Was ich aber schon immer mit wachsender Begeisterung getan habe (neben dem Fahren des Rennrades natürlich) - ist das Putzen!
Das Rennrad zu putzen kann wie Meditation sein.
Ich habe einfach einen Fimmel für saubere Rahmen, finde, es gehört zum guten Ton, mit einem Rennrad an den Start zu gehen, dass gepflegt ist, glänzt und gut aussieht. Gerade als Repräsentant meines Sponsors. Abgesehen davon, dass regelmäßige Pflege die Qualität des Lackes und die Funktionsweise und Lebensdauer der mechanischen Komponenten verlängert.
Wann das Rennrad putzen - und was?
Jeder hat ja seine eigenen Vorlieben, Techniken und Arten (gerne Eure commenten). Bei mir gibt es zwei Arten von Reinigungstagen: Die schnelle Säuberung und den Komplettwaschgang.
Auf die Schnelle reinige ich mein Rennrad von groben Schmutzteilen - vor allem an Unterrohr, Gabel, Sitzstreben (bei den Bremsen) und Sitzdom. Das geht schnell mit einem feuchten Lappen - mit alten Baumwollsocken oder Klamotten wird drüberpoliert - fertig.
Mindestens ein mal im Monat - nach Regenfahrten sofort. Rennrad. Putzen!
Die beweglichen Teile, vor allem die Kassette, besprühe ich nach einer groben Reinigung ohne Kettenlöser oder andere chemische Hilfsmittel, mit Profi DryLube für den Leichtgang.
An den Umlenkpunkten, vor allem der Schaltzüge, punktiere ich Finish-Line nach - fertig.
Wenn ich gut drauf bin - oder die Ausfahrt mit Regen verbunden war - reinige ich noch Felge und Speichen. Eine gute Gelegenheit, die Speichen und Mäntel auf Schäden zu untersuchen.
Das kleine Programm wende ich mindestens nach jeder zweiten Ausfahrt, sicher aber am Freitagnachmittag in Vorbereitung der Wochenend-Rennen oder -Touren an. Wenn ich im Urlaub eine Rennrad-Tour mache, gehört dieses Programm zum alltäglichen Ritual: Eine umfangreiche Funktionskontrolle von Schalt- und Bremsverhalten gehört selbstverständlich dazu.
Großes Kino - das Rennrad komplett herrichten
Sehr zur Freude von Mitbewohnerin und Balkonzuschauern, gibt es natürlich noch den großen Waschgang. Nicht ganz so häufig - meist nach absoluten Dreckswetterfahrten, großen Urlauben oder aber mindestens alle 6 bis 8 Wochen.
Ein sauberes, gepflegtes Rennrad hält auch viel länger.
Dann lege ich mir Depeche Mode auf die Ohren und nehme mir 3 Stunden Zeit, denn die braucht es, um alles einmal richtig durchzuwaschen.
Zunächst werden die Laufräder demontiert. Mit WD40 und Kettenlöser (ich weiß, das ist böse - wird aber super sauber ...) reinige ich die Kassette von Schmutz und Schmand, bis sie wieder fein metallisch glänzt. Dabei fange ich das ablaufende Öl mit alten Plastiktüten auf - später wird das alles in einer Mülltüte verpackt bei der nahe gelegenen Tankstelle entsorgt. Ist ja schließlich Schadabfall.
Ist die Kassette gereinigt, passiert das selbe mit Kette, Schaltwerk und den Kettenblättern. Auch hier fange ich das aggressive Zeug ein. Schütze aber auch den Carbonrahmen vor den Mitteln - wer weiß, nacher frisst mir das Zeug mein Tretlager durch ...
Als Erstes mal großzügig mit warmem Seifenwasser duschen.
Mit lauwarmem Wasser, das ich mit ein paar Tropfen Geschirrspülmittel fein zitronig aufwerte, putze ich dann großzügig Rahmen, Lenker, Laufräder. Dabei soll es ruhig in Massen fließen - Wahnsinn, was da an Dreck und Schmutz rauszuholen geht!
Schnell die Flächen trocken feudeln (mit Baumwolle - keine Plastikfasern nehmen, die Kratzen!) und dann trage ich Lackschutzmittel für Autolacke auf. Der feine weiße Film soll dann trocknen.
Während er das tut, kümmere ich mich um die tiefengereinigten Bewegtteile.
Welche Pflegemittel kommen auf Kette, Schaltung und Co?
Bisher war ich ein großer Freund des Profi Dry-Lube und Teflon-Lube von Finish Line. Vor allem die Kettenleitröllchen, die ja bekanntlich am schnellsten vor Dreck und Schmutz stehen, aber auch die Kette haben dann aber regelmäßig nach 1.000 bis 2.000 km angefangen zu quietschen - anscheinend kommen beide Mittel nicht bis in jede Ecke der Kettenglieder.
Rolf Jacobs, Gründer des Startups Bike-Fluids, schickt mir ein Fläschchen DryFluid zu und bittet mich, dieses neue Produkt für ihn zu testen. Mittlerweile fahre ich seit knapp 1.500 km mit diesem Gleitstoff und ich bin wirklich angetan: Kein Quietschen (auch nach dreckigen Regenfahrten), eine Kette, die noch fast so silbern glänzt wie nach dem Säubern und ein solch leiser Schaltkäfig, dass ich ab und zu nach hinten schauen muss, um zu gucken, ob die Teile noch am Rennrad sind.
Das Mittel ist der Hammer!
Wundermittel? Der Kettengleitstoff DryFluid.
Zwar sieht es - milchig weiß mit kleinen Bröckchen - aus, als habe mir beim Vorbeifahren durch die holsteinische Heide ein Besamungsbulle falsch gezielt und meine Dura Ace getroffen, aber die weiße Färbung verliert sich mit der Zeit. Wichtig ist die Performance - und da ist DryFluid dem DryLube und auch den Finish-Line-Produkten um Einiges voraus.
Ich musste seit dem nicht mehr nachfetten oder ölen, brauche den Kettenkranz nicht mehr einzusprühen und freue mich bei jedem Schaltvorgang, bei jedem Tritt über das schnurrige Surren einer pefekt gepflegten Kette. Tolles Zeug!
Auftragen und einmassieren - nach 50 km wiederholen. Hält ewig.
Zwar schlägt es mit satten 18 € pro Flasche ganz schön zu Buche, aber ich habe tatsächlich weniger Verbrauch des Mittels (das man wirklich supersparsam anwendet) und das sollte die Mehrkosten relativieren. Wenn meine Testflasche alle ist, werde ich nachordern: Das ist es mir wert.
Die Kette nimmt tatsächlich weniger Dreck auf, sieht auch nach 3 Regenfahrten aus wie neu - so muss das sein. Ich weiß, "aus der Weltraumforschung" klingt wie Billigramsch auss den 90ern oder QVC-Mist, aber hier scheint es wirklich mal was zu bringen, dass sie die Shuttles und Sojus-Kapseln hochschießen.
Das Finish - polieren bis der Arzt kommt
Am Ende poliere ich die Carbonteile, bis ich mich in ihnen spiegeln kann. Ach, herrlich: Das ist der schönste Moment! Wenn alles glänzt, Neuwagengeruch versprüht und kein Staubkorn die Idylle stört!
Lackpflege aus dem Autobereich - perfekt!
Die Aluminium-Teile pflege ich mit einem Nigrin-Produkt, putze und rubble die Felge mit den selben Zeug glänzend, die Naben sind etwas frickelig, aber es lohnt sich. Die Kontaktstellen der Züge mit Umlenk-Funktion bekommen einen Tropfen Finish-Line, ebenso die Stellen, an denen die Bremszüge in den Hüllen verschwinden. Soll ja alles schön gleiten ...
Alles einbauen, Schaltungstest, Bremsen einstellen und das Cervélo steht wieder auf eigenen Reifen. Zum Schluss wird der Fizik-Sattel noch mit Lederpflegefett auf Vordermann gebracht, die Reifen wieder auf 8,5 Bar gepumpt und - nach harten, langen Touren - noch einmal jede Schraube auf festen Sitz kontrolliert.
Ich habe zwar wenig Metall - das aber soll glänzen!
Und dann steht es da, das Cervélo R3. Es sieht aus, wie am ersten Tag, es glänzt, es duftet, es surrt, es freut sich. Und mein Rennrad-Herz schlägt stolz wie das (naja, fast ...) eines frisch gebackenen Vaters. Ein tolles Gerät ist das, die Arbeit hat sich gelohnt!
Aahh, das Schmuckstück glänzt wie neu.
Und so geschehen wieder am letzten Sonntag nach der RTF und meinem Hammer-Höhentraining mit 25 mal Waseberg bei 2 Stunden Schauerwetter. Das Rennrad wird nun verpackt und demontiert: Am Samstag geht es auf nach Österreich zum Dreiländergiro - und da wird es als Strahlemann am Start stehen.
Was treibt Ihr, um Eure Rennräder sauber zu halten? Nutzt Ihr die Badewanne zum Duschen der Rahmen? Welchen Aufwand betreibt Ihr? Ich freue mich auf Eure Comments.
P.S. - mir ist schon klar, wie und WO man eine Kette fettet, Herr Schlaumeier - das Foto soll die weiße Konsistenz des Fluids zeigen.