die Ecke, ich kann gerade noch so in den Berggang schalten, stehen wir vor einer Wand. Und wenn ich Wand schreibe, dann meine ich Wand.
Klar, 15 % Steigung - das ist so eine abstrakte Zahl. Klingt nach "sehr wenig". Klingt nach "es ist noch viel Platz bis zur 100." Wie gesagt - klingt nur so. In Wahrheit ist alles viel schlimmer.
Vor uns geht es senkrecht nach oben. Eine gerade Rampe. 600 Meter lang. Klingt auch wieder nicht viel. Meter - noch nicht mal "Kilo" davor. 600 Meter. Klacks.
Bis ich dann in den Pedalen stehe und alles gebe. Hinter mir höre ich, wie Angela ausklickt. Und ich spucke schon Lungenbläschen - habe noch nicht mal die ersten Meter geschafft. Alter Schwede, denke ich mir, und das hier machen die Profis VIER MAL HINTEREINANDER?!?
Irgendwann stellt das Gehirn seinen Dienst ein. Alles Blut, aller Sauerstoff, alle ATP-Moleküle - auf in die Beine, gebt Stoff: Anhalten, Ausklinken - und gar wieder einklinken um weiterzufahren: Fehlanzeige. Hier musst du hoch - oder laufen.
Irgendwann bin ich dann oben. Eine Ewigkeit. Zwei, drei Tage später, so fühlt es sich zumindest an. Durch meine drei Schichten Trikots hindurch kann man mein Herz klopfen sehen - naja, Klopfen. Eher ein Springen. Ein hektisches Wummern. 200er Puls. So ist das also.
Ich atme. Es rasseln die Bronchien. Weiß hängt heißer Atem vor meinem Gesicht.
Ich blicke nach unten. Auf dem Foto, so denke ich mir, wird man es nicht erkennen können, aber ich zücke zittrig mein Handy und lichte ab, was sich da unter mir auftut: Ein brutal-schwarzer Schlauch, ein dunkler Abgrund, feucht und rutschig. Weit weg noch erkenne ich Angela und ich frage mich, ob sie mit den rutschigen Cleats es nicht zu Fuß viel schwerer hat, als gleich hochzukurbeln.
Kaum zu fassen: Das also ist der Waseberg. Hölle des Nordens. Hut ab! Alles tut weh.
"Scheiß die Wand an!", rufe ich ins feuchte Dickicht.
Ein kleines Mädchen schaut nur kurz von ihrem Handy hoch. Dann tippt sie weiter ihre SMS.
Über verblichene "JAN"-Grafittis, die einst den gefallenen Radsporthelden anfeuerten, diese Rampe noch schneller hinaufzuschießen, schiebt sie ein paar Minuten später fassungslos ihr Rennrad und schüttelt den Kopf. Wortlos ringt sie nach selbigen und will mir sagen: Wahnsinn, was die Jung hier leisten!
Und ich erinnere mich zurück an eine meiner Etappen in Italien - wo ich 22%ige Rampen gefahren bin. Nur komisch, fällt mir ein, so fies wie dieser Berg hier waren die nicht.
Oder ist es am Ende so, wie Mama früher immer gesagt hatte: "Wenn Du heiratest, ist alles vergessen." Nunja, verheiratet bin ich zwar nicht, aber es scheint wirklich, dass selbst der härteste Schmerz schnell schon an Intensität verliert.
Wie auch beim Waseberg.
Denn nur 500 Meter später, als wir wieder gen Hamburg aufbrechen, kommt mir die Idee, für die ich auf einmal Feuer und Flamme bin: Mein eher eintöniges Training (raus durch den Hafen und 60 Kilometer bis zur Fähre Hoopte und wieder zurück) durch eine neue Strecke zu ergänzen: Raus zum Kösterberg und ... sagen wir mal ... zwei mal über den Waseberg.
Na - auf diese große Waseberg-Runde bin ich jetzt schon gespannt!
Kleine Waseberg-Runde - gefahren: 36,73 km | 1:19 h | 27,7 avg | 200 Puls
.
Nun, zu meiner Verteidigung: Den Waseberg hatte ich ehrlich nicht auf dem Plan.
Und so treffen wir uns in aller Frühe - immerhin ist Samstag, und sich an einem Tage, an dem man sonst ausschlafen würde, zu einem Quäldichein zu treffen, kostet zehnmal mehr Überwindung, als das Aufstehen am Montag um 6:30 Uhr.
Angela sieht dann auch wenig begeistert aus, schaut etwas unfrisch drein, als wir uns Palmaille treffen.
Locker geht es zunächst auf der noch leeren Blankeneser Chaussee Richtung Wedel aus der Stadt, wir sind verabredet, eine Runde am Deich entlang zu fahren - ich rechne ihr leichte 50 Kilometer vor. Sie misstraut mir.
Zurecht.
Denn nachdem wir an der Shell-Tanke angekommen sind, entscheide ich mich (in guter Erinnerung an die Cyclassics) nicht weiter geradeaus sondern nach links zu fahren: Der Kösterberg, der sollte doch wenigstens drin sein!
Sie schnauft, murrt und macht große Augen - aber sie beißt sich durch.
Oben angekommen halten wir an. Atmen durch. Und dann kommt mir die Idee: Waseberg, ich will den Waseberg!
Oft gesucht, nie gefunden und schon so viele Horrorgeschichten gehört: Nun will ich es selbst einmal wissen. Angela schweigt.
Wir fragen einen Postboten, wo es denn zur härtesten Steigung Hamburgs gehen würde. Der grinst nur und meint: "Unten am Ufer lang, nächste links hoch ... wollt Ihr Euch etwa ein bisschen quälen?"
"Jawoll!", rufe ich freudig.
Angelas Gesicht gerät ins Schwanken.
Und dann, wir biegen um die Ecke, ich kann gerade noch so in den Berggang schalten, stehen wir vor einer Wand. Und wenn ich Wand schreibe, dann meine ich Wand.
Klar, 15 % Steigung - das ist so eine abstrakte Zahl. Klingt nach "sehr wenig". Klingt nach "es ist noch viel Platz bis zur 100." Wie gesagt - klingt nur so. In Wahrheit ist alles viel schlimmer.
Vor uns geht es senkrecht nach oben. Eine gerade Rampe. 600 Meter lang. Klingt auch wieder nicht viel. Meter - noch nicht mal "Kilo" davor. 600 Meter. Klacks.
Bis ich dann in den Pedalen stehe und alles gebe. Hinter mir höre ich, wie Angela ausklickt. Und ich spucke schon Lungenbläschen - habe noch nicht mal die ersten Meter geschafft. Alter Schwede, denke ich mir, und das hier machen die Profis VIER MAL HINTEREINANDER?!?
Irgendwann stellt das Gehirn seinen Dienst ein. Alles Blut, aller Sauerstoff, alle ATP-Moleküle - auf in die Beine, gebt Stoff: Anhalten, Ausklinken - und gar wieder einklinken um weiterzufahren: Fehlanzeige. Hier musst du hoch - oder laufen.
Irgendwann bin ich dann oben. Eine Ewigkeit. Zwei, drei Tage später, so fühlt es sich zumindest an. Durch meine drei Schichten Trikots hindurch kann man mein Herz klopfen sehen - naja, Klopfen. Eher ein Springen. Ein hektisches Wummern. 200er Puls. So ist das also.
Ich atme. Es rasseln die Bronchien. Weiß hängt heißer Atem vor meinem Gesicht.
Ich blicke nach unten. Auf dem Foto, so denke ich mir, wird man es nicht erkennen können, aber ich zücke zittrig mein Handy und lichte ab, was sich da unter mir auftut: Ein brutal-schwarzer Schlauch, ein dunkler Abgrund, feucht und rutschig. Weit weg noch erkenne ich Angela und ich frage mich, ob sie mit den rutschigen Cleats es nicht zu Fuß viel schwerer hat, als gleich hochzukurbeln.
Kaum zu fassen: Das also ist der Waseberg. Hölle des Nordens. Hut ab! Alles tut weh.
"Scheiß die Wand an!", rufe ich ins feuchte Dickicht.
Ein kleines Mädchen schaut nur kurz von ihrem Handy hoch. Dann tippt sie weiter ihre SMS.
Über verblichene "JAN"-Grafittis, die einst den gefallenen Radsporthelden anfeuerten, diese Rampe noch schneller hinaufzuschießen, schiebt sie ein paar Minuten später fassungslos ihr Rennrad und schüttelt den Kopf. Wortlos ringt sie nach selbigen und will mir sagen: Wahnsinn, was die Jung hier leisten!
Und ich erinnere mich zurück an eine meiner Etappen in Italien - wo ich 22%ige Rampen gefahren bin. Nur komisch, fällt mir ein, so fies wie dieser Berg hier waren die nicht.
Oder ist es am Ende so, wie Mama früher immer gesagt hatte: "Wenn Du heiratest, ist alles vergessen." Nunja, verheiratet bin ich zwar nicht, aber es scheint wirklich, dass selbst der härteste Schmerz schnell schon an Intensität verliert.
Wie auch beim Waseberg.
Denn nur 500 Meter später, als wir wieder gen Hamburg aufbrechen, kommt mir die Idee, für die ich auf einmal Feuer und Flamme bin: Mein eher eintöniges Training (raus durch den Hafen und 60 Kilometer bis zur Fähre Hoopte und wieder zurück) durch eine neue Strecke zu ergänzen: Raus zum Kösterberg und ... sagen wir mal ... zwei mal über den Waseberg.
Na - auf diese große Waseberg-Runde bin ich jetzt schon gespannt!
Kleine Waseberg-Runde - gefahren: 36,73 km | 1:19 h | 27,7 avg | 200 Puls
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7. September 2010
Carbonsorgen
Tja, so ist das, wenn man Papa ist: Da macht man sich übereifrig um jeden Kratzer der lieben Kleinen Sorgen - und am Ende hilft das eine oder andere aufgeschürfte Knie dem Rabauken nur, zu erfahren, wo seine Grenzen sind.
So ähnlich - aber doch ganz anders - ist es mit meinem Rennrad. Denn das ist auch irgendwie mein Baby. Manchmal stehe ich einfach nur da und schaue es mir an. Wunderschön. Wuuuuunderschöne!
Und wie beim Baby gucke ich dann auch ganz besonders auf jedes Wehwehchen, jede Macke und jeden Kratzer.
"Carbon verzeiht nicht", sagt man doch so.
Neulich putze ich mein Cervélo und mir fällt ein Kratzer auf.
Au Backe! Ein kleiner Haarriss kurz über dem Tretlager.
Scheiße, denke ich mir und mache gleich los zu Pirate Bikes.
Robert beschaut sich das. Runzelt die Stirn. Schüttelt den Kopf: "Mach Dir keine Sorgen", sagt er, "das ist nur ein kleiner Riss im Lack. Nix, was das Carbon angreift." Beruhigt er mich. Und dann macht er eine längere Pause ... und erläutert mir, wie Cervélo das handhabt: "Also, das hier ist nur ein Farbkratzer. Keine Sorge. Da passiert nix. Wenn aber was passiert, dann haste eh lebenslange Garantie auf den Rahmen, der wird dann ersetzt."
Und er fügt hinzu: "Du musst nur den Crash überleben ..."
Gott sei Dank grinst er.
Tja, denke ich mir. Das ist ja alles gut und schön - mein Baby ist doch nicht krank. Und wenn was passiert, wende ich meine Judo-Kenntnisse aus alten NVA-Judo-AG-Zeiten an (Abrollen aus dem Flug haben wir trainiert wie die Weltmeister) und dann gibts eben nen neuen Rahmen.
Doof nur, dass ich jetzt irgendwie bei jedem mal, das ich mein Rad säubere, neue kleine Risse entdecke. Oder spinne ich jetzt? Leide an Haarriss-o-manie?
Ich sollte einfach weniger putzen ...
.
So ähnlich - aber doch ganz anders - ist es mit meinem Rennrad. Denn das ist auch irgendwie mein Baby. Manchmal stehe ich einfach nur da und schaue es mir an. Wunderschön. Wuuuuunderschöne!
Und wie beim Baby gucke ich dann auch ganz besonders auf jedes Wehwehchen, jede Macke und jeden Kratzer.
"Carbon verzeiht nicht", sagt man doch so.
Neulich putze ich mein Cervélo und mir fällt ein Kratzer auf.
Au Backe! Ein kleiner Haarriss kurz über dem Tretlager.
Scheiße, denke ich mir und mache gleich los zu Pirate Bikes.
Robert beschaut sich das. Runzelt die Stirn. Schüttelt den Kopf: "Mach Dir keine Sorgen", sagt er, "das ist nur ein kleiner Riss im Lack. Nix, was das Carbon angreift." Beruhigt er mich. Und dann macht er eine längere Pause ... und erläutert mir, wie Cervélo das handhabt: "Also, das hier ist nur ein Farbkratzer. Keine Sorge. Da passiert nix. Wenn aber was passiert, dann haste eh lebenslange Garantie auf den Rahmen, der wird dann ersetzt."
Und er fügt hinzu: "Du musst nur den Crash überleben ..."
Gott sei Dank grinst er.
Tja, denke ich mir. Das ist ja alles gut und schön - mein Baby ist doch nicht krank. Und wenn was passiert, wende ich meine Judo-Kenntnisse aus alten NVA-Judo-AG-Zeiten an (Abrollen aus dem Flug haben wir trainiert wie die Weltmeister) und dann gibts eben nen neuen Rahmen.
Doof nur, dass ich jetzt irgendwie bei jedem mal, das ich mein Rad säubere, neue kleine Risse entdecke. Oder spinne ich jetzt? Leide an Haarriss-o-manie?
Ich sollte einfach weniger putzen ...
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