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30. März 2014

"Vorfreude auf die Hölle" - Interview mit Jens Vögele zum Endura Alpentraum 2014.

Wir Ihr wisst, breche ich leidenschaftlich eine Lanze für den Endura Alpentraum. Warum? Weil ich dieses Rennen einfach genial finde: Einmal nicht von A nach A fahren (ja, ich weiß, das ist logistisch aufwändiger), sich mal nicht auf das "Losglück" einer Tombola zu verlassen (garantierte Startplätze ohne Vorab-Los) und eine Strecke zu absolvieren, die - wenn ich meine bisherigen Rennen zusammen zähle - nur vom Race Across the Alps getoppt wird, ist für mich der ultimative Alpen-Hammer der Rennrad-Saison.

Jens Vögele, Organisator, Chef-Redakteur und irgendwie auch ein bisschen Versuchs-Kanninchen.


Ich nehme 2013 an der Erst-Ausgabe des Alpentraum teil. Schon im ersten Berg, dem Oberjoch, überhole ich Jens Vögele, den Chefredakteur der ROADBIKE, dem Rennrad-Magazin, das den Alpentraum maßgeblich organisiert. Noch tue ich das mit Stolz geschwellter Brust, nicht wissend, dass es Jens sein wird, der finished - und ich abkürzen muss und nicht nach 252 Kilometern mit 6.100 Höhenmetern sondern "nur" nach 225 Kilometern mit 4.600 Höhenmetern ins Ziel kommen werde.


Jens Vögele beim Endura-Alpen-Traum 2013.

Die Labe in Nauders - 20 km bevor es auf den Umbrail und weiter zum Stelvio geht - hier treffe ich Jens dann wieder. Ich kaue gerade mit einem Bärenhunger die dritte Salami-Semmel herunter, als er eintrifft. Roter Kopf. Schweiß triefend. Irgendwie kommt er mir so vor, als habe er - als Mit-Organisator - diese ganze Show auch etwas unterschätzt. So blicken immer Versuchkanninchen von den Tierschutz-Plakaten, denke ich mir, als ich ihn sehe. Und bin mir sicher, ich sehe ähnlich aus.

Ich quatsche ihn an. Fahre weiter. Der Rest steht hier.

Ich freue mich so auf den Alpen-Traum 2014, dass ich Jens anmaile und ihn frage, ob er Lust auf ein Interview hat. Er hat. Und deshalb zunächst vielen Dank an Dich Jens!

"Grunsätzlich reizen mich die Herausforderungen der Langstrecke."


Meine erste Frage an Jens ist, ob er den Alpentraum 2014 aus Firmen-Räson fährt (schon 2013 war ein Großteil der ROADBIKE-Redaktion am Start) oder ob er dies aus Lust am Leiden tue: "Mich reizen die Herausforderungen der Langstrecke", schreibt er, "deshalb gehört der Alpentraum für mich persönlich auch zu den härtesten und schönsten Rennen, die ich jemals gefahren bin. Ich sage das jetzt nicht, weil es eine ROADBIKE-Veranstaltung ist, sondern weil ich mich wirklich mit diesem Rennen identifiziere."


Mal was anderes: Von A nach B beim Alpten-Traum.

Für mich selbst steht schon einige Stunden, nachdem ich vollkommen fertig in Sulden ankomme, fest, dass ich auch bei der zweiten Ausgabe dabei bin. Dabei sein muss, denn ich will dieses Ding komplett finishen. Wie sieht es mit Dir aus, Jens? "Ich werde 2014 nur dann antreten, wenn ich auch wirklich perfekt vorbereitet bin. Alles andere macht keinen Sinn. Wenn ich starte, dann will ich ankommen. Sollte ich nicht starten, bin ich aber selbstverständlich mit dabei: Auch das ist mir ein persönliches Anliegen - nicht unbedingt, weil ich Chef-Redakteur bin, sondern weil ich die Starter in Sonthofen und die Finisher in Sulden sehen möchte. Es ist eine ganz besondere Atmosphäre! Zudem ist ja unser Alpecin-ROADBIKE-Team am Start, das ich auch gern unterstützen möchte. Und nicht zuletzt unser eigenes Redaktions-Team, das durch die Herausforderungen dieses Rennens wie elektrisiert ist!"

"Das erste Mal das Gefühl zu haben, nicht zu frieren - das war ein Wahnsinnsmoment!"


Ich kann es nur bestätigen: Der Alpentraum ist (noch?) so klein, dass man eben nicht mit 6.000 anderen Startern 800 Meter hinter dem Startbogen stehen muss, sondern das Gefühl hat, in einer kleinen, intimen und ganz speziellen Gruppe zu sein. Auch ich freue mich ganz besonders!

In meiner zweiten Frage möchte ich von Jens wissen, was sein schönster und was der schwerste Moment des Alpentraum 2013 war. Und wie (anders) er sich auf die 2014er-Ausgabe vorbereiten möchte: "Richtig schwer fand ich - weil es so überraschend kam - die Anstiege auf das Hahntennjoch und vor allem auf die Pillerhöhe. Beide sind unbarmherzig, extrem steil und haben mich viel mehr Körner gekostet, als ich das vermutet hatte."


Kalt. Nass. Kreuzgefährlich: Steile Abfahrten beim Alpentraum!

Dem kann ich nur zustimmen. Vor allem die Pillerhöhe hat nicht nur mich zum Schreien gebracht. So "pillerig" wie sich der Name auch anhört: Das Ding ist ein Monster!

"Wahnsinn waren auch die flacheren Passagen. Das Wort ´flach´ ist hierbei jedoch untertrieben - denn diese Abschnitte zwischen den Pässen hatten unzählige fiese Wellen, wobei es dann wichtig war, eine homogene Gruppe zu finden, um sich nicht allein kaputt zu fahren."


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Oh ja, die Zwischenstücke. Anders als beim Ötztaler Radmarathon zum Beispiel, der fast keine und wenn dann nur sehr kurze Passagen aufzuweisen hat, sind die bis zu 30 Kilometer langen Verbindungsabschnitte zwischen den Anstiegen durch die Täler sehr hart zu fahren. Wellen, Gegenwind und Wetterkapriolen. Ein Spaß.


Die drei fiesen Zwischenstücke beim Alpentraum.
Der Ötztaler kennt nur das Auf und Ab.

Und Deine schönsten Momente? Jens hat zwei: "Fangen wir mit dem Zweitschönsten an: Das war im Anstieg auf die Pillerhöhe. Hier konnte ich zum ersten Mal meine Handschuhe und die Regenjacke ausziehen. Das erste Mal das Gefühl zu haben, nicht mehr zu frieren, das war ein Wahnsinnsmoment!" Für mich kam dieser Moment nach der Abfahrt vom Gaichtpass im ersten Flachstück. Es war herrlich. Hielt aber nur kurz an, denn dann kamen die Schmerzen wieder durch ...

"Mein schönster Moment war natürlich das Finish in Sulden. Es war schon dunkel, aber eine super Stimmung. Ich hatte das Gefühl, nach einer gefühlten Ewigkeit, so wie Odysseus nach seiner Irrfahrt, endlich wieder unter Lebenden zu sein. Unvergleichlich!" Und er fügt noch hinzu: "Warte, der schwerste Moment, den habe ich vergessen: Das war natürlich am Fuße des Umbrail. Ich war einfach nur leer. Und da rechnete ich nach - noch 2.500 Höhenmeter! Das sind Kletterleistungen, die gibt es woanders in einem kompletten Rennen, hier war es nur das Endstück."

"Wir haben die Kritik sehr ernst genommen."


Obwohl ich, wenn ich alle Berichte und Blogbeiträge, Kommentare und Foren-Einträge, die ich von Teilnehmern gelesen habe, rekapituliere, eigentlich das Gefühl habe, dass der erste Alpentraum sehr gut angekommen ist, gab es natürlich auch Kritik. Ich frage Jens, was beim Alpentraum 2014 anders sein wird und welche Punkte sie zum Anlass genommen haben, Verbesserungen einzuführen.

"Wir sind zunächst froh darüber und auch ein bisschen stolz darauf, dass der erste Alpentraum ein durchweg positives Echo gefunden hat. Die Kritik, die an uns herangetragen worden ist, haben wir sehr ernst genommen und analysiert. Zunächst gab es zwei wesentliche Punkte, die häufig kritisiert worden sind: Das Timing und die Verpflegung - vor allem gegen Ende des Rennens."


Mein errechneter Kalorienbedarf für den Alpentraum: Unmöglich,
dass ich 23 Gels oder 52 Bananen esse! Realistisch: 8 Gels, 5 Bananen.
Allerdings fehlten mir dann 2.800 kCal. Woher nehmen?

"Gegen Ende des Rennens mussten wir aus Sicherheitsgründen einige Starter aus dem Rennen nehmen, denn dem Risiko, das steile Stilfser Joch bei Dunkelheit hinab zu fahren, wollten wir niemanden aussetzen. Deshalb werden wir den Starttermin in Sonthofen um eine halbe Stunde vorziehen und auch die Deadline in Laatsch. Dadurch bekommen wir mehr Luft für die Gesamtdistanz und andererseits ersparen wir den Teilnehmern das Gefühl, kurz vor Ende - und dann noch im größten aller Berge - zu scheitern." Eine sinnvolle Veränderung, finde ich.

"Wer bis 16 Uhr nicht in Laatsch durchkommt, wird über Prad - also die Runde, die Du gefahren bist - nach Sulden müssen. Das ist dann zwar ohne den Stelvio und Umbrail, aber, wie Du selbst weißt, noch immer eine hammerharte Strecke. Für diese Teilnehmer werden wir eine gesonderte Wertung einrichten, sodass sie dann auch offizielle Zeiten haben werden und das ist allemal besser, als komplett aus dem Rennen zu fliegen."


Der Alpentraum ist eine wahre Kletter-Tortur!

Dann die Verpflegung: Ich muss sagen, ich war mit dem Angebot 2013 sehr zufrieden. Tirol ist eines meiner liebsten Urlaubsgebiete, denn unter anderem gibt es dort, wie ich finde, super leckeren Schinken, Salami und Obst. All das hatten sie dann auch an den Stationen: Saftige Orangenviertel und süße Bananenstücke sind ja Standard, dick belegte Wurstsemmeln, ein heißes Süppchen oder heißer Tee willkommene Stärkung. Jens hierzu: "Wir haben festgestellt, dass wir ein Loch zwischen Nauders und der Passhöhe Stelvio hatten - das stopfen wir in diesem Jahr und bieten damit noch einmal die Möglichkeit, sich im harten Anstieg des Umbrail zu verpflegen."

"Im Ziel erst wird der Alp- zum Traum."


Meine letzte Frage soll denjenigen von Euch, die sich noch überlegen, ob sie zum Alpentraum fahren sollen oder nicht, vielleicht eine Entscheidungshilfe geben. Ich frage Jens, wie er in einem Satz das Rennen für einen Erst-Teilnehmer beschreiben würde: "Das ist ziemlich einfach: Vor dem Rennen ist es der pure Alptraum - Spannung, zum Zerreißen, Angst, bange Blicke auf die Wetterkarte - während des Rennens ist es ein Alpentrauma - Qualen, Schmerzen, harte Anstrengung - und im Ziel dann erst ein Alpen-Traum - wer es schafft, hat richtig etwas erreicht.



Will sich hart verdient werden: Trikot und Alpentraum Medaille.

Und dem habe ich nichts hinzuzufügen. Aus sportlicher Sicht ist der Alpentraum wirklich eine krasse Geschichte. Ja. Es ist umständlicher, wenn man nicht dort ankommt, wo man gestartet ist. Und ja, es ist finanziell aufwändiger. Aber der Apentraum will etwas besonderes sein - auch dadurch, dass man durch die Alpen fährt, und keinen Kreis beschreibt, schafft es dieses Rennen.

Ich hoffe, wir sehen uns am Start? Wenn Ihr mögt, hier könnt Ihr Euch für dieses Rennen anmelden. P.S. - auch die "kurze" Strecke ab Landeck mit 146 km und satten 4.300 hm hat es in sich!


Vielen Dank an Dich, Jens, für Deine Antworten und die Zeit, die Du Dir genommen hast.



Fotonachweis: Grafiken & Fotos Lars Reisberb/Sportograf, Fotos Jens Vögele by Sportograf

27. März 2014

Sigma Cuberider Rennrad-Beleuchtung: Zwei mal getestet. Zwei mal #FAIL.

Sehr geehrtes Unternehmen Sigma,

mit Produkten von Euch habe ich früher immer sehr gute Erfahrungen gemacht. Bevor Garmin das Edge heraus brachte, waren es die Bike-Computer aus Eurem Hause, die mir zuverlässig meine Speed, meine Distanz und meine Zeiten angezeigt haben. Gut, in puncto GPS gibt es kein Kraut gegen Garmin, aber Ihr habt ja noch andere Produkte. Leuchtmittel zum Beispiel.

Rennrad-Frontleuchte: Die Sigma Smilux im Test.


Etwa zu der Zeit, als wir uns zum zweiten Mal auf das 24-Stunden-Rennen "Rad am Ring" vorbereiten, muss ich mir Gedanken um eine effizientere Rennrad-Beleuchtung machen. Bei einem 24-Stunden-Rennen wird es nämlich dunkel. Da ich 2011 lediglich mit einer Minifunzel von Cateye unterwegs war, wollte ich für 2012 etwas stärkeres haben. 


Tolles Produkt: Bumm IxionIQ. Gar nicht toll: Sigma Smilux.

Ich entscheide mich für Eure Sigma Smilux. Sie leuchtet hell, für mich jedenfalls mehr als ausreichend hell. Ich fahre mit ihr die Nacht hindurch - und bin sehr zufrieden. Das ändert sich aber 2013. Ich trete wieder beim Zeitfahren Hamburg-Berlin an. Es wird eine geradezu epische Schlammschlacht. Die Eure Lampe nicht überlebt.

Seit diesem denkwürdigen Ritt höre ich, wenn ich nun diese Leuchte einschalten will, nur noch ein verdächtiges kurzes Kistern (Kurzschluss?) und das war es.

Aus. 
Kaputt. 

Genau zwei Fahrten - eine trockene und eine feuchte - hat Euer Produkt gehalten. 30 Euro habe ich für dieses Leuchte bezahlt. Die Busch & Müller Ixion IQ ist nicht nur heller. Sie kann auch ruhig feucht werden. Und sie leuchtet noch immer. 

Doppelte Enttäuschung: Die Rennrad Rückleuchten Sigma Cuberider.


Warum ich Bumm kaufe? Weil ich von Euch doppelt enttäuscht wurde. Ich rede von meinen Rückleuchten. Diese sind, was den Sicherheitsaspekt angeht, meines Erachtens nach noch wichtiger, als die Frontleuchten: Wenn mich nachts von hinten keine Autofahrer sehen können, habe ich gute Chancen, über den Haufen gekarrt zu werden.

Besonders gefährlich: Ich merke nicht, ob und wann mein Rücklicht ausfällt.

2012 fahre ich den Cuberider 2 - Model RL700. Die Leuchte leuchtet sehr hell. Sie ist einfach und sicher am Rennrad zu befestigen. Ich bin hochzufrieden. Doch nach HHB ist auch der Cuberider hinüber. Feuchtigkeit, auch hier, nehme ich an.



Enttäuschend: Der Cuberider II von Sigma.

Was ich mich frage: Regen, das ist ja in unseren Breiten nicht wirklich selten. Sollten dann Eure Produkte nicht auch irgendwie wasserdicht sein? Testet Ihr Eure Produkte nicht auf Nässeschutz? Bei all den Gummidichtungen, dem gummierten An/Aus-Schalter usw. gehe ich davon aus, dass Ihr Eure Produkte auch so entwickelt, dass diese bei Nässe und Regen gefahren werden können. Oder? Macht ja auch irgendwie Sinn. Oder habe ich in der Gebrauchsanweisung (die man natürlich als erstes wegwirft) vielleicht im Kleingedruckten einen "Hinweis" übersehen?

Na, wie dem auch sei. Der erste Cuberider brennt durch. 10 € hat der gekostet. Rücklichter aber, die brauche ich. Also kaufe ich mir ein Neues. Diesmal den originalen Cuberider, den kleinen, eckigen - Model RL401W.

Klein aber ... umständlich. Der Cuberider von Sigma.


Erste Überraschung: Was ist das denn bitte für ein Batterie-Format? A23. Noch nie gesehen. Kosten 4 € das Stück, zwei davon braucht man. Okay, der kleine Cuberider ist wirklich sehr klein. Da brauchts dann auch entsprechende Energiequellen. Aber in der Schublade daheim hat man die A23 nun wirklich nicht.

Ich lege zuhause die Batterien ein - der Cuberider leuchtet sofort auf. 
Ich betätige den Schalter - der Cuberider leuchtet noch stärker.
Wieder den Aus-Schalter - der Cuberider leuchtet wieder schwächer.


Noch enttäuschender: Der Cuberider von Sigma.

Oh man!, denke ich mir: Jetzt ist bei diesem nagelneuen Teil also der Schalter kaputt. Ab Werk! Da ich wenig Zeit habe, es ist Wochenende, ich muss los, bleibt mir nichts anderes übrig, als das Rücklicht so mitzunehmen.

Jetzt wird es richtig absurd: Will ich losfahren, muss ich die Batterien einlegen (es leuchtet schwach) und dann den Schalter betätigen, dann leuchtet es hell. Will ich, dass der Cuberider aus geht, muss ich das ganze Ding vom Rad abbauen, aufhebeln und die Mini-Batterien herausfummeln.

Das. Ist. Richtig. Schrott.

Rücklicht kaputt - nach 50 km. Ohne Regen.


Was mich besonders ärgert, neben der Tatsache, dass ich den Cuberider nicht einmal vernünftig an- und ausschalten kann: Irgendwann fällt das Licht dann (es ist stockdunkel!) aus. Ich bekomme das nur mit, weil mein Begleitfahrzeug mir das per Funk durchgibt. Egal, der Van fährt stetig direkt hinter mir, keine Gefahr also. Aber was wäre gewesen, wenn ich ohne Begleitfahrzeug unterwegs gewesen wäre?

Wenig später "nehme ich das Scheißteil vom Rennrad ab", wie ich es fluchend ausdrücke, und stutze ein weiteres Mal: Nach nur einer einzigen Ausfahrt ist bereits die Gummidichtung ausgeleiert und hinüber sowie eine Schraube aus der Halterung weg geflogen. Noch mal: Das war ein nagelneues Produkt von Euch!


Nachts ohne Rücklicht? Selbstmord!

Dieser zweite meiner Cuberider hätte sich also wahrscheinlich beim nächsten Pflasterstein-Stück eh selbst vom Rahmen verabschiedet. Dass beim Montieren zuhause der Gummiring, mit dem man die Leuchte an der Sattelstütze befestigt, gerissen ist, geschenkt! Ich hatte nämlich noch die richtig guten Ringe von der Garmin-Halterung, die reißen wenigstens nicht. 

Ich fasse also zusammen: Gummi gerissen, Schalter defekt, Dichtung defekt, Leuchten ausgefallen, Halterung defekt. An dieser Leuchte war nichts in Ordnung.

Auch mein zweiter Cuberider kostet 10 €.

Sigma. Ehrlich: Das ist ganz großes Fail. Ich habe 50 Euro in Schrott von Euch investiert. Das ärgert mich. Mit meiner neuen Frontleuchte von Bumm bin ich hochzufrieden.

Ich benötige nur noch eine neue Rückleuchte.

Es wird keine von Sigma sein.



Wie sind Eure Erfahrungen mit der Qualität von Rennrad-Beleuchtungsmitteln? Ich freue mich über Eure Kommentare.

19. März 2014

Das erste RAAM-Training - mit dem Rennrad durch den Harz. Ein Bericht.

Es ist das erste große Langstrecken-Training, wir nennen es "Mini-RAAM", gewesen. Es war aufregend, spannend, sehr spaßig und doch schwer, wie erwartet, bei allen Schwierigkeiten und Hürden, die wir nicht überspringen konnten, doch ein Erfolg. Und das möchte ich Euch hier heute etwas ausführlicher berichten. Den offiziellen Bericht dieses Tages könnt Ihr übrigens auf unserer SunClass-Radsport Website nachlesen, einfach diesem Link folgen.

Freitag, 21:00 Uhr - Nur ein Rennrad steht am Start.


Alles beginnt mit einem Anruf von Heiko zwei Tage bevor es los geht: Verschnupft, rau und leise kratzt eine dunkle Stimme im Telefon: "Lars, ich melde mich krank ... grippaler Infekt. Und das Wochenende kannste auch vergessen ... tut mir leid!" Oh man, denke ich. Das fängt ja gut an ...

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Sichtlich geknickt steige ich am Freitag um 21:00 Uhr zu Kerstin und Sonja in den Van: Ohne Heiko also. Das ist genau das, was ich gerade nicht will. Alles guckt nun wieder nur auf mich! Ich fühle mich unwohl.


Wir ziehen es durch - Sonja und ich am Van.

Aber es hilft natürlich nichts. Vergeblich hatten wir nach Lösungen gesucht, das Event vielleicht doch noch verschoben zu bekommen. Kerstin und Sonja spielen für St. Pauli Handball - nächstes Wochenende ist wieder ein Liga-Spiel. Verschieben geht also nicht.

Und so fahren wir durch die dunkle Stadt nach Harburg in den Süden, stellen uns bei Metro auf den leeren Parkplatz und machen uns bereit: 0 Uhr sollte das Training losgehen, ich werde 23:15 Uhr etwas früher auf die Strecke gehen.

Wie genau laufen unsere Trainings ab?


Ich hatte es beim meinem letzten Blog-Post schon kurz erläutert. Einige Leser baten mich, unseren Trainingsansatz mit den Langstrecken-Events noch einmal genauer zu erläutern, was ich hiermit gern tue. Generell ist es unser Ansatz, dass wir Fahrer nur gemeinsam mit unserer Crew zu einem gut funktionierenden Team zusammenwachsen können. Eben weil das RAAM so speziell und so anders ist, als alles bisherig geleistete.


Es sind (noch) 7 Grad Celsius. Tiefstwert diese Nacht: 1 Grad.

Und genau deshalb haben wir 10 Events definiert, bei denen wir auf bis zu 3.200 Non-Stop-Kilometern das Fahren im "RAAM-Modus" trainieren werden. Was ist dieser "RAAM-Modus"?

Es ist im Grunde genommen nichts anderes als die Simulation des Race Across America. Heiko und ich wechseln uns genau nach den selben Schemata ab, an die wir uns später in den USA halten wollen. Da wir darin natürlich auch gänzlich unerfahren sind, testen wir verschiedene Wechselmuster aus. So auch bei diesem ersten Training.

Vor jedem Training erarbeiten wir in einem Briefing die Aufgaben, oder Thesen, die wir testen wollen. Bestätigen wir eine These, wird die gemachte Erfahrung fest in unsere spätere Renn-Strategie integriert. Wird eine These widerlegt, suchen wir nach einer neuen für das nächste Training.


Erst einmal an die Dunkelheit gewöhnen: Noch mit Straßenbeleuchtung in Harburg.

In diesem ersten Event gab es drei Aufgaben/Thesen, die wir uns vorgenommen hatten - neben der generellen Aufgabe auszutesten, ob und wie wir mit Crew, Racern und all dem Gepäck im Van zurecht kommen.

Als Aufgabe 1 galt es zu ermitteln, ob es möglich/sinnvoll ist, in 90-min-Turns zu fahren. Generell gehen wir nämlich davon aus, (das wäre dann die erste These) dass es sinnvoller ist, sich tagsüber in kurzen Abständen abzuwechseln, um dann nachts (Aufgabe 2) einen sehr langen Turn zu fahren, der vom jeweilig im Off befindlichen Racer zur Regeneration genutzt werden sollte.

Und so gibt der Wechselplan beginnend ab Start 2 x 6 kurze 90-min-Turns vor, deren Ende um 19 Uhr erreicht sein würde.


Lichtspiele am riesigen Rangierbahnhof Maschen - Hamburg: Tschüs!

Dann würde der erste Racer - in diesem Fall ich selbst - einen 5-h-Turn fahren, während Heiko sich lange und ausgiebig erholen könnte. Danach hatten wir jeweils 2 x 90-min-Turns geplant, bevor dann wiederum Heiko von 6 bis 11 Uhr seinen Fünfer gefahren wäre.

Nach letztlich weiteren 2 x 3 90-min-Turns hätten wir jeweils 11 kurze und einen langen Turn gefahren, wären dabei jeder etwas mehr als 500 km gefahren und würden gegen 14 Uhr nach rund 1.050 Kilometern in Geesthacht, östlich von Hamburg, unser erstes Training beendet haben.


Das war der Plan für unser erstes Training. 

Unsere beiden Fahrerinnen - das wäre Aufgabe 3 - hatten zu testen, ob 6-h-Turns am Steuer für diese Distanz ausreichend sind, hatten die Onboard-Navigation (Tablet-App, die den Garmin-Track mit abfahren kann) zu testen und erste Protokolle (dazu später mehr) mitzuführen.

Soweit der Plan.

Erste Kilometer in der Dunkelheit.


Ich gehe auf meinen ersten Turn und bin erst einmal eine Weile damit beschäftigt, mich auf dem Rennrad wieder zu finden. Eine lange Wintersaison außerhalb des Rennrad-Sattels und zudem eine noch nicht ganz ausgestandene Erkältung lassen Muskeln und Knochen nur langsam in Schwung kommen. Die Feuchtigkeit der Luft und mit ihr die Kälte kriechen mir langsam durch die Nähte der Klamotten auf die zitternde Haut.


Dunkel, kalt. Ich muss mich erst an den Spaß gewöhnen.

Direkt hinter mir - wann immer wir allein auf den kleinen Land- und Nebenstraßen sind, im Licht der Fernlicht-Scheinwerfer - das Tuckern des Vans mit meinen beiden Crew-Damen. Ich fahre mit einem Funkgerät im Ohr: Kerstin und Sonja habe ich gebeten, mir alle 30 Minuten eine Durchsage zu machen und mich sonst vor falschen Abbiegungen und ähnlichem zu schützen.

"30 Minuten sind rum", kommt auch prompt die erste Meldung. Ich erschrecke: Was? So schnell?!

Wow, die Zeit fliegt, merke ich. Und merke auch, dass ich mich plötzlich wieder an das Fahren gewöhnt habe. Vor mir leuchtet meine IxionIQ von Bumm die unmittelbar vor dem Rennrad liegenden Meter aus, daneben, durch die Autoscheinwerfer fast taghell, die bisweilen gespenstisch illuminierten Straßentunnels, die sich aus den Alleebäumen ergeben.

"60 Minuten sind rum." Potzblitz! Das geht ja ab hier ... gefühlt nur wenige Augenblicke später das erlösende: "90 Minuten sind rum, Lars!".


Immer direkt hinter mir: Der Van.

Als ich meinen zweiten Turn fahre, ist es draußen stockdunkel. Sobald wir auf größeren Straßen fahren, wechseln die beiden Mädels im Van immer zwischen Fern- und Abblendlicht. Was ich interessant finde: Vom Abblendlicht habe ich sogar mehr, da mich ja eher interessiert, was 100 Meter vor mir passiert und nicht, was sich in 2 km Abstand so tummelt.

Wunderschöne Einblicke: Ich sehe massig Fledermäuse flattern und wild ihren Kurs ändern. Schnakend kommen mit in nur 5 Metern Höhe mitten über der Straße und noch unter der Baumgrenze fliegend vier Gänse entgegen. Unmittelbar vor uns überquert eine Horde Rehe so nahe die Straße, dass, wenn ich meine Hände ausgestreckt hätte, ich sie noch hätte streicheln können. Hasen grüßen, ein Fuchs blitzt in der Peripherie auf, weiter weg kreischt ein Greifvogel.

Es macht richtig Spaß, nachts zu fahren.

Sicher ist es noch dazu: Sobald Autoscheinwerfer uns entgegen kommen oder uns überholen wollen, schaltet der Van die Warnblinker an: Sofort bremsen die Autos ab, sogar Entgegenkommer fahren sehr behutsam und langsam an uns vorbei. Die ganze Zeit über kann ich mich so - sogar auf dicht befahrenen Bundesstraßen (die wir allerdings versuchen zu meiden) sehr sicher fühlen.

90 Minuten On - 90 Minuten Off. Erfahrungen.


Ich beende um 7 Uhr morgens einen weiteren 90er-Turn. Froh darüber, endlich wieder im warmen Bus zu sein, lade ich das Rennrad in den Van und lasse mich hinten auf die Sitzbank plumpsen. Ich habe bis jetzt viereinhalb Stunden im Sattel meines Cervélo gesessen.



Sieht einsamer aus, als es tatsächlich ist.

Was mich im Rückblick überrascht ist die Tatsache, wie schnell ein solcher Turn immer vorüber geht. Ich habe das Gefühl, dass - kaum sitze ich einigermaßen eingewöhnt auf dem Rennrad - schon die erste halbe Stunde vorbei ist. Die nächste halbe Stunde fliegt auch nur so, die letzten dreißig Minuten sind dann nur noch ein Klacks.

Insofern kann ich begeistert den beiden Damen im Bus attestieren, dass unsere erste These, dass nämlich die 90-min-Turns die perfekten Zeiträume für optimales Rennradfahren sind, als bestätigt gelten kann. Es ist genau die Zeitspanne, die es mir ermöglich, mit wenig Ermüdung das Rennrad zu bewegen. Wenn ich absteige und in den Van steige, fühle ich mich eher erfrischt, denn abgeschmackt. Das macht Mut.


Zurück im Team-Bus: "Sleep fast!"

Allerdings hat die ganze Sache einen Haken: Genauso schnell, wie die 90 Minuten für den Racer vorbei gehen, fliegen sie natürlich auch für denjenigen vorbei, der gerade Pause hat. Zwar gewöhne ich mir immer das selbe Ritual an, wenn ich in den Bus springe, um meine Wurschtelzeiten zu mini- und die Regenerationszeiten zu maximieren, bin aber trotzdem immer wieder aufs Neue "geschockt", wenn vorn der Wecker läutet und mir signalisiert: "In 15 Minuten musst Du draußen lostreten!"

Ich denke dennoch, dass wir die kurzen 90-min-Turns später beim RAAM sehr gut werden einsetzen können, um möglichst ressourcenschonend voran zu kommen. Allerdings lerne ich auch, das eine sehr hohe Disziplin - auch von der Crew - notwendig sein wid, um keine wertvollen Minuten zu verlieren, wenn es um die Regeneration geht.


Warnblink und - beim nächsten Training - ein Schild warnt den übrigen Verkehr.

Es fängt gegen 5 Uhr langsam an zu dämmern. Ich bin auf meinem dritten Turn und mittlerweile spüre ich einen - nicht sehr starken aber durchaus nervigen - steten Gegenwind. Da ich allerdings mit nur 25, 26 km/h fahre ist es aber alles erträglich.

Seit meinem ersten Turn allerdings kehrt der Schnupfen, den ich halbwegs auskuriert glaubte, wieder verstärkt zurück. Die Nase setzt ständig zu, ich bin die ganze Zeit am Ausschnauben. Das gibt dann dermaßen große Nebel-Rotz-Fontainen, verstärkt im Scheinwerferlicht des Van, dass irgendwann Kerstin über Funk meint: "Da muss ich ja bald mal die Scheibenwischer anmachen!"

Noch lächle ich darüber.


Der Tag bricht an: Rennradfahren in den Sonnenaufgang. Unbezahlbar.

Und so nähere ich mich um 7 Uhr meiner dritten Auswechslung und freue mich über die bisherigen Erfahrungen: Die 90-min-Turns waren genau die richtige Wahl!

Race Across America - ist eine Speed von 25 km/h zu halten?


Vorweg die Antwort: Jaein. Natürlich kommt es auf das Gelände an. Zunächst unsere These/Aufgabe: Im Briefing für dieses Training formuliere ich es so - "Testen, ob ein Netto-Schnitt von 25 km/h möglich ist." Netto (also die tatsächliche Zeit in Bewegung) deshalb, weil wir erst in einem der nächsten Steps eine Optimierung des Brutto-Schnitts sehen.

Also ist für mich die Aufgabe klar: Sitze ich auf meinem Cervélo, versuche ich möglichst die 25/26 auf dem Tacho zu halten.


25er Schnitt halten - einfacher gesagt, als getan.

Das ist natürlich nur dann einfach, wenn es möglichst gleichförmig, ohne Kurven oder Haltepunkte geradeaus geht. Da unsere Strecke zum allergrößten Teil auf Landstraßen, teilweise auf fiesen Forstwegen (Split und Kopfstein) und damit auch oft und viel um 90-Grad-Kurven geht, habe ich natürlich viel Brems- und Beschleunigungsarbeit zu verrichten. Mit Geradeausstücken bin ich nur selten gesegnet, kann kaum einmal mehr als 10 Minuten gleichförmig treten. Für das nächste Training sehe ich hier Optimierungsbedarf: Wir können ruhig mehr B-Straßen fahren, um eine gleichförmigere Tretfrequenz zu generieren.

Interessant finde ich, dass ich es mental eher anstrengend finde, stetig "zu langsam" treten zu müssen. Das ist ein Effekt, den man nicht unterschätzen sollte. Von meinen Rennen bin ich es natürlich gewohnt, die harten Antritte des Pelotons mitgehen zu müssen/wollen und auch, möglichst schnell unterwegs zu sein. Sich jetzt willentlich zu bremsen, ist eine Sache, die ich erst lernen muss.

Doch warum 25 km/h?


Jedes Training braucht ein Ziel. Unseres: Der 25er Schnitt.

Sich einfach nur aufs Rennrad zu setzen und ziel- und sinnlos durch die Gegend zu kurbeln, ohne zu wissen, warum und wofür, ist kein Training. Das ist Schwachsinn. Deshalb haben wir uns mit dem RAAM sehr genau beschäftigt. Unter anderem können wir so aus den Finisher-Zeiten der letzten Jahre die Durchschnitts-Speed errechnen.

Und die liegt für den ersten Platz bei 26,8 km/h, für den dritten Platz bei 24,5 km/h und - jahres-unabhängig natürlich - für ein Finish innerhalb der vorgegebenen 9 Tage Maximaldauer bei 22,2 km/h. Das sind für uns natürlich dann genau die Vorgaben, um unser Training auszurichten, immer wieder neu zu bewerten und an den passenden Schräubchen zu drehen.


Flach und halbwegs gleichförmig: 25 km/h sind so kein Ding.

Bei der Ermittlung unserer Werte hilft uns neben dem Garmin Edge auch ein eigene Protokoll-System, das wir entwickelt haben, um nicht nur die nominellen Werte wie Distanz, Höhenmeter und Speed zu erfassen, sondern auch subjektive Werte zu erfassen: Wie fit fühle ich mich von Turn zu Turn? Wie müde fühle ich mich und wie ist es um meine Motivation bestellt?

Ich werde am Ende dieses Trainings zwar nur 5 Turns gefahren sein, so viel sei verraten, aber dennoch ganz interessante Daten gesammelt haben.

So kann ich bei den ersten beiden Turns mit 26,3 und 24,9 km/h noch das angepeilte Ziel vom 25er-Schnitt erreichen. Logisch: Sobald es in den Harz geht (und die Strecke hat abseits der großen B-Straßen natürlich die eine oder andere wirklich happig steile oder elend lange Rampe in petto), sinkt der Schnitt. Richtig geil wird es dann auf den 13% steilen Schotterwegen und Forststraßen ...


Höhenprofil und Daten meiner 5 Turns.

Kann ich bei den ersten Ausläufern und Wellen des Mittelgebirges noch mit 23,9 bzw. 23,6 km/h wenigstens halbwegs die Speed über der 20 halten, ist dies bei den krassen Bergen im Hochharz nicht mehr möglich: Der fünfte und letzte Turn mit schlägt 19,2 km/h leidlich langsam zu Buche.

Was sagt uns das? Zunächst einmal wenig: Heikos Zahlen fehlen und auch meine Werte sind - erkältungsbedingt, frühe Saison, niedriger Trainingsstand - eher nur ein "Ausblick", denn handfest. Nichts desto Trotz bin ich mit dem Gesamtschnitt von 23,6 km/h sehr zufrieden: Eine gute Basis, um darauf aufzubauen und mithin angenehm innerhalb der 22er-Grenze.

Im Team-Van: Erste Lehren und Erfahrungen.


Der Van - und später auch der Caravan - wird beim Race Across America unser Zuhause sein. Wenn es hart auf hart kommt, für sogar 9 Tage. Umso wichtiger ist es für uns, während der Trainings heraus zu finden, was die beste Art und Weise ist, sich im und mit dem Bus zu arrangieren.


Nach erledigtem Turn wartet das kuschelige Auto: Ein Traum.

Hierzu können wir auf im Vorfeld unsere Erfahrungen zurück greifen, die wir bei zwei Teilnahmen am 24-Stunden-Rennen "Rad am Ring" gemacht haben: Dort waren wir auch in einem Caravan unterwegs. Und deshalb konnte ich rückblickend unsere Crew schon ein mal vorwarnen, denn nach nur 24 Stunden Einsatz an der Nordschleife sah es im Caravan aus, als sei gerade die Armee durchgekommen ...

Ordnung, Sauberkeit - wissen, an welchen Platz welches Teil kommt und die Disziplin, Dinge auch immer wieder dahin zurück zu räumen, woher man sie genommen hatte, das wird die unbedingte Voraussetzung sein, wenn wir mit 11 Mann in den Staaten über maximal 9 Tage auf kleinstem Raum zusammen leben wollen. Ohne uns die Köpfe einzuschlagen, uns zu Tode zu suchen nach "der einen Socke, die mir noch fehlt" und ohne in Dreckwäsche und Müll zu ersticken.

Allerdings habe ich am Wochenende ganz andere "Probleme".


Sehr eng, unbequem. Hier müssen wir optimieren!

Knolle, Kerstins Hund, will patrout nicht seinen Lieblingsplatz - zumal mit so guter Aussicht auf allerlei Wildgetier abseits der Strecke - mit mir teilen. Aber auch wenn ich es schaffe, den dann störrischen Hund auf sein Liegekissen unten zu verschieben, habe ich kaum Platz: So genial es auch ist, mit Kerstins Camper-VW zu reisen (vor allem für unsere Teamkasse), so eng ist es auch.

Die Pantry nimmt Breite weg. Und so kann ich mich nur zusammengekrümmt wie ein Embryo halbwegs hinlegen. Entspannen, langmachen - Fehlanzeige. Das ist natürlich fatal, denn durch die unnatürlich verzerrten Haltungen verkrümme ich noch mehr. So ist Entspannung nicht möglich und mit der Zeit werden die unvermeidlichen Nackenschmerzen, die beim Rennradfahren immer eintreten, nur noch schlimmer.

Da Heiko nicht mitkommt, haben wir auch auf die Montage eines Fahrradhalters außen am Van verzichtet. Ein weiterer Fehler, denn so muss ich das Cervélo innen im Bus transportieren, was wiederum nicht nur Platz wegnimmt, sondern auch verhindert, dass wir meine Bank umklappen und zu einer großen Liegewiese umfunktionieren können.

All das wird und muss sich beim nächsten Training ändern.


Erholt in den nächsten Turn: So ist der Plan.

Wenn ich einen Turn beende kann ich dennoch ein schnelles, immer gleiches Programm abspulen: Reinkommen, Rad weg, Garmin, Funke und Licht zum Laden geben, Klamotten bis auf Unterhemd und Hose ausziehen - Hosenträger der Bibs runter - dicke Wollsocken und Sweater an.
Und dann schnell in den Schlafsack geschlüpft.
Schnell eine Stulle und eine Banane gegessen.
Das alles geht in weniger als 15 Minuten.

Dann lege ich mich (irgendwie) hin und schließe die Augen: Ich will nun möglichst 60 Minuten Ruhe bekommen. Sicher, an Schlaf ist nicht zu denken. Das Auto wackelt, Musik ist an, vorn unterhalten sie sich, verfahren sich, stellen Fragen, diskutieren.
Es ist so unbequem, dass ich nicht entspannen kann - aber wenigstens komme ich runter.

Dann klingelt der Wecker: 15 Minuten Zeit, mich anzuziehen, das Rennrad klar zu machen, neues Getränk mixen und auf die Strecke.

Ich denke rückblickend, dass die 90 Minuten Off wohl ausreichend sein werden, um sich vom Turn zu erholen. Wenn wir es schaffen, unser Wechselprogramm - auch zusammen mit der Crew - so zu perfektionieren, wie ich oben beschrieben habe, können wir die Essens- und An/Umkleidezeiten weiter reduzieren.
Schaffen wir es dann noch, die wirkliche Ruhezeit (unterstützt durch eine echte, gestrecke Liegemöglichkeit, Schlafbrille und Ohropax) auf 60 Minuten zu halten, bin ich sehr guter Dinge.

Verpflegung beim RAAM - Essen und Trinken bei hoher Ausdauerbelastung.


Es ist natürlich eine Wissenschaft für sich. Nicht nur, dass wir beim RAAM sicherstellen müssen, dass wir aus kalorischer Sicht den Energiebedarf des Körpers decken, uns mit wichtigen Mineral- und Vitalstoffen versorgen und dabei nicht übermäßig den Verdauungsapparat belasten, wir wollen zudem auch noch, dass es schmeckt.

9 Tage das selbe Essen?
9 Tage Gel-Tütchen und pappsüßes Iso-Zeugs?
Muss nicht sein.

Ich starte dennoch in das erste Training mit einem sehr einfachen Speiseplan. Stullen & Bananen.


In Ruhe Essen & Entspannen. Auch beim RAAM?

Mein täglicher Energiebedarf (auch "Grundumsatz" genannt) liegt bei 1.600 bis 1.800 kCal - je nachdem, welcher Berechnungsmethodik man Glauben schenken möchte. Für eine Stunde Rennradfahren im GA-Bereich (denn das ist der Bereich, in dem ich mein Rennrad auf 25 km/h bewege) verbrauche ich (ink. Grundumsatz) rund 2.800 KCal. (Auch hier: Je nachdem, welcher Berechnungsmethodik man Glauben schenken möchte).

Und hierauf muss meine Ernährung abgestimmt sein, denn primär muss ich durch sie die verbrauchte Energie ja wieder auffüllen. Meine Vollkornstullen enthalten pro Brothälfte inkl. Belag 250 KCal. Ich müsste also nach jedem Turn 4 Stullenhälften, und eine Banane essen, wollte ich auf meine Kalorienanzahl kommen. Natürlich ist diese Berechnungsmethode extrem ungenau - schon allein, weil die Ausgangswerte nicht stimmen und der Kalorienverbrauch sowie Leistungseinsatz je nach Streckenbeschaffenheit variieren. Aber grob sollte es hinkommen. Woran ich das merke?

Mir hat nicht ein einziges mal der Magen geknurrt und ich hatte die ganze Zeit über keinerlei Ernährungsmangel gefühlt.


Veränderte Strecke = Veränderter Anspruch auch an die Nahrungsaufnahme.

Sicher ist mein "Ernährungskonzept" mit den Stullen alles andere als praxistauglich. Schon gar nicht über 9 Tage. In den nächsten Events - etwa ab dem dritten oder vierten, wenn wir eingespielt sind, was die Wechselstrategie angeht - werden wir uns dann verstärkt der Ernährung widdem. Genaue Kalorien-Pläne werden in einen abwechslungsreichen und schmackhaften Speisenplan umgewandelt. Dass wir uns hierfür professionellen Rat holen, ist selbstverständlich.

Bereits zum nächsten Event aber wird es einen etwas schmackhafteren variableren Plan geben, ergänzt um eine warme Komponente (wichtig nachts!), um Kaffee (ohne Worte) und natürlich einen "Schmackofatz", einen Motivator nach oder vor den Turns.

Unsere Crew beim RAAM - erste Eindrücke und Erfahrungen.


"Ich hätte nicht gedacht, dass es so hart sein würde!", meint Kerstin kurz nachdem wir wieder zurück in Hamburg sind. Auch Sonja stimmt zu, meint jedoch auch: "Es macht viel emhr Spaß, als gedacht. Es ist so viel zu tun, so viel zu bedenken. Ich habe jetzt noch viel mehr Bock auf die USA!" Mission erfüllt - zumindest von diesem Standpunkt aus.


Großes Danke an Kerstin & Sonja: Tolle erste Crew!

Die beiden haben am eigenen Leib erfahren, was es heißt, ein Auto extrem langsam zu lenken, die volle Verantwortung für die Navigation zu übernehmen, immer ein wachsames Auge auf den Zeitplan zu haben, Mädchen für alles zu sein und ganz nebenbei auch noch auf sich selbst zu achten. Es hat geschlaucht, klar, aber die Beiden bestätigen mit ihren Aussagen all die Ideen die wir hatten, um auf das System des gemeinsamen Trainings zu kommen.

Beide haben die ganze Zeit über eine dermßen gute Laune, dass bei mir schnell all der Groll darüber verfliegt, dass ich allein bin. Via Funk schnacken sie sogar öfter mit mir, feuern mich an, machen ab und zu Witze und wissen aber auch, wann es Zeit ist, ernst zu werden.


Nach 13 Stunden im Harz. Langsam müde. Alle.

Es ist der Harz nach 13 Stunden Fahrt, der uns allen vor Augen führt, was das RAAM wirklich bedeuten wird: Schlafmangel und manchmal Starre ob der Dinge, die da vor uns liegen. "Schaut Euch die Scheiße an", sage ich ein mal über Funk und deute auf die massiven Berge, die da drohen: "Da müssen wir gleich durch!".

Kerstin und Sonja gönnen sich keinen Schlaf. Zwar sehe ich beide abwechselnd auf den Beifahrersitzen unter einer Decke verschwinden, aber schlafen werden beide ebenso wie ich keine einzige Minute. Kerstin arbeitet ebenso wie ich in einer Agentur. Sonja ist Krankenschwester - wir starten in dieses Training direkt von einer 5-tägigen Arbeitswoche. Also entsprechend müde.
Das ist gewollt, simuliert es doch eine gewisse "Anfangsschwäche".


Hat auch seinen Spaß gehabt: Team-Hund Knolle.

Nach jedem Training gibt es ein De-Briefing, das wir zusammen ausarbeiten. Hier wird beurteilt, ob und wie die im Briefing formulierten Aufgaben erfüllt worden sind, welche und warum es nicht wurden und was beim nächsten Training anders werden soll.

Diese De-Briefings werden dann dem gesamten Team zur Verfügung gestellt, sodass auch diejenigen Teammitglieder, die nicht mitkommen konnten, immer auf dem neues Stand sind. So lernen wir alle voneinander.

Von Kerstin und Sonja erhalte ich wertvolle Hinweise, die wir bereits beim nächsten Training berücksichtigen werden: So werden wir unsere On-Board-Navigation überarbeiten. Heiko hatte uns dazu eine App auf ein Tablet gespielt, die den GPSies-Track ebenso wie das Garmin beim Racer abfahren kann. Mit mäßigem Erfolg. Ernährung, Pausenmanagement, Bus-Aufteilung, Ernährung und Sicherheitsaspekte werden wir verbessern.

"Auf jeden Fall muss der Beifahrer auch jede Minute zum Schlafen nutzen!", sagt Kerstin, die, als wir in Hamburg ankommen, todmüde umfällt. Was wäre nur passiert, wenn ich weitergefahren wäre?

Es geht zu Ende.


Es ist gegen 13:45 Uhr, ich kämpfe mich den Sonnenberg hinauf, nachdem ich die erste Hälfte auf einem steilen Schotterweg abseits der B-Straße nehmen musste, freue ich mich jetzt über Asphalt.


Ich weiß es schon: Nach diesem Turn ist Schluss.

Es ist sehr heiß geworden. Meine kalten Füße sind zu Schweißfüßen geworden, die laufende, kalte Nase kitzelt stetig, sie brennt - seit 14 Stunden schneuze ich sie ohne Unterlass. Jetzt erst bemerke ich den metallischen Geschmack im Mund. Und schaue auf meine weiße Hose, an der ich mir den Rotz immer abwische: Blut. Ich schnaube mir seit heute Morgen blut aus der Nase.

Hinzu kommt seit ein, zwei Stunden ein drückender Kopfschmerz und jetzt, mitten im Anstieg, fängt die Lunge an zu schmerzen. Ich versuche noch einige Kilometer lang, durch verlangsamtes Tempo, weniger Kraft auf dem Pedal und der Aufnahme von viel Flüssigkeit die Effekte unter Kontrolle zu bringen - vergebens.

Irgendwann entscheide ich mich dann für meine Gesundheit: Auch wenn es heute "nur" ein Training ist - eine Lungenentzündung riskiere ich hier auf keinen Fall!


Immer gut gelaunt: So muss das sein!

Oben auf dem Berg warten sie, feuern mich an. Kerstin ruft "Respekt!" und treibt mich an. Na, die Abfahrt, die gönne ich mir noch!, denke ich mir: Immerhin habe ich hart dafür gearbeitet. Wie besoffen stürze ich mich ins Downhill, fliege von Kurve zu Kurve, genieße es richtig, wieder im Untenlenker jenseits der 50 km/h zu fahren, Ideallinie, Wegducken unter dem Wind - der VW kommt nicht hinterher.

Den Spaß gönne ich mir noch - vielleicht kann ich so noch ein paar km/h vom lausigen Bergaufschnitt ausmerzen. Aber dann ist auch Schluss. Aus. Ich überlege noch, ob ich nicht wenigstens die nun anstehende 90-min-Pause abwarten soll. Aber was soll da schon passieren? Eine Wunderheilung von einer eineinhalbwöchigen Erkältung? Unwahrscheinlich.

Wir kehren um. Es ist 14:15 Uhr. Ich habe 36% der Strecke geschafft. Immerhin.


Learnings und Aufgaben für das nächste RAAM-Training.


Niedergeschlagen, aber nicht geschlagen bin ich. Erste Gedanken zischen mir durch den Kopf: Was lief gut? Was können wir besser machen? Ich fasse zusammen: Ich konnte ab 23:15 Uhr Freitag 5 Turns á 90 Minuten fahren. Bei einem Gesamtschnitt von 23,6 km/h, davon in den Flachstücken um die 25 km/h sehe ich das als Erfolg an. Aber wie gesagt: 5 von 12 Turns.
Immerhin: Wir sind fast zum südlichen Wendepunkt gekommen.

Was nicht gegangen wäre, das sind die langen 5h-Turns. Ich rede viel im Bus mit den Damen darüber, hatte mir auch während der Nacht schon Gedanken gemacht. Dieser Turn wäre viel zu lang gewesen. Fünf Stunden - das ist sonst eine große Cyclassics-Runde, ein Dreiländergiro, eben, ein komplettes Rennen. Undenkbar, nach 4 kurzen Turns diese Zeitspanne noch abdecken zu wollen. Noch undenkbarer, dies mit einem 25er-Schnitt tun zu wollen.

Später werden wir uns überlegen, wie wir doch noch etwas längere Turns einbauen können, um dem anderen Teammitglied pro Renntag wenigstens eine möglichst lange Erholungspause gönnen zu können. Momentan spielen wir mit dem Gedanken, nachts abwechselns 3 Stunden und dann noch einmal 2 Stunden zu fahren. Also den Tag mit 12 Stunden als 90-min-Turns und 10 Stunden als 3+2h-Turns zu absolvieren. Dies herauszuarbeiten wird die ganz große Aufgabe für das zweite Training sein.


15 Stunden individuelle Wertung: Sieht alles gut aus.

Zuhause beschaue ich mir die Protokolle und übertrage die Daten in ein Koordinatensystem. Jedes mal, wenn ich von einem Turn in den Bus gekommen bin, hat die Crew neben Kilometern, Zeit und Speed noch subjektive Daten von mir erfasst: Auf einer Schulnotenskala, wobei 6 natürlich für sehr schlecht, 1 für exzellent steht) musste ich einschätzen, wie körperlich fit, wie müde und wie motiviert ich mich fühle.

Interessant: Alle Werte sind im guten Bereich. Mit Sonnenaufgang steigen diese sogar - was anzunehmen war. Erst ganz gegen Ende sinkt meine Motivation aufgrund der Erkältung auf 6. Körperlich fühle ich mich zu diesem Zeitpunkt noch super.

Dass die selbe Kurve meiner Betreuer, die diese Daten auch für sich selbst erheben sollen, stetig im Bereich 1 und 2 ist, gibt mir sehr viel Hoffnung und Mut für das nächste Training.


Anfang Mai dann - auf nach Wien!

Das nächste Training. Es wird Anfang Mai stattfinden. Den April haben wir uns - mit Rücksicht vor allem auf das Wetter - trainingsfrei gehalten. Wobei "frei" natürlich nicht stimmt: Ich selbst werde die 4 Wochen im April vorrangig für verstärktes Core-Training und viele Rollen-Einheiten nutzen. So erhoffe ich mir eine sehr viel bessere konditionelle Ausgangslage für das nächste Training.

Und dieses wird es in sich haben: Dann mit 2 Fahrzeugen, darunter einem Carabus, werden wir mit 4 Betreuern (und den Filmjungs) eine 1.700 Kilometer lange Fahrt über 4 Tage unternehmen. Es wird nach Wien und zurück gehen.

Ob ich dann den Kampf um die Rückbank mit Knolle wieder gewinne? Und ob wir endlich unsere neuen Rennräder am Start haben werden? Natürlich halten wir Euch auf dem Laufenden ...


Hier geht es zu den Garmin-Daten des ersten RAAM-Trainings.

6. März 2014

Der Weg zum RAAM - unser Training auf und neben dem Rennrad.

Ich möchte Euch heute etwas mehr darüber erzählen, wie wir uns zum Race Across America (RAAM) fit bekommen werden. Hierzu gab es ja schon kurz nach unserer offiziellen Ankündigung eine Menge Fragen und Hinweise von Euch.

Ganzheitlicher Ansatz: Training als Team-Arbeit.


Mir persönlich war es von Anfang an das wichtigste, dass wir als gesamtes Team trainieren. Meine Erfahrungen von den Teilnahmen beim 24-Stunden-Rennen "Rad am Ring" 2011, 2012 und 2013 und vor allem die Erkenntnisse, die wir von unserer Teilnahme am Race Across the Alps (RATA) gezogen haben, haben in mir sofort den Entschluss reifen lassen, dass es keinen Sinn macht, wenn sich die Racer allein vorbereiten. Die Crew muss von Anfang an dabei sein. 

Weil: Ein RAAM ohne eingespielte, sichere Crew kann nicht gefinished werden.

Und so entwickeln wir die Idee, beginnend ab März in jedem Monat ein "Mini-RAAM" zu fahren. Das Konzept ist ebenso einfach wie klar: Von Anfang an wollen Heiko und ich zusammen mit unserer Crew trainieren. Und das möglichst unter authentischen RAAM-Bedingungen




Unsere sieben Trainings-Events in 2014 unter RAAM-Bedingungen.

Am Ende umfasst unser Kalender nun sieben Trainings-Events, die bei 1.050 Kilometer starten und bis 3.200 Kilometer Länge enden. Sicher könnt Ihr Euch vorstellen, welch organisatorischer Aufwand dahinter steht, 7 Crewmitglieder in verschiedenen Städten Deutschlands und 2 Racer auf einen Kalender zu einigen. Einige von uns sind junge Väter, viele sind in Beziehungen oder in eigenen (Sport-)Projekten eingebunden. 

Am Ende aber steht der Plan und wir finden, dass er sehr gut aussieht.

Hier ein kleiner Hinweis: In späteren Posts stelle ich Euch natürlich unsere komplette Mannschaft vor.

Die Säulen des RAAM-Trainings.


Bevor ich näher auf die Trainingsevents eingehe, vielleicht einen Step zurück. Denn die Langstrecken-Events sind zwar die spektakulärsten, aber nur eine von 3 Säulen unseres RAAM-Trainings. 

Ausgehend von meiner Erfahrung mit mir selbst und meinem Wissen um die Schwächen, die ich als Hobby-Radsportler habe, weiß ich natürlich, dass es zehn Langstrecken-Events (7 in 2014, 3 weitere in 2015) allein nicht bringen werden.


Zum RAAM mit (zunächst) diesen 3 Trainingsschwerpunkten.

Deshalb steht das Training auch auf zwei weiteren Standbeinen: Der Core/Kraft-Teil und der Ausdauerteil. Ersterer ist meine altbekannte Schwachstelle: Zu wenig Stützmuskulatur im Rücken-, Rumpf- und Schulterbereich führt bei mir etwa nach 8 bis 10 Stunden Rennrad-Fahren zu nur schwer erträglichen Schmerzen. Ausgleichs- und Vermeidungshaltungen verschlimmern diesen Zustand. Undenkbar, so 9 Tage nonstop fahren zu wollen!

Das will, muss und werde ich ändern.

Zum Anderen die Ausdauer. Ich sehe mich selbst eher als Kletterer. Meine Statur, meine Muskulatur und meine Leistungen in mittlerweile 3 Jahren Teilnahme an Rennen aller Art charakterisieren mich eher als (zudem eher mittelmäßig gute) Bergziege, denn als Randonneur. Das RAAM wird zwar 52.000 Höhenmeter für uns bereit halten, jedoch sind erstens die Rockies in ihrem Charakter nicht ein mal annähernd mit den Alpen zu vergleichen, andererseits geht es bei einem max. 9 Tage dauernden Rennen nicht um schnellst mögliches Erklettern von harten Pässen.

Die Kombination aus diesen 3 Säulen wird mich - zumindest ist die Umsetzung erst ein mal in Q1 und 2 dieses Jahres geplant - optimal einstimmen auf den nächsten Step im Training. Doch dazu später mehr.

Die Trainings-Events - Mini-RAAM mit Maxi-Effekt.


Die Idee der Mini-RAAM-Events bringt für uns alle nur Vorteile: Die Crew kann so von Anfang an miterleben, wie Heiko und ich fahren werden. Ganz simpel: Mit einem Van hinter einem 25 km/h langsamen Rennrad herzufahren, dabei gleichzeitig Langeweile und Stress ertragen, navigieren, Trink- und Essensprotokolle führen und die Wach-Pause-Zyklen managen - das kann sich nur aneignen, wer es selbst erlebt. Und an den Aufgaben und Distanzen wächst.


Das längste Trainingsevent simuliert 66 % des RAAM

Was passiert bei einem Wechsel und welche Aufgaben übernimmt dabei die Crew? Wie geht die Crew selbst mit Schlafmangel um? All das sind Dinge, die sie gemeinsam mit uns Racern bei den Trainings-Events erfahren werden. Und sich dabei auch ausprobieren können und sollen: Was ist die beste Taktik bei der Crew? Bleibt einer 6 Stunden am Steuer oder wird öfter gewechselt? Unsere tolle Crew wird sich gegenseitig updaten, viel testen und ausprobieren und dabei immer besser werden.

Routine wird einkehren.

Etwas, was uns bei unseren RAR- oder RATA-Einsätzen gefehlt hat: Mag der Enthusiasmus unserer Crew-Mitglieder noch so groß gewesen sein, nur eigene Erfahrung schafft letzlich die Sicherheit, die durch geübte Routine entsteht.

Sie werden sich selbst mit-trainieren. Gemeinsam mit Heiko und mir. Was wir dabei im Sinn haben, ist einfach erklärt: Beim RAAM werden wir eine ganz neue Art Rennrad zu fahren erleben. Wir werden ganz anders performen müssen, als wir es bisher gemacht haben.



So testen wir uns: Geplantes Wechselschema des ersten Events.

Wir werden austesten, welche Turns wir wann fahren: Beginnend bei 90-Minuten-Turns tagsüber und 4- bis 5-Stunden-Turns in der Nacht, die Off-Crew und Off-Racer nutzen können, um zu schlafen. Die Koordination von Van (am Racer) und Caravan (als Ruhe-Basis).

Eben jedes Detail. Alles wird getestet und perfektioniert. Jetzt schon. Eineinhalb Jahre vor Start des RAAM. So früh wie möglich. Und da wir bei 1.000 Kilometern beginnen und bei +3.000 Kilometern enden werden, haben wir am Ende von 2014 dann 7 mal die Mini-RAAM-Hölle erlebt und geprobt.

Unschätzbare Erfahrungen, die wir alle als ein Team machen werden.

Deshalb auch mein sehr bescheidener Rennkalender: Nur der Alpen-Traum steht auf der Liste, das auch eher aus persönlichen Gründen. Was nützt mir/uns die Teilnahme an Rennen? Wir werden beim RAAM ganz anders fahren müssen, als wir uns in Rennen antrainieren könnten. Und genau dafür sind die Trainings-Events da.

Ich kann den Wert dieser Events gar nicht hoch genug einschätzen und freue mich, dass unser Konzept auch von unserer Begleitcrew von Anfang an mit großem Enthusiasmus mitgetragen wird.

Core und Kraft - ohne Stützapparat geht gar nichts auf dem Rennrad.


Mein altes Problem. Dabei mithin eines, für das die Lösung so einfach ist: Ein gezieltes Core-Training ist wenig aufwändig, vergleichsweise wenig zeitintensiv und dabei so effektiv. Wenn man es denn macht. Ich gebe zu, ich habe mich dem bisher immer erfolgreich entzogen: Ich sitze lieber auf dem Rennrad, anstatt mir daheim im Spiegel oder im Fitness-Studio bei gymnastischen Übungen zuzusehen und irgend welche Gewichte zu stemmen.

Aber ohne geht es eben nicht, schon gar nicht im Hinblick auf das RAAM. Wachgerüttelt hat mich diesbezüglich das Interview mit dem RAAM 4er-Team der German Frauleins, die genau das bestätigten: Viel, viel, viel Core! Hardcore, sozusagen.


Heavy Metal bei mir. Ungewöhnlich aber notwendig.

Und so lege ich mir kurzerhand ein Kurzhantel-Set zu, borge mir nun jeden Tag die Yoga-Matte meiner Liebsten aus und verschwinde jetzt immer vor der Tagesschau im Kinderzimmer für mein Workout.

Zunächst besteht dieses recht bescheiden aus nur 12 Übungen, die wiederum abwechslungsreich verschiedene Muskelgruppen in Bauch, Rücken, Nacken und Schultern stimulieren.

Trotzdem ganz schön hart: Schon ein einziger Durchlauf - 20 bis 25 Minuten braucht es dafür schon - zeigt mir in der ersten Übungswoche klar und deutlich meine Defizite in diesem Bereich auf. Muskelkater überall. Sogar an den Rippen ...


12 Übungen - sauber am Kleiderschrank zur Orientierung.

Ich ziehe diesen Single-Durchlauf nun für 14 Tage durch und werde dann auf zwei Durchläufe pro Abend gehen. Wobei eine weitere Steigerung der Intensität später darin bestehen wird, dann schrittweise die Gewichte der Hanteln schrittweise zu erhöhen.

Da der April aus organisatorischen Gründen keine Mini-RAAMs enthält, wird sich mein Trainingsschwerpunkt in diesem Monat klar auf den Core-Bereich und die Rolle verlagern.

Ausdauertraining - mehr als GA.


Dass das Race Across America vor allem ein Ausdauer-Event ist, sollte klar sein. Es ist weniger die Schnellkraft oder die Klettertauglichkeit, die hier gefordert sind, sondern das Vermögen, lange durchzuhalten. Und das nicht nur auf die Kilometer im Sattel bezogen, sondern auch, was die enorme Zeitspanne von maximal 9 Tagen (die wir unterschreiten wollen) angeht.

Doch wie hierfür trainieren?


Wird wieder viel genutzt werden: Die freie Rolle. 

Das "lange Durchhalten" werden wir neben den Mini-RAAMs vor allem bei langen, gleichförmigen Rolleneinheiten trainieren. Mir geht es dabei darum, konsequent die GA-Bereiche forciert zu trainieren, dabei wenig bis gar nicht im Entwicklungs- und Spitzenbereich zu sein. Denn in die werden wir bei unserem RAAM nicht fahren.

Für mich besonders wichtig: Wie kann ich über einen Zeitraum von 9 Tagen meine Form halbwegs konstant halten? Oder so fahren, dass die unausweichlich abflachende Leistungskurve dann halt möglichst flach abfällt? Das Stichwort ist "konservierendes Rennradfahren". Also der Anspruch, gleichförmig eine bestimmte Speed/Leistung zu halten, die uns ins Ziel bringt, die aber gerade so hoch ist, dass die Erholungspausen, die wir einbauen, möglichst viel Regenerationspotenzial bieten.


Erscheint machbar? Die Brutto-Speed der RAAM-Finisher der letzten Jahre.

Auch das Verhältnis von On- zu Off-Turns und damit die Balance zwischen Leistungserbringung und Regeneration werden wir während der Trainingsevents testen, wobei wir natürlich sehr großen Wert auf die Ernährung legen. Trink- und Essprotokolle sowie individuell abgestimmte Kalorien-pro-Tag/Stunde-Pläne werden uns helfen, hierbei systematisch vorgehen zu können.

Bleibt das GA-Training. Ich habe vor, jeweils morgens vor dem Job werktags täglich 2 Stunden auf der Rolle zu verbringen, an Wochenenden entsprechend mehr. Gepaart immer wieder mit Ausfahrten draußen unter realen Bedingungen. 

Für mich jedoch die größte Umstellung im Training: Kein Klettern. Keine Sprints. Gleichförmiges, langanhaltendes Rennradfahren bei 26 km/h Schnitt ist das Ziel.

Step 2 im Training: Ab Juli unter professioneller Anleitung.


So werden wir, auf diesen drei Säulen aufbauend, zunächst bis Mitte Juli unser Training durchziehen. Im Juni selbst stehen dann 2 Trainingsevents an, die uns von Hamburg nach Wien und zurück, sowie von Hamburg nach Paris und zurück bringen werden. Bis Mitte 2014 werden so die Grundlagen für das RAAM gelegt und schon viele Erfahrungen gesammelt sein. Dann geht es nach Frankfurt.

Professionelle Diagnostik und Trainingssteuerung vom Radlabor.

Hier erhalten wir vom Radlabor und Tim Böhme persönlich nicht nur eine ausgiebige Leistungsdiagnostik, sondern auch ein Bike-Fitting, das auf die Ansprüche des RAAM abgestimmt sein wird. 

Zudem wird das Radlabor dann einen tagesgenauen Trainingsplan erstellen, der einerseits unsere Lebensrealitäten berücksichtigt und andererseits genau auf die Erreichung unseres Zieles beim Race Across America abgestimmt sein wird. Ein Trainer wird stetig die Leistungen überprüfen, eine zweite Diagnostik sowie der "Endsprint" zum RAAM Ende 2014/Anfang 2015 komplettieren dann die professionelle Betreuung.

Für mich persönlich steht dann im kommenden Winter - aber eher aus reiner Neugier - auf jeden Fall das eine oder andere Rollentraining in einer Sauna an, um die Temperaturen in der Wüste zu simulieren. Auch das ein Aspekt, der wichtig werden wird.

Wenn es um das Thema professionelles Training geht, so möchte ich noch erwähnen, dass wir uns als gesamtes Team stetig updaten: Briefings mit klaren Ziel-Definitionen pro Training, Protokolle, die während der Trainings erstellt werden und ausführliche De-Briefings mit den Learnings und ToDos sorgen dafür, dass alle immer auf dem Laufenden sein werden und jeder von jedem lernen kann.

Nichts ist in Stein gemeißelt - auch das Training verändert sich.


Natürlich ist nichts in Stein gemeißelt. Das RAAM ist zu komplex, als das wir jetzt sagen würden "das ist es!". Natürlich passen wir unsere Trainings, die Strategie und Vorgaben den jeweiligen Ergebnissen an. Auch das ist Grund dafür, dass wir bewusst das RAAM 2015 gewählt haben - 15 Monate ab jetzt sind ausreichend Zeit, sich spezifisch auf dieses Rennen vorzubereiten.

Ruhig, unaufgeregt und planvoll vorzugehen, klar und strukturiert einem roten Faden folgend, ohne sich verrückt zu machen oder machen zu lassen, das sind die Grundwerte, auf denen unser Training aufbaut. 


Auch Grundlage der Trainingsauswertung: Protokoll-Listen.

Ich denke, wir haben mit unserem Ansatz die richtige Strategie gewählt, um nicht nur sportlich, sondern auch und vor allem als Team-Einheit best möglich zu trainieren.

Vorschau: Im meinem nächsten Post werde ich Euch als Bericht unseren Aus- und dann den Rückblick auf unser erstes Trainingsevent geben, welches uns an diesem Wochenende auf insgesamt 1.050 Kilometern ein mal durch den Harz und wieder zurück nach Hamburg bringen wird.