14. März 2011

The Riga Run - mein Halbmarathon #6

Ich verbringe Silvester traditionsgemäß nicht in Deutschland. In diesem Jahr war die baltische Metropole Riga dran. Kein Rennrad-Mekka, fürwahr, aber dafür nutze ich einen Tag, um mich weiter auf den Marathon im März vorzubereiten.


Quasi mein Neujahrslauf und gleichzeitig der sechste Halbmarathon. Die Voraussetzungen sind Klasse. Blauer Himmel, 3 Grad Plus und zwischen den Wolken lugt ab und zu die Sonne hervor.

Da es durch die malerische Altstadt Rigas (auch Vecriga genannt) mehr oder wenige komplett nur auf groben Pflasterstraßen geht, entscheide ich mich, meine Route durch die Außenbezirke zu legen, entlang der Hauptverkehrsstraße, die hier wie eine Autobahn ausgebaut ist.

Postsowjetischer Charme, halbverfallene Infrastruktur und, Inseln des Kapitalismus gleich, immer mal wieder das eine oder andere Autohaus, Baumarkt oder Disko säumen einen sonst eher als grau, unerschlossen oder baufällig zu bezeichnende Umgebung.


Der Verkehr ist dicht und ich kann nicht sagen, dass sie hier besonders rücksichtsvoll fahren würden - vielmehr scheint hier das Gesetz des Stärkeren zu gelten. Auf die schon arg abgewetzten Zebrastreifen der Fußgängerüberwege verlasse ich mich lieber nicht ...

So laufe ich mein gewohntes Tempo - allenthalben starren sie mich aus den Karossen an, ganz so, als sei ich ein unbekanntes Wesen von einem anderen Stern. Hier läuft man nicht. Und Sport zu treiben, ist hier offensichtlich auch ein Novum. Als mir irgendwann ein - ebenso vollkommen deplatziert aussehender - Rennradfahrer entgegen komt, grüßt er mich so überschwänglich, als habe Kai Pflaume ihm seine alte Liebe wiedergebracht.


An einem der Autobahnkreuze drehe ich um, laufe an der anderen Seite zurück und finde, nach einer abenteuerlichen Durch- und Unterquerung von Auffahrten und Zubringern den ziemlich verkommen ausschauenden Fußgängerweg der Daugawa-Brücke, der mich auf die langgezogene Insel bringt, die der Stadt Riga vorgelagert ist: Ich will zum Fernsehturm joggen, der da knapp 370 Meter wie eine Rakete aufragend lockt.


Schockierend abgehalftert, zugewuchert und verkommen auch das Gelände auf dieser Insel: Hier könnte man ein tolles, grünes Naherholungsgebiet für gestresste Städter errichten. Statt dessen erobern sich Gestrüpp und wild wuchernde Bäume das Gelände zurück. So muss das aussehen, wenn der Atomkrieg die Menschheit ausgelöscht hat ...


Am Fernsehturm kehre ich um, laufe entlang des Flusses noch bis zur Höhe der Altstadt, wo von weitem "Stalins Hochzeitstorte" - die ehemalige Akademie der Wissenschaften im stalinistischen Zuckerbäckerstil und der unverkennbare, 123 Meter hohe Turm der Petrikirche.
Hier zeigt mein Garmin Edge 11 Kilometer an, also beschließe ich, die Strecke 1:1 zurück zu laufen.


Mittlerweile als alter Hase, stürme ich zurück über Brücke, entlang der Autostraße durch die erschreckend verfallenen Straßenschluchten der Moskauer Vorstadt, wie dieses Viertel hier heißt und sehe schon mein Hotel, als das Garmin nur 18 Kilometer anzeigt.


So hänge ich noch eine Runde um das Zuckerbäckerhäuschen dran, was die Distanz allerdings auch nur auf 19 Kilometer verlängert. Da das Hotel mit der verlockend heißen Dusche aber so nahe ist, entscheide ich, dass 19 Kilometer für heute reichen und rechtfertige mich in Gedanken damit, dass ich sonst in Hamburg bei meinen Halbmarathons ja mit 22, 23 Kilometern ein Plus erwirtschaftet habe ...


Die zwei Gebrüder Sowjetsoldaten geben ihren Segen. Genosse Cervelover hat sich die Dusche verdient! Na siehste.


Ah, herrlich, der heiße Wasserstrahl.

Und herrlich war er auch, der Riga Run.



Hier gehts zum Garmin-Track

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen