26. Mai 2010

Die ersten 100 Kilometer

Okay. Alles klar. Kein Problem. Denke ich mir gestern, als ich knarzend und ächzend meinen Körper in die Fluten meiner heißen Badewanne wuchte.

Als mein Damm eintaucht, muss ich weinen. 48 Kilometer bin ich gerade gefahren. Und das fühlt sich an, als sei mir mein Arsch aboperiert worden.

100 Kilometer nun also auf meinem neuen R3. Meine Eindrücke versuche ich zu ordnen, versuche, die großen Emotionen rauszuhalten, obwohl das nicht geht: Radfahren als Sport hat immer etwas mit Gefühl zu tun, mit Leidenschaft und mit Höhen und Tiefen. Bekommt man das überhaupt raus?

Als erstes nach meinem Umstieg fällt mir natürlich die geänderte Sitzposition auf. Bequem, relaxed und an Star Wars Fighter-Pilot erinnernd. Ein Gedicht. Entspannend auf langen Touren, streamlined. Großartig. So war das noch vor wenigen Wochen auf meiner Speedmachine. Ein Liegerad, gemacht fürs unendlich lange Pedalieren.

Mein Cervélo straft mich mit kompromissloser Härte. Der Bezug des Prologo-Sattels federt etwa einen Millimeter tief ein. Ein Witz.
Der 3T-Sitzdom aus Carbon hat einen "angenehmen" Flex, wie es in einer Zeitschrift zu lesen ist. Auch das ein Witz.

An Rennrad-Humor muss ich mich erst noch gewöhnen.

Allerdings ist das alles nichts gegen die Nackenschmerzen. Irgendwie kann ich mich jetzt schon, keine Viertelstunde nach meinem Ausritt, nicht mehr an die Landschaft erinnern, durch die ich gerade geflogen bin. Kein Wunder.

Der FSA-Lenker zwingt mich in eine Kopfposition, wie sie ein Asphalt-Tester des ADAC braucht, um die Schlaglochdichte zu messen. Zum sanften Gleiten durch die Natur und dem Genießen der untergehenden Sonne ist das nichts.

Dafür aber, ächze ich, als ich mir nach dem Abtrocknen großzügig Bepanthen in die Kimme spachtele, war ich so schnell unterwegs wie nie. Keine 2 Stunden Brutto habe ich gebraucht - inklusive der allnachmittäglichen Rush-Hour in Hamburg, dem krisenfesten Porsche-Stau in Blankenese und dem Schlagloch-Chaos in Wedel.

48 Kilometer mit dem Rennrad - ein Genuss. Trotzdem.

Berge: Glatt gebügelt.
Ebene: Wegbeschleunigt.
Kurven: Welche Kurven?

Das Cervélo verfügt über einen dermaßen brachialen Vortrieb, dass ich mit dem Schalten nicht hinterherkomme. Es gleitet sicher über die Straße, im Vergleich zu meinen ersten Rollversuchen fühle ich mich schon sehr viel mehr zu Hause auf dem schlanken Carbongefährt.

Naja, denke ich mir so, als ich mich auf die Seite lege, in meiner weichen Couch, meine Süße mich schadenfroh anguckt und ich ein Gesicht ziehe, wie nach einer Hämmorhoidenbehandlung - das nächste Mal fahre ich dann echt mal ohne Slip unter der radhose.
Und dafür mit Sitzcreme.

DAS muss doch wie der Himmel sein, oder?


Gefahren: 48 km Hausrunde mit einem 24er Bruttoschnitt

.

8 Kommentare:

  1. Ha, Du hast es so gewollt! Ich finde, beim Liegerad fährt man bequem wie in einer Kutsche. Dagegen sitzt man auf einem Rennrad wie auf einem noch nicht eingerittenen Vollbluthengst ohne Sattel. Schmerzen gehören beim RR dazu. Um die zu vermindern hilft nur regelmäßig fahren und Krafttraining für die Nacken/Rückenmuskulatur! Ich denke mal, das wird schon.

    AntwortenLöschen
  2. Hallo Lars,
    auf dem Bild sehe ich u.a. Nivea-Crème. Vergiss die auf jeden Fall! Ist fast nur Wasser drin.

    Versuch mal Melkfett (ja klingt wiederlich). Das hilft nicht nur bei Wunder haut, damit kannst Du zur Not unterwegs auch dein Folterinstrument nachfetten.
    Wenn es ganz schlimm kommt, das kennen alle Eltern, Zinkpaste...

    Irgendwie habe ich das gefühl, dass du jetzt zwar an Klamotten in IT sparen wirst, aber für deine Kosmetika einen Anhänger brauchst;-))

    Gruß
    Chris

    AntwortenLöschen
  3. Those were the days...

    Damals als ich noch RR fuhr.

    Tips:

    1. *Niemals* irgendwas unter der Radhose tragen.
    2. Wenn eine Radhose kein Leder (ähnliches) Polster hat *niemals* kaufen
    3. Ausgleichsgymnastik für Nacken, Rücken und hintere Beinmuskulatur machen (BTW: macht im Verein mehr Spaß (sagt ein Vereinsmuffel)).
    4. Arschcreme finde ich persönlich ekelig. Vllt. für den Anfang Deinen Carbonstöpsel, gegen einen schweren Gelsattel austauschen. (Wenn Dein zarter LIegeradarsch die ersten Schwielen hat kannst zurück zu dem Carbonplug).

    Viel Spaß!

    AntwortenLöschen
  4. @norbi: jo, er hat es so gewollt. rücken & nackengymnastik habe ich angefangen. aber bis IT sinds noch 2 wochen, das kann ich vergessen.

    IT wird weh tun ...

    @chris: wasserbasis bei nivea weiß ich, die steht da auch nur fürs obere gesicht :o)
    melkfett mit ringelblume, das ist die lösung. kenne ich von freunden.

    @anonym die arschcreme ist gar nicht soooo ekelig. aber mal sehen. gelsattel warte ich mal ab. kann sein, dass ich mir in italien notmäßig einen hole :o)

    grüße, L

    AntwortenLöschen
  5. Ich glaub', Du machst da irgendetwas grundlegend falsch. Als ich 2003/4 mein "Koga Miyata FullPro Carbon" im Aachener Dreiländereck hatte (und nach weniger als 2000km mit irreparablem Rahmenschaden zurückgeben musste/durfte), hatte ich nie Probleme an den neuralgischen Punkten. Bis zum konstruktionsbedingten Ausfall fand ich die Maschine einfach brachial gut. (Und damals war ich um gut fünf Kilogramm schwerer als heute.)

    Und hätte -- nach meinem Umzug von "Öche" nach "Bühlün" -- das Nachfolgerennrad mit Shimano-WH-Systemrädern auf dem "Berliner Pflaster" nicht binnen kurzem den Geist aufgegeben, wäre ich 2007 wohl nicht auf die Speedmachine umgestiegen (wodurch mir im Anschluss aber das Vergnügen mit der Liegeradgruppe und dem ADFC und den Radtouren/-reisen entgangen wäre).

    Also: Hör auf mit dem Gejammer, lass' die ganze Schmierage sein und leg' Dir eine gehörige Hornhaut zu. :-)

    AntwortenLöschen
  6. Meine "Geheimwaffe": ASSOS T FI.Mille_S5
    Die ultimative Fahrradhose für lange Distanzen mit dem RR. Dazu die Chamois crème auf Arsch und Sitzpolster!

    Und nie! nie! nie! etwas zusätzliches unter der Fahrradhose tragen!

    AntwortenLöschen
  7. Arschcreme? Stinkt das nicht eklig?
    Und mit Verlaub, ein 24er Bruttoschnitt, das ist ja wohl ein Witz, das schafft doch jeder langhaarige Liegerad-Maschinenbaustudent im 2. Semester in seinen ungewaschenen Jeans und Schlabbersweatshirt. Also da muss aber noch DEUTLICH mehr kommen! Und Gejammer wollen wir hier nicht lesen, sondern Schnitte > 35. Streng Dich mal ein bischen an und sei nicht so ein Weichei. Iss' halt mal mehr und trete mal rein, wozu hast Du jetzt das Rad!

    AntwortenLöschen
  8. der sattel ist gut und ein carbonvorbau noch besser . hättest mit einem Alu-RR begonnen wäre dir der Flex z.b. beim vorbau aufgefallen. probier mal einfach ein paar sattel aus denn dieser muss zum popo passen ansonsten gibts nur schmerzen und eine sehr gute radhose mit noch besserem polster ist von nöten.
    grüsse johann

    AntwortenLöschen