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21. August 2014

Mit dem Rennrad verreisen: Flugzeug, Bahn oder Mietwagen?


Vor allem wir norddeutsche Radsportbegeisterte haben ein Problem: Wir müssen sehr lange Reisewege hinter uns bringen, wenn wir zu all den tollen, großen und namhaften Rennrad-Events in Alpen, Dolomiten oder in Pyrenäen wollen. So machen An- und Abfahrt allein einen Großteil der Gesamtkosten aus. 
Von Hamburg aus sind es schon rund 910 Kilometer bis Sölden, wenn wir zum Beispiel am Ötztaler Radmarathon teilnehmen wollen. Und da haben wir Hamburger es noch gut: Wir leben in einem Bahn- und Luftdrehkreuz. Für Rennradler in ländlicher Umgebung verkompliziert sich da alles noch mehr. Wie also am Besten zu den Radsport-Events anreisen? 


Rennrad-Transport mit Flugzeug, Bahn und Mietwagen - die Kosten.


Zunächst will ich mich der wohl wichtigsten Frage widmen, den Kosten. Da die Preisgestaltung bei Reisen im Allgemeinen ja bekanntlich eine sehr schwankende ist, kann ich meine Aussagen natürlich nur aufgrund meiner Erfahrungen bei der Buchung von ca. 30 Rennen und damit den Transporten zu diesen Events in den letzten 3 Jahren treffen. Wie sich aktuelle Kosten darstellen, das müsst Ihr natürlich selbst herausfinden.

Ein Beispiel: Die Reise zur Tour du Mont Blanc. Zu diesem Rennen komme ich mit einer Kombination aus mehreren Verkehrsmitteln. In diesem Fall sind es die Bahn und ein Mitwagen, die mich ans Ziel bringen. Das Flugzeug hatte eindeutig verloren - der Kosten wegen.









Die Gesamtkosten pro Transportmittel meiner An- und Abreise zur Tour du Mont Blanc
von Hamburg via Genf nach Megéve.


In anderen Fällen kann jedoch das Flugzeug gewinnen - sogar dann, wenn es eindeutig teurer ist. Zum Beispiel, wenn eine Zugverbindung zu viele Umsteigebahnhöfe enthält, sodass (wir reden hier immerhin über die Deutsche Bahn), zum Beispiel das Risiko verpasster Züge durch Verspätungen mit jedem Umsteigepunkt steigt.


Generell läuft es wahrscheinlich bei Euch auch auf eine Mischkalkulation hinaus: Flug zu einem Hub, dann Mietwagen. Oder Bahnfahrt zu einer großen Stadt plus Mietwagen - oder eben, wie bei vielen unserer Rennen schon getestet, einfach einen Taxi/Bus-Transfer vor Ort mieten.

Doch was sind die Unterschiede, die Vor- und Nachteile der Reisearten?


Mit dem Rennrad fliegen - das solltet Ihr wissen.


Ich selbst bin 2012/13 bei eigentlich kaum einen Rennen gestartet, bei dem nicht der Transport per Flugzeug notwendig war. Ich kann daher auf sehr frische und vielfältige Erfahrungen mit verschiedenen Airlines zurück blicken.


Fliegen macht irre Spaß, vor allem mit den kleinen Jets
zum Beispiel nach Nizza. Ist aber auch teuer.

Flüge sind generell teuer, vor allem aber in entferntere Gebiete sind die Reisezeiten deutlich geringer. Aber auch das kann keine generelle Aussage sein. Als wir 2012 ein Rennen in Val d´Aran mitten in den Pyrenäen zu fahren hatten, mussten wir bis Barcelona fliegen und mit dem Mietwagen eine mehrstündige Fahrt durch halb Spanien hinlegen. Zweieinhalb Stunden Flug, fünf Stunden Autofahrt. Pro Trip ...

Zu Rennrad: Ich reise immer mit Hardcase-Rennradkoffern der Firma B&W und habe hier nur gute Erfahrungen gemacht, was die Haltbarkeit dieser und den Schutz der Rennräder vor allzu rabiatem Flughafenpersonal angeht. Hier geht es zu einem Radkoffer-Test, hier ein Beitrag, wie man ein Carbon-Rennrad am besten geschützt verpackt

Es gibt auch Stimmen, die die Soft-Case-Variante bevorzugen, weil sie meinen, das Flughafenpersonal sei dann besonders vorsichtig, da sie die Zerbrechlichkeit des Gepäckstückes erfühlen würden. Als ich durch das Fenster des Fliegers dann mit ansehen müsste, wie das Soft-Case unseres Teamkollegen Florian in Hamburg in hohem Bogen auf andere Gepäckstücke geschmissen worden war - und weitere Koffer auf ihm landeten - bin ich geheilt.


Die Vorteile 


Die Reise mit dem Flugzeug ist nicht nur aufregend und spannend, sondern auch am schnellsten je weiter Euer Ziel vom Wohnort entfernt ist. Ihr packt Euren Rennrad-Koffer, gebt das gute Stück ab und bekommt es am Zielort vor die Nase gestellt. Kein Geschiebe und Gerangel. Dazwischen Tomatensaft mit Salz und Pfeffer.


Eindeutige Zeitersparnis: HH-Genf für grob ein Drittel der Zeit.
Das hat natürlich seinen Preis.

Tatsächlich aber darf man nicht nur die bloße Zeitersparnis allein betrachten, denn so spaßig und aufregend ein Flug zu einem Rennen auch sein mag, die ganze Sache hat eindeutig auch Nachteile.


Die Nachteile


Klar, der Preis: Mit dem Flugzeug kommt man mittlerweile nur noch höchst selten billig irgendwo hin. Auch innerhalb Europas - und dann gerade zu den kleinen Airports wie Innsbruck oder Nizza - sind die Preise mittlerweile sehr happig. Andererseits, gerade wenn es um italienische Gran Fondos geht, hat sich der Flughafen Venedig als "Radsport-Hub" bestens bewährt, die Flugpreise hielten sich hier sogar in Grenzen.
Wir haben 2012 im Schnitt pro Rennen und Teilnehmer etwa 380 € für die Flüge pro Rennen ausgegeben.


Unverzichtbar für teure Carbon-Rennräder: Der Hardcase-Rennradkoffer. Aber Achtung: Keine
CO2- oder andere Sprühflaschen mit hinein packen.

Hinzu kommen dann noch die Transportkosten für Euer Rennrad. Denn alles, was über die Definition des Sportgepäcks hinaus geht (witzigerweise sind Surfbretter und Golfschläger solches, Rennräder aber nicht) lassen sich die Airlines bezahlen. Aktuell bei Lufthansa sind das z.B. 100 € pro Strecke. Pro Renneinsatz sind also noch zusätzlich  200 € fällig. In manchen Ländern zahlt Ihr dann noch eine Gebühr für die Buchung des Sondergepäcks - in Italien sind das beispielsweise nochmals 10 €. Ganz schön happig - und ehrlicherweise für mich auch nur mit Sponsoring-Hilfe zu stemmen.


Der gute Tipp


Der Sicherheitswahn macht natürlich auch keinen Halt vor uns Radsport-Enthusiasten. Nicht nur ein mal habe ich erlebt, wie sorgfältig gepackte Rennrad-Koffer beim Zoll/Security geöffnet werden mussten. Packt dort auf keinen Fall CO2-Patronen oder WD40-Sprühflaschen rein! In manchen Fällen mussten wir auch Helme und Klamotten, die wir in die freien Zwischenräume gestopft hatten, wieder entfernen, da die "Airline nur das Rennrad transportiert", so sagte man.

Zudem nicht vergessen, bei der Flugbuchung Euer Rennrad anzumelden: Manche Airlines reagieren unkooperativ, wenn man beim Check-In plötzlich mit einem riesigen zusätzlichen Sperrgepäck ankommt.


Zum Rennen mit der Bahn?


Zunächst einmal: Ich bin begeistert vom Bahnreisen. Einer meiner großen Träume ist noch immer eine Fahrt von Moskau nach Wladiwostok in der Transsib. Und ja, ich gebe es zu, manchmal ziehe ich mir "Eisenbahnromantik" auf dem MDR rein. Reisen mit der Bahn sind im allgemeinen sehr entspannt. Man durchfährt die Natur, erlebt draußen am Fenster die Veränderung der Umgebung, und damit die Distanz mit. Ich mag das sehr.



Super, wenn man wenig umsteigen muss. Auch auf einer
so langen Strecke wie HH-Genf punktet die gute alte Eisenbahn.

Bahnreisen sind jedoch auch anstrengend: Ihr alle kennt die Vor- und Nachteile vor allem der Deutschen Bahn. Ich finde es noch immer einen Skandal, dass die Bahn sich weigert, die Fahrradmitnahme im ICE zuzulassen. Die Franzosen, die sogar eigene Radwaggons im TGV anbieten, sind gute Beispiele dafür, wie Radfreundlichkeit und Pünktlichkeit Hand in Hand gehen können. Bahnreisen mit Rennrad in Holland, Frankreich und vor allem der Schweiz gehen problemlos - zudem fahren dort die Züge meiner Erfahrung nach erstaunlich pünktlich.

Als ich zur Tour du Mont Blanc fahre, schlägt das Europa-Spezial der Deutschen Bahn den Ticketpreis eines Fluges um Meilen: 184 € inklusive Reservierungen ruft die Bahn für eine Fahrt von Hamburg-Altona nach Genf auf. Unschlagbar! Der Flug nach Genf hätte mich (Angebot von damals) allein schon 179 € gekostet, am Ende also 358 €. (Man kommt aber auch für 250 € nach Genf - je nachdem, wann man bucht und wann man fliegen will natürlich.)

Die Vorteile 


Die Bahnfahrt war der Bringer. Aber eben auch nur, weil ich nur ein mal umsteigen musste: Mein ICE fährt von Hamburg nach Basel durch, dann in einen Regionalzug nach Genf - that´s it. Wenn Ihr nicht das Glück habt, an der HH-Basel-Strecke zu wohnen (oder HH-MUC), also ohne umsteigen auskommen könnt, dann müsst Ihr entweder viel Vertrauen in die Pünktlichkeit der Bahn mitbringen. Oder Eure Anreise bequem auf den Vor- (besser Vorvor-) Tag des Rennens legen. Sicherheitshalber. Nur, das kostet wieder wertvolle Urlaubstage.


Keine Lust auf Geschiebe und Gerangel in Zügen mit den
Rennrad-Koffern? Einfach per Bahn-Kurier verschicken. Kostet nur 30 Euro.

Das beste - und für mich absolut schlagende Argument pro Bahn - ist aber der Rennrad-Transport per Kurier. Der kostet nämlich (zum Beispiel in die Schweiz) nur sagenhaft günstige 30 € pro Strecke! Unglaublich. 
Der Hermes-Versand führt diese Transporte mit seinen Kurierwagen durch. Wenn Ihr also eine gute Verbindung ohne (viel) Umsteigen findet, lohnt es sich durchaus, die Bahn-Alternative zu checken.


Die Nachteile


Für mich der Zeitfaktor: Für die Anreise nach Genf habe ich 11 Stunden benötigt. Da kommen schon durchaus sehr langweilige Stunden auf, wenn man die Zeit nicht mit einem guten Buch oder einer Unterhaltung nutzen kann/will. Wenn Ihr allerdings in der Gruppe unterwegs seid, dann kann da schon allein die Anreise Event sein - und ein bisschen Pre-Start-Party macht im Zug(-Bistro) definitiv mehr Spaß, als im Flugzeug.


Der gute Tipp


Wenn Ihr Zug fahrt, spart Euch den Hazzle mit dem Rennrad-Geschleppe und nutzt den Kurierservice der Bahn! Die Rennradkoffer werden bei Euch einige Tage vorher direkt von Zuhause abgeholt. Im Zielbahnhof nehmt Ihr den dann wieder in Empfang. Zurück gehts ebenso: Am Startbahnhof abgeben und zwei, drei Tage später wieder bis vor die geliefert bekommen. Also, bequemer geht es nun wirklich nicht.


Alternative Mietwagen - wann lohnt sich die Autobahn?


Wer fährt nicht gern Auto? Ja sicher, Stau und Baustellen (gerade die A7 ab HH bis Kassel - grausam!) vermiesen oft den Trip, aber auch um den Mietwagen kommt man oftmals nicht umher. Das Beispiel vom Val d´Aran-Rennen habe ich schon gebracht. 

Wenn wir in unserer Gran Fondo-Saison 2012 mit nur 3 Fahrern unterwegs waren, haben wir immer einen Mietwagen gemietet. Hatten wir mehr Fahrer im Team, zum Beispiel beim Gran Fondo Milano-Sanremo wo wir zu fünft angetreten sind, erwies sich die Buchung eines Bus-Services vom Airport zum Rennen und zurück als die günstigere Alternative.


Der Mietwagen: Einfach Bequem. Ab 3 Personen sollte es schon
ein Van sein. Achtung: Sprit und Mautgebühren im Ausland einkalkulieren.

Ab Hamburg bis zum Ötztaler Radmarathon sind es mit einem Auto hin und zurück runde 1.800 Kilometer. Auch wenn man ein Schnäppchen bei der Wagenmiete schießen kann: Die Spritkosten nicht vergessen einzurechnen! Da können pro Trip schon gut und gerne 250 € durch den KAT gehen.

Nicht vergessen solltet Ihr bei Euren Überlegungen auch, dass z.B. in Italien für die Autobahnen Mautgebühren fällig werden, in Österreich ist es die (mindestens) 10-Tages Vignette für aktuelle 8,50 €. In der Schweiz kann man generell leider nur noch die 33 € teurere Jahresvignette. Italienische Autobahnen bezahlt man immer nach gefahrener Strecke: So kostet zum Beispiel die Strecke Brennerpass-Mailand 26 €, vom Brenner nach Venedig sind es 28 €. Hier gibt es mehr Informationen zu den italienischen Mautgebühren.


Die Vorteile 


Ich liebe es, einen Mietwagen zu haben: Es ist "mein" Reich, hier ist mein Rennrad sicher aufgehoben, ich muss nicht mit penetranten Sitznachbarn um die Armlehnen streiten oder das Marketing-Gelaber eines hyperwichtigen haargegelten  iPhone-Vieltelefonierers mithören. Ich kann anhalten, wann ich will, kann Musik mal laut mal leise hören und das Beste: Ich bin am Ort des Rennens unabhängig. 


Einfach am komfortabelsten: Nach dem Rennen rein ins Auto
und ab zum (meist) preiswerten Hotel abseits der Start-Orte.

Denn meistens buche ich (wesentlich preiswerte) Hotels außerhalb der eigentlichen Startorte der Rennen. Dann muss ich morgens ja zum Start und abends wieder zurück kommen. Kein Problem, wenn man einen Mietwagen am Start hat. Ein Mietwagen ist halt einfach richtig bequem. Etwas zu Essen und zu Trinken deponieren, saubere, trockene Wechselklamotten, um sich schnell nach dem Rennen umziehen zu können - super!


Die Nachteile


Ganz klar: Staugefahr, Unfallgefahr und Spritkosten. In Deutschland kann das Fahren auf den Autobahnen schon viele Nerven kosten. Selbst, wenn es rollt, machen die 220 km/h-Porsches auf der linken Rambo-Spur den Stress, den man sonst bei Stop-and-Go hätte.


Im Zweifel lieber eine Nummer größer buchen: Rennräder
nehmen viel Platz im Wagen ein. Eurer Teamkollege im Fond
wir es Euch danken.

Meine Erfahrungen mit dem Straßenverkehr im Ausland sind durchweg positiv: Selbst im dichtesten Chaos-Gewusel italienischer Großstädte bin ich immer sicher und ohne Kratzer ans Ziel gekommen - das gilt übrigens auch als Radfahrer. Zudem: Einen Stau habe ich übrigens außerhalb Deutschlands noch nie erlebt.


Der gute Tipp


Ich buche meine Mietwagen immer bei Auto Europe. Dieser Anbieter hat meiner Erfahrung nach vor allem im Ausland die günstigsten Angebote, die er von (Restposten?) unter den großen Anbieter wie Europcar, Hertz, Sixt und Budget aber auch Thriftly, Alamo oder National zusammen sucht.


Bei manchen Rennen erlaubt, bei anderen sogar Pflicht: Das Begleitfahrzeug.
Achtet deshalb immer auf unbegrenzte Freikilometer bei Eurer Buchung.

Zudem: Die allermeisten Angebote via Auto Europe haben unbegrenzte Freikilometer. Darauf solltet Ihr bei einer Buchung achten. 12 Cent und mehr pro Mehrkilometer können schnell mal ganz schön ins Geld gehen, zumal die meisten Anbieter nur 1.000 Kilometer in ihren Angeboten inklusive haben. Ein GPS buche ich immer dazu: So angenehm Italien auch per Auto ist, so wahnsinnig ist es, in Venedig, Mailand oder Sanremo eine Straße zu finden ...


Mein Fazit.


Den allgemeingültigen Über-Tipp habe ich natürlich nicht: Je nachdem, wo Euer Rennen stattfindet, kann ein Flug (am günstigsten 4 bis 6 Wochen vor Reiseantritt buchen) in Kombination mit einem Mietwagen das Nonplusultra sein.

Bei einem anderen Rennen ist es die Bahn in Kombination mit einem vorbestellten Shuttle oder Taxi.



Bahnfahren macht vor allem in Deutschland und Süd-Westeuropa Sinn, das Auto kann da auch punkten. Alles
außerhalb - muss erflogen werden. 

Es lohnt sich in jedem Fall, alle Alternativen durchzurechnen, denn die Reisekosten zu einem Rennen in Italien, Frankreich oder Österreich können so massiv gesenkt werden: Man kann da für 600 € anreisen - oder eben auch für nur 350 €. Wenn man dann noch 3, 4 und mehr dieser Rennen im Kalender hat, vielleicht noch 2, 3 Teamkollegen, ergeben sich hier enorme Sparpotenziale über die Saison gesehen - vielleicht sogar so viel, dass die Teilnahme an einem weiteren Rennen finanziert werden kann?


Egal, welches Transportmittel Ihr nutzt: Verpackt Euer Rennrad stets gut. Zum Beispiel in einen Hardcase-Rennradkoffer.

Ich selbst komme von Hamburg aus sehr gut mit der Deutschen Bahn vor allem in Richtung Schweiz und Österreich - werde mich in Zukunft also verstärkt um Bahn-Anreisen bemühen. Zumal mich die Bequemlichkeit des Rennrad-Versands per Hermes (und dem unschlagbaren Preis!) wirklich überzeugt hat.



Welche Erfahrungen habt Ihr mit den unterschiedlichen Transportmitteln und wie plant Ihr Eure Reisen zu den Rennen? Ich freue mich über Eure Kommentare.

4. August 2014

iPhone am Rennrad? Mit dem DuraCase 3 mal mehr Strom, schocksicher und wasserdicht.

Ein Interview mit unserem neuen Team-Sponsor. Wie ich in meinem Rennbericht der Tour du Mont Blanc schon festgestellt hatte: Beim Rennen rund um den höchsten Berg der Alpen wäre das DuraCase genau in seinem Element gewesen, musste sich doch mein Garmin Edge den Wassermassen dieses wahrlich apokalyptischen Tages geschlagen geben. Doch was ist eigentlich dieses DuraCase, was bringt es dem Rennradler und wer steckt dahinter? Ich freue mich, dass Physiker Dr. Roland Goschke, Entwickler des DuraCase, mir diese und einige weitere Fragen beantwortet.

Was ist das DuraCase?


Lousy Legs: "Roland, wir bist Du auf die Idee gekommen, ein StartUp zu gründen und DuraCase auf den Markt zu bringen?"

Roland Goschke: "Alles fing damit an, dass ich vor einigen Jahren mein neues iPhone auch als Radcomputer und Navigationsgerät verwenden wollte, anstatt mir dafür zwei separate, teure Geräte zu kaufen. Es gab keine guten Halterungen und prompt ist mir dann auch das wenige Wochen alte Telefon bei einer schnelleren Abfahrt auf holpriger Strecke auf die Straße geknallt. Ich dachte immer, dass da doch irgendwann einmal passendes Zubehör auf den Markt kommen musste - mit vernünftiger Halterung und vor allem mit Akku, damit das Telefon bei eingeschaltetem Display und GPS auch mal länger als drei Stunden durchhält. Bis heute hat sich diesem Problem aber keine Firma angenommen! Weil ich merke, dass neben mir viele andere Outdoor-Sportler diese Probleme haben, habe ich nun DuraCase gegründet."




Roland Goschke: Leidenschaft & Profession verbinden. Das DuraCase
ist so entstanden.


"Neben meinem Rennrad bewege ich gern das Mountainbike, hänge mit großer Leidenschaft am Gleitschirm und liebe das Snowboarden. Sowohl im Sommer wie auch im Winter genieße ich es, mich an der frischen Luft zu bewegen. Mein Telefon muss da natürlich immer mit dabei sein - schon aus Sicherheitsgründen aber auch wegen der Familie und nicht zuletzt des Jobs wegen. Dann aber bitte wasserdicht geschützt! Ich nutze natürlich - wie viele andere Hobbysportler auch - gerne Apps, die meine sportlichen Aktivitäten aufzeichnen. Ich navigiere viel mit dem iPhone - eben all das, was man so macht. Und dann ärgere ich mich natürlich auch darüber, dass diese Anwendungen mitunter viel Strom fressen."



Der (noch riesige) Prototyp entsteht daheim: Nicht nur im Computer,
sondern ganz klassisch im Bastelkeller in vielen Stunden Entwicklungsarbeit.

"Die Smartphones sind einfach nicht dafür gemacht, dass das Display permanent eingeschaltet bleibt und dazu nooch das GPS läuft - da ist dann der Akku meist nach 3 Stunden leer. Wenn man eine Anwendung zum Routing nutzt, wenn das Display draußen auf voller Helligkeit läuft, dann geht der Akku des Smartphone doch schon recht schnell in die Knie. Da sind dann größere Touren oder längere Ausritte so nur mit separaten Akkus machbar. Die muss man dann irgendwie an Lenker und Rad sicher befestigen und per Kabelgedöns anschließen. Das ist mir aber alles zu umständlich: Alles Mist! Ich will es einfach haben. Diesen Anspruch und einige andere Kern-Punkte mit einem einzigen Gerät zu bedienen, das war eigentlich schon alles - DuraCase war geboren."


Zusatzakku für das iPhone: Was kann das DuraCase noch alles (besser)?


Lousy Legs: "Das Mehr an Akkuleistung ist also nur ein Feature des DuraCase. Welche anderen Features bedient das Geräte noch?"

Roland Goschke: "Zunächst einmal: Wirklich fast jeder nutzt mittlerweile Smartphones. Und deshalb gibt es auch jede Menge richtig toller Apps für fast alle Outdoor-Sportarten und Freizeitaktivitäten, die man sich denken kann. Angefangen beim Tracken der eigenen Leistungen oder dem großen Thema Navigation. Das Problem: Oftmals ist es die Hardware der Smartphones selbst, die limitiert ist. Ich kenne Leute, bei denen ist das Telefon schon an einem normalen Tag nachmittags leer. Wenn man nun noch navigieren will, dann laufen zusätzlich GPS und Display, denn draußen frisst das Display am meisten Strom. Da ist dann eben nach 3 Stunden Schluss. Im Prinzip kann man also die ganzen tollen Sport-Apps deshalb eigentlich gar nicht nutzen, weil das Telefon dafür Schutz und Zusatzakku gleichzeitig braucht."



Nach dem Basteln kommt das CAD - Die Entwicklungsarbeit am 
Prototypen wird am Computer verfeinert. Minimalisierung ist oberstes Gebot.

Lousy Legs: "Das kenne ich von mir. Wenn man etwas mehr als die Grund-Features möchte, muss man aufrüsten. In diesem Fall - im Team nutzen wir bisher ja die Edge-Reihe von Garmin - bieten dann die Hersteller diverse Zusatzprodukte an, zum Beispiel Regenhüllen oder externe Zusatzakkus."



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Roland Goschke: "Das ist richtig. Doch es gibt derzeit keine Lösung für das Smartphone auf dem Markt, die schocksicher und wasserdicht wäre und mehr Batterielaufzeit bietet - das kann eben nur das DuraCase. Wer will schon beim Skifahren sein Gerät mit einem Zusatzakku aufladen?"

Lousy Legs: "Wie groß und schwer ist das DuraCase - als Rennradler sind viele ja auch möglichst minimiertes Gewicht bedacht."

Roland Goschke: "Aufgrund der schon nicht kleinen Abmessungen der Smartphones selbst sind wir da natürlich limitiert: Mit 15 mal 7,3 Zentimetern wird das Gesamtpaket DuraCase-iPhone natürlich größer (ein iPhone 5 misst 12,5 x 5,7 cm), als zum Beispiel ein Garmin Edge. Wobei ein vom Funktionsumfang vergleichbares Edge 1000 auch schon 6 mal 11 Zentimeter groß ist - aber nicht telefonieren kann. Gewichtsmäßig sind wir - der Zusatzakku macht da den größten Anteil aus - momentan noch bei 200 Gramm, das Serienmodell wird noch auf cirka 150 Gramm abgespeckt. Tatsächlich nichts für Weight Weenies, aber die sprechen wir mit dem Produkt ja auch nicht an. Ich denke, wir haben genau die richtige Balance zwischen Gewinn durch die ganzen Features des DuraCase und den "Einbußen" durch die Größe und das Gewicht gefunden."


So sieht das DuraCase Ultra für das iPhone aus: Fertig gerendert für
die Produktion. Das schlanke und doch massive Gehäuse schützt - dennoch sind alle Funktionen des iPhone nutzbar.

Eine Kombination aus einem stoßgeschütztem Gehäuse, selbstverständlich vollständig wasserdicht, mit einem dicken Akku also. Das ist DuraCase. 3fache Akkulaufzeit für das iPhone - das bedeutet fast 8 Stunden permantenter Betrieb mit eingeschaltetem Display und GPS-Navigation. Eine echte Neuheit also. 

Lousy Legs: "Man kann also nun sein normales Handy nutzen, lädt sich seine Sport-Apps, zum Beispiel Strava, runter und braucht selbst für amibitionierte Vorhaben, wie einen 10-Stunden-Radmarathon oder ausgedehnte Wandertouren kein Zusatz- oder teures Spezial-Equipment."

Roland Goschke: "Richtig, aus Kosten-Nutzen-Sicht ist das sehr interessant. Das neue Garmin Edge 1000 zum Beispiel kostet aktuell 430 bis 500 €. In der Basisvariante und ohne Zusatzakku oder Regenhülle. Wenn ich mir anschaue, was Du an Deinem Rennrad bei den langen Rennen fährst, mit dem Akku am Oberrohr, den ganzen Kabeln und so weiter - das kannst du nun alles in einem einzigen Gerät haben."

Produktstart mittels Sport-Sponsoring


Wie ich bereits in einem älteren Blogpost geschrieben hatte, war es Roland Goschke selbst, der uns kontaktiert hatte - nicht unsere eigenen Bemühungen um einen neuen Sponsoring-Partner. Ich frage nach.

Lousy Legs: "Warum hast Du Dich für die Markteinführung von DuraCase auch für einen Weg über das Sport-Sponsoring entschieden und wie sieht dieser aus?"

Roland Goschke: "Als StartUp ist unser Marketing-Budget natürlich sehr begrenzt, zumal wir unsere Mittel dann auch lieber in die Produktentwicklung investieren, als in bunte Hochglanz-Anzeigen. Ganz ohne Marketing geht das alles aber auch wieder nicht. Und deshalb kam uns die Idee, an bestimmten Punkten Menschen mit unserem Produkt auszustatten, die dann über ihre Erfahrungen mit dem Gerät eine Öffentlichkeit erreichen können. Uns ist wichtig zu zeigen, dass ein DuraCase einen hohen Nutzwert für den "normalen" Hobbysportler hat und nicht nur in einer Hochglanz-Welt mit irgendwelchen Models lebt. Von "echten Menschen" in echten Situationen getestet bieten diese Erfahrungsberichte weitaus mehr Glaubwürdigkeit und Informationsgehalt, als es Werbeanzeigen jemals teuer erkaufen könnten."


Der Prototyp im Härtetest am Rennrad: Gewitter und 
strömender Regen? Kein Problem. 

Lousy Legs: "Wie kamst Du auf gerade unser Team? 

Roland Goschke: "Wir hatten schon einige Zeit recherchiert und waren im Zuge dessen auf das damals noch SunClass Radsport heißende Team aufmerksam geworden. Uns hat genau jener Unterschied zu den anderen Hobbysport-Teams gefallen, auf den Ihr immer wieder hinweist: Es ist der Spaß am Sport, nicht so sehr der Drang zu einem Top-Ergebnis, der Euer Team ausmacht. Und das ist am Ende auch, was Eure Berichte so lesenswert macht: Euch geht es um die Fazination des Radsports, den Mythos eines bestimmten Berges oder die Geschichte eines Rennens - nicht so sehr darum, verbissen um eine Platzierung zu kämpfen. Euer Ansatz, persönliche Grenzen in Angriff zu nehmen, diese zu erreichen und zu schauen, was dann geschieht: Können sie überschritten werden? Scheitern wir gar an ihnen?" 

Lousy Legs: "Genau das interessiert uns: Die Geschichten und die Menschen, die Emotionen und Eindrücke. Nicht die Platzierungen und Performance-Nummern."

Roland Goschke: "Ja, das passt gut zum DuraCase. Denn wir sprechen ja nicht den High-Performer mit unserem Produkt an, sondern den Hobbysportler, der schnell und einfach sein Alltags-Smartphone für seine Outdoor-Sportaktivitäten nutzen will. Wir denken, dass Ihr mit Eurem sympathischen Ansatz genau die Werte vertretet, die unser Produkt kennzeichnen und unsere Zielgruppe ausmachen - Spaß an der Bewegung und dann vielleicht auch mal seine Grenzen ausloten."


Die DuraCases wird es in drei Farb-Varianten geben: Rot, grün und schwarz.

Lousy Legs: "Unser Team wird - Dank Euch - schon in 2014 eine zwar kurze, doch recht harte und interessante Rennrad-Saison fahren. Namentlich vier der härtesten Alpen-Radmarathons, die es gibt. Geplant ist, dass wir dabei mit ersten Prototypen des DuraCase an den Start gehen werden. Wie können und werden unsere Erfahrungen in die Serienproduktion des DuraCase einfließen?"

Roland Goschke: "Leider haben wir es ja zu Eurem ersten Rennen, der Tour du Mont Blanc, noch nicht geschafft, Euch mit einem DuraCase auszustatten, weil wir da noch alle firmenintern in den Tests eingebunden waren. Für den anstehenden Alpenbrevet in Meiringen sollten die dann aber am Start sein! Was Eure Erfahrungen angeht: Natürlich testen auch wir unsere Produkte ständig. Aber dies eben nicht unter den Bedingungen, wie Ihr sie bei Euren Rennen vorfindet." 



DuraCase im Eis: Das Gerät muss auch bei hohen und sehr niedrigen Temperaturen funktionieren.

"10 Stunden und mehr im Rennrad-Sattel, dabei stetig unter GPS-Nutzung, dann teilweise extreme Wetterbedingungen (wie bei Deinem Regeneinsatz am Mont Blanc) oder auch die Temperaturschwankungen - oben auf dem Berg 7 Grad, Windchill in der Abfahrt Minusgrade, im Tal dann +40 Grad bei direkter Sonneneinstrahlung - so etwas können wir hier bei uns nur simulieren. Eure Erfahrungen sind für uns also Gold wert. Bei Euch wird unser Produkt richtig gestresst. Wenn es das aushält, besteht es auch den "normalen" Sportalltag eines Hobby-Rennradlers."

Lousy Legs: "Werdet Ihr noch andere Sportler oder Teams ausstatten?"

Roland Goschke: "Wir sind im Rennrad-Bereich mit Euch, vor allem, was Ihr in 2015/16 vor habt, schon sehr gut aufgestellt. Ich kann mir vorstellen, dass wir uns noch im Mountainbiking engagieren werden. Zudem haben wir mit den Seglern und den Snowboardern noch zwei sehr interessante Zielgruppen am Start, denen wir uns nach Produkteinführung widmen wollen."


Zielgruppe iPhone-Nutzer: Leistungs-Cracks oder Hobbysportler?


Ich muss zugeben, dass ich selbst etwas zwiespältig der Perspektive gegenüberstehe, mein dann doch lieb gewonnenes Garmin Edge gegen ein iPhone einzutauschen. Das Garmin ist sehr klein, sehr handlich und explizit auf meine Bedürfnisse als Radsportler abgestimmt: Das iPhone ist ein Telefon. Groß, viel größer als das Edge, schwerer noch dazu und ... es ist Apple.


Der Prototyp im Pool: Mit DuraCase wird das iPhone wasserdicht bis 3 Meter.

Dennoch, bei drei meiner letzten Trainings-Saissons und sogar beim letzten Rennen, der Tour du Mont Blanc, war es starker Regen, der nicht nur die Live-Anzeige meines Garmin beeinträchtigt hatte, sondern im nachhinein das Vertrauen in die gewonnenen Daten etwas schwinden ließ: Wenn ich am Berg, starke Steigung, laut Anzeige "-17 %" bei "89 km/h" fahre - kann ich den übertragenen Streckendaten im Garmin connect dann trauen?

Lousy Legs: "Welche Zielgruppe willst Du mit dem DuraCase ansprechen?"

Roland Goschke: "Die Power-User, die mit den neuesten Garmin-Produkten, vielleicht noch mit SRM- oder Vector-Leistungsmessung usw. fahren, werden wohl eher kein DuraCase kaufen. Ich möchte den Hobbysportler ansprechen, der sein Smartphone - um eine entsprechende App, die es ja zu Hauf in den Stores zum Download gibt, erweitert - auch im Sport nutzen will. Klar, dass das der Rennradler ist, aber genauso auch der Mountainbiker, der Skifahrer, der Segler, oder der Wanderer. Interessant finde ich auch die "Wechlser" - also heute Mountainbike mit dem Sohn, morgen Rennrad mit den Kumpels und übermorgen wandern mit der Familie."



Ab Dezember sollen die DuraCases erhältlich sein.

Lousy Legs: "Zunächst habt Ihr aber nur den iPhone-Nutzer als DuraCase-Kunden auserkohren?"

Roland Goschke: "Ja. Das liegt an der Komplexität des Produktes einerseits und der Größe der Zielgruppe andererseits. Das DuraCase kann passgenau immer nur für ein Telefon gebaut werden. Uns ist wichtig, dass alle Bedienelemente auch durch das DuraCase genutzt werden können. Unter Wasser kann ein Touchscreen zum Beispiel prinzipbedingt nicht bedeint werden, da kann man dann aber immer noch fotografieren oder filmen über die Laut/Leise-Knöpfe. Wir haben uns mit den iPhone-Nutzern da natürlich die größte Zielgruppe ausgesucht. Zur Markteinführung des DuraCase ist das das Machbare. Dennoch planen wir ab 2015 zusätzlich zum DuraCase Ultra für die iPhones 5, 5s und 5c auch ein DuraCase Ultra für das Samsung Galaxy S5 herauszubringen."

Lousy Legs: "Die wohl wichtigste Frage: Was wird ein DuraCase kosten und ab wann kann man es - und wo? - bestellen?"

Roland Goschke: "Wenn alles klappt, dann können Interessierte unser DuraCase im Webshop unter www.duracase.eu bestellen. Das Gerät wird es für 139 Euro geben. Zusätzlich wird es bei der Markteinführung natürlich auch eine entsprechende, bombenfeste Halterung für den Lenker-Vorbau geben, die Ihr im Team ja demnächst auch noch testen werdet."



Schocksicher - interessant für den Einsatz im MTB-Bereich.

Lousy Legs: "Kann man als interessierter Kunde das DuraCase irgendwo testen oder live anschauen?"

Roland Goschke: "Wir werden auf den großen Messen wie der ISPO und der Boot einen Stand haben. Außerdem kann man uns bei den Hamburger Cyclassics, dem Berliner Velothon und dem bike-Festival am Gardasee treffen. Zudem haben wir uns einen ganz netten Service ausgedacht. Wer sich auf unserer Website mit seiner E-Mail-Adresse und einem Farbwunsch registriert, kann noch in diesem September einen der ersten 100 Prototypen zum Testen bekommen."

Ich bedanke mich bei Roland Goschke für das interessante Gespräch. Unser Team freut sich schon auf die neue Team-Bekleidung und unsere Prototypen des DuraCase. Natürlich auch darauf, Euch unsere ersten Eindrücke von der Performance des Gerätes beim Alpenbrevet in Meiringen mitteilen zu können.

Und dann freue ich mich natürlich ganz besonders auf das DuraCase für mein eigenes Samsung Galaxy. Demnächst dann mehr zum direkten Vergleich zwischen Garmin Edge und iPhone als Radcomputer und Tracking-Device.