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28. August 2013

Das Etappenrennen HAUTE ROUTE ALPS 2013 - Ein Prolog

Noch kann ich es gar nicht fassen. Die HAUTE ROUTE ist zu Ende, ich stehe da, im Hintergrund überschlägt sich eine französische Stimme in den Lautsprechern - erinnert mich an den Tour de France-Sprecher in "Höllentour" - sie liegen sich in den Armen, freuen sich, jauchzen, schluchzen, weinen. Die HAUTE ROUTE hat hier gerade aufgehört. Ich stehe am Strand von Nizza, die Sonne brennt. Alles fällt von mir ab.

Hier oben knapp 550 Finisher, ein schönes, ein stolzes Peloton. Da unten die Sonnenanbeter, nackte Brüste, Geruch von Sonnencreme. Ein Kontrast, wie er stärker nicht sein könnte.

Kaum einer schaut hoch. Hier sind wir! Hier sind die Helden der HAUTE ROUTE!, will ich rufen.
Mein Puls kommt langsam runter.
Ich blinzle in die Sonne.
Geschafft.
Geschafft!


Finish an der Cote d´Azur. Komische Leere.

Bis hier her war es ein langer, ein sehr langer Weg. Heiko und ich haben uns 12, 13, 14 (ich weiß nicht mehr, wie viele) Berge, Pässe, Cols hinaufgekämpft, haben in der unerbittlichen Mittagshitze unter einer brutalen Sonne gebrutzelt. Sind früh um sechs durch eiskalte Nebelschwaden mit 70, 80 Sachen glitschnasse Abfahrten herunter gebrettert.

Unvorstellbar, dass das nun vorbei sein soll.

Ein Etappenrennen - eine Teamleistung


Heiko und ich. Das Team SunClass mit unserem Sponsor SunClass Solarmodule hat es uns ermöglicht, an diesem außergewöhnlichen Rennen teilzunehmen. Ihnen danken wir - jeden Tag, jede Etappe aufs Neue. Diese Erfahrung hier ist unbeschreiblich. Und doch, ich werde es versuchen.


Heiko und ich im Finish auf dem Col de Vence bei Nizza. Geiles Team!

Es war eine Teamleistung, weil wir uns gegenseitig aufgebaut haben, uns geholfen haben, uns gezogen, gepusht, motiviert und immer wieder angestachelt haben, unsere geschundenen Glieder früh morgens aus warmen, weichen Betten zu wuchten. Uns immer wieder, trotz rotglühender Pobacken, auf die harten Sättel zu setzen, uns immer wieder, trotz krampfender Muskeln und schmerzender Gelenke, die Steigungen hinaufzutreiben.

Ohne Heiko, meinem Teampartner, meinem Zimmergenossen, meinem Gesprächspartner, meinem Freund, wäre das so in dieser Form alles kaum möglich gewesen. Und anders herum vielleicht auch.

Teamleistung - auch deshalb, weil dieses Rennen, anders, als alles, was ich bisher erlebt hatte, aufgrund seiner Exklusivität, seiner Internationalität, ein so spannendes, gemischtes, bunt gewürfeltes Peloton ergeben hat, dass ich niemals alleine war, auch wenn Heiko mal hinter (und oft auch weit vor) mir war. Immer wieder treffe ich Briten, Amerikaner, Franzosen, Italiener, Österreicher, Leute aus Singapur, Canada ... die ganze Welt. Netter Plausch im Anstieg ...

Motivierendes "How are you?" bei 14 % Steigung?
Mut-machendes "Hang in there, Buddy" beim 21ten Kilometer Anstieg?
Nie hat mich ein so angenehmes Feld wie das der HAUTE ROUTE als Teil empfangen.

Das Härteste, das ich jemals auf einem Rennrad gemacht habe?


Wir werden nach unserer letzten Etappe, die auf dem Col de Vence bei Nizza endet, als komplettes Peloton von der Gendarmerie nach Nizza begleitet. Leere Straßen nur für uns, jubelnde Passanten, freie Fahrt - perfekt.


Einfahrt nach Nizza am letzten Tag: Wir genießen es!

Ich habe bei nur 25 km/h, die unsere Tour d´Honneur hier schnell ist, etwas Zeit, um über das Geleistete nachzudenken: Die HAUTE ROUTE, was nahm sie mir? Was gab sie mir?`

Sicher ist eines - diese 837 Kilometer Gesamtstrecke, diese 7 Etappen, diese 18.700 Höhenmeter, waren das anstrengendste, das härteste und das schönste, das ich jemals auf einem Rennrad haben machen können. Nicht so sehr die einzelnen Etappen selbst - obwohl da einige hammerharte Kandidaten dabei waren - sondern die Summe aller Belastungen.

Der durchgetaktete Tagesablauf, nie nach 6:00 Uhr aufstehen, das hohe Renntempo, das harte Cutt-Off-Limit im Nacken, die Anstiege selbst, die Hatz bei den Endspurts. Eine physische Belastung, die ihresgleichen sucht - und dabei kaum Zeit zur Regeneration gelassen hat.


Wohl dem, der einen Teamkollegen hat!

Dann die psychische Belastung, der Druck, den wir auszuhalten hatten. Es war nicht alles nur reiner Spaß und Freude am Radfahren. Wie bei keinem Rennen vorher hatten wir alle die Unerbittlichkeit der Karenzzeiten zu spüren, das Damoklesschwert des Cut-Offs über unseren Helmen.

Von über 600 Startern erreichen am Ende nur über 450 Rennradler als offizielle Finisher innerhalb des Zeitlimits die Cote d´Azur. Das sagt etwas aus, finde ich.

Es wird ernst: Unser erster Tag bei der HAUTE ROUTE in Genf


Das alles spielt natürlich noch keine Rolle, als wir in Genf am Tag vor der ersten Etappe landen, mit feinstem Sonnenschein, dem Jet d´Eau und einer vor Rennradlern nur so wimmelnden Stadt begrüßt werden: Ab ins Hotel, dann schnell zum Race Village, das sie direkt am Genfer See aufgebaut haben!


Die Schlange zum Race-Village. Es liegt etwas in der Luft ...

Wir sind so früh da, dass noch nichts zu sehen ist, von über 600 Teilnehmern. Wie immer wummern "Race-Beats" aus den Boxen, es flattern die bunten Fahnen aller möglicher Sponsoren und Partner im Wind, hier und da sitzen die Rennradler auf den Wiesen, aufgeklappte Rennrad-Koffer wie Riesenmuscheln, aus denen Sie ihre Carbon-Boliden zusammen bauen.

Wir gesellen uns dazu.


Die Teilnehmer bauen ihre Rennräder auf. Ein toller Anblick.

Schnell haben wir unsere Rennräder zusammen gebaut. Man hilft sich gegenseitig, die Ersten schließen Bekanntschaften. Auch wenn 600+ eine große Teilnehmerzahl ist - am Ende der 7 Etappen werden wir unsere Gesichter (und Hintern) ziemlich gut kennen, werden immer mal wieder Bekannte an uns vorbeigezogen gesehen haben - oder selbst an dem einen oder anderen bekannten Gesicht vorbeigezogen sein.

Nachdem wir das geschafft haben, verladen wir unsere Koffer und Taschen in 4 große Sattelschlepper: Hier ahnt man schon, welchen logistischen Großaufwand die Initiatoren betreiben müssen, um die über sechshundert Teilnehmer zu betreuen.


600+ Rennrad-Koffer auf 4 Sattelschlepper müssen in 8 Tagen in Nizza in 20+ Hotel sein.

Ein Aufwand, der umso größer wirkt, als dass man sich die Rennstrecke einmal vor Augen führt.

HAUTE ROUTE - eine logistische Mammut-Aufgabe


Die HAUTE ROUTE führt auf 7 Etappen über 830 Kilometer direkt durch die französischen und die Seealpen bis nach Nizza. Unterwegs werden die Teilnehmer auf - in kleinen Etappenorten alle - ihre Hotels verteilt werden, ihr Gepäck muss vom Startort pünktlich in die individuellen Hotels der Zielorte geliefert werden, und das teilweise über die selben (engen und verstopften) Passstraßen, die auch das Peloton nimmt.


Die Strecke der HAUTE ROUTE: 837 Kilometer Hochgebirge. Logistik-Alptraum!

Zudem muss in den Zielorten pünktlich das "Rider´s Meal" warm und lecker angerichtet sein: Über 600 ausgehungerte Rennrad-Fahrer lechzen nach Riesenportionen Kohlehydraten, Brötchen, Obst und Trinkbarem.

Die Rucksäcke, die jeder Starter am Start abgibt, müssen parallel zu den großen Reisetaschen ins Ziel gebracht werden, ebenso, wie der rund 400 (!) Mann starke Betreuer-Tross, bestehend aus Masseuren, den Begleit- und Sicherungsfahrzeugen, Ersatzteilen, der Zeitnahme-Elektronik, Satelliten-Wagen (es gibt jeden Abend einen Film der Etappe), Übertragungstechnik, dem Zielfahrzeug, dem kompletten Race-Village usw..

Überwältigend!

Anmeldung, Bike-Check & Einschreibung zur HAUTE ROUTE


Da stehen wir nun also in der Sonne, brennen darauf, endlich unsere Startunterlagen zu bekommen, uns endlich einzuschreiben und endlich, wie sagt es einer in der Schlange neben mir: "Get the fuck started!". Yeah baby!


Die Schlange zum Race-Village: Aber nur mit gechecktem Rennrad!

Bevor es aber los gehen kann, muss ein jeder Teilnehmer mit seinem Rennrad den Bike-Check passieren. Das ist auch gut so: Damit stellen die Veranstalter sicher, dass nicht unkontrolliert irgendwelche Leute auf dem Gelände herumspringen. Zudem kommen sie ihrem Sicherheitskonzept nach: Rennräder, die nicht safe sind, werden nicht zugelassen.

Klar, bei über 800 Kilometern und mehr als einem Dutzend rasanter Abfahrten, wollen wir uns alle darauf verlassen können, dass die Bremsen des Vorder- und Hintermannes (und vor allem die eigenen) sicher funktionieren.

Den Bike-Check nehmen daher versierte Mechaniker (von Mavic?) ab. Sie checken nicht nur die Bremsen, Bremsbeläge und den festen Sitz aller wichtiger Schraubverbindungen, sie schauen sich auch intensiv die Steuersätze an, ob Spiel vorhanden ist. Ich bin beeindruckt - passiere den Check natürlich ohne Probleme.


Mein Arbeitsgerät für 837 Kilometer: Das Cervélo S5

Alles andere hätte mich auch gewundert: Ich habe mich dazu entschieden, die HAUTE ROUTE mit meinem Cervélo S5 zu fahren, obwohl es nicht wirklich ein ausgesprochenes Kletterrad ist und ich noch einige Male in einigen Anstiegen meine Kompakt-Kurbel am R3 schmerzlich vermissen werde: Die Verlockung, das nagelneue S5 in diesem Etappenrennen zu bewegen, war einfach zu groß!

Auch Heikos "Alupanzer" - ein mehr oder weniger als Vintage-Style zu bezeichnendes, älteres Canyon Racelite - schafft es ohne Probleme durch den Check.


Heiko ist auch durch den Bike-Check gekommen.

Die Stimmung ist wunderbar: Idyllisch am Genfer See gelegen, gaukelt diese Romantik ein leichtes Urlaubsvergnügen vor, allein die Moderatoren (in english und französisch) sind nicht müde, immer wieder auf "The toughest and highest Cyclosportive in the world" hinzuweisen.

Da Mavic offizieller Technikpartner der HAUTE ROUTE ist, nutze ich die Chance, und lasse von einem Techniker noch einmal abschließend meine Schaltung checken und genau einstellen - für so etwas habe ich einfach nicht die Finger.


Das erste und einzige Mal (Gottseidank), dass ich Mavic nutzen muss.

Mavic wird uns mit 4 Fahrzeugen auf dem Rennen beteiligen. Sie werden zur Stelle sein, um all die kleinen und auch großen Pannen, die die Rennfahrer haben werden, zu beheben: Sie werden Kurbeln wechseln, gerissene Ketten auf dem Iseran austauschen, hin und her durchs Peloton sausen, vor und nach den Etappen unermüdlich die Technik in Schuss halten - Merci, Mavic!

Nach dem Motto "Safety first!" ist es das Anliegen der HAUTE ROUTE, eine "Zero Litter-Policy" durchzusetzen. So ermutigt uns der Veranstalter, auf einer großen Wand zu unterschreiben, und uns selbst zu verpflichten, keine Gels oder anderen Müll unterwegs wegzuwerfen.


Selbstverständlich - no litter!

Ein guter Ansatz, wie ich finde - und eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Und tatsächlich, ich werde unterwegs kaum weggeworfene Geltütchen sehen.

Gettin´ ready: Sachen packen, Briefing und letzte Nacht vor dem Start


Wir holen uns unsere Startunterlagen ab. Das Paket umfasst die Lenkernummer, zwei Rückennummern, Aufkleber aller Profile der 7 Etappen, den Transponder und eine große Reisetasche. In dieser Reisetasche müssen wir all unser Gepäck, das wir unterwegs brauchen, verstauen.

Die Reisetaschen werden dann am Morgen im Hotel der Abreise gelassen, nach dem Start vom Staff eingesammelt und zu unseren Zielhotels gebracht.

Zudem bekommen wir ein komplettes HAUTE ROUTE-Kit (Bibs, Trikots, Arm- oder Beinlinge, Handschuhe, Weste etc.) von LeMarq und einen kleinen Rucksack.

Diesen Rucksack bringen wir mit zu jedem Start und holen ihn dann in jedem Ziel ab. So haben wir direkt im Zielbereich z.B. bequeme Schuhe, einen Recovery-Drink - kurz alles, was man so unmittelbar nach Zieleinfahrt braucht.


Tausende Kilokalorien: Ich werde ALLES brauchen.

Zurück im Hotelzimmer checke ich meinen Vorrat an Energie. Ich habe sieben Energie-Riegel, acht salzige Gels, neun BCAA-haltige Gels für "Long Energy Power" und 7 Energy-Gels für schnelle Energie. Dazu eine komplette Dose Endurance-Drink, eine Dose Recovery-Shake und 3 Packungen hochdosierte Mineralien (ich werde nur eine benötigen).

Heiko packt das Doppelte ein ...

Abends, gegen 17 Uhr, machen wir uns dann auf ins Hotel Kempinski, wo die Eröffnungsveranstaltung und das erste Briefing stattfindet.


Null Toleranz auch gegenüber Dopern. Kontrollen habe ich allerdings keine bemerkt.

Der Saal ist brechend voll, die Veranstaltung wird locker mehr als 2 Stunden dauern. Matt, der Organisator, stellt das gesamte Führungsteam, vom Race-Directeur über den Medical- und Massage-Boss bis hin zum Social Media- und TV-Team.

Zudem bekommt der Sieger des Vorjahres, Peter Pooly, einige Minuten, um auf seine schüchterne Art über das Abenteuer HAUTE ROUTE zu erzählen.

Wir bekommen die kompletten Infos über alle Etappen, über die Abläufe vor und nach den Renneinsätzen, das Punkte- und Trikot-System und eine sehr detaillierte Sicherheitseinweisung. Viel Input - uns glühen die Ohren. Aber: Notwendig. Erst jetzt scheinen wir alle allmählich zu begreifen, dass das hier kein normales Jedermannrennen ist, kein Gran Fondo, wie wir sie schon zigmal gefahren sind.

Das hier wird ganz großer Sport.
Ganz großes Kino.

Vollkommen unter Strom gehen wir noch Essen. Schaufeln ein Plat du Jour-Menü in uns hinein. Stellen den Wecker - morgen ist 5:30 Uhr aufstehen angesagt.


Gedanken an Tag 7 bei Tag 1. Langer Weg bis Nizza ...

Schwer kann ich einschlafen. Puls auf 150.
Wie wird das morgen?
Erste Etappe - gleich 2 Cols und dann noch eine Bergankunft.
Wie wird das nur?

Schwer kann ich einschlafen. Heiko atmet laut. Auch sein Puls bei 150?

Irgendwann dämmere ich weg. Und träume. Von türkisblauem Meer. Von Palmen. Von eiskaltem Bierchen an sonnigem Strand.

Das alles werde ich bald schon haben.

Aber ich werde es mir hart verdienen müssen.

HAUTE ROUTE? Bring it on!




ETAPPE 1 - Hier geht es zum Rennbericht.

Und hier der Rennbericht der ETAPPE 2 - nachlesen und mitfiebern!

Die MARATHON-ETAPPE 3 ist online - hier der Bericht.

Natürlich gibts auch schon ETAPPE 4 - sehr heiß & hart.

Das Einzelzeitfahren, ETAPPE 5, auf den Col de la Bonette. Ein Schmankerl ...

Noch einmal richtig powern, auf der ETAPPE 6 - Alter Verwalter!

Und hier, die letzte ETAPPE 7 - Endlich in Nizza angekommen!







26. August 2013

Endlich bestellbar ... PUNCHLINE, die "Rad am Ring"-Dokumentation

Ja, es hat lange gedauert, und ja, noch sind die DVDs noch nicht bei Timo im Lager angekommen - aber, Ihr könnt schon jetzt den Rennrad-Film "PUNCHLINE - 24 Stünden Grüne Hölle" bestellen. So, wie das Presswerk mitteilt, können wir dann ab dem 9.9.2013 mit dem Versand beginnen.


Die aktuelle Ausgabe der RennRad featured unsere DVD

Auf der neuen Website www.punchline-movie.de erfahrt Ihr alles weitere - so auch die Liefermodalitäten. Der Preis beträgt 11,99 € plus 4,70 € Porto & Verpackung.

"Rad am Ring 2013" steht vor der Tür


Unsere Dokumentation könnte als Inspiration, Ansporn oder Blaupause für alle, die ihre ersten Runden auf der legendären Nordschleife drehen, dienen - oder einfach nur als tolle Einstimmung auf die geilste Rennrad-Strecke Deutschlands.



15. August 2013

5 Gründe, als neues Rennrad ein S5 zu kaufen - 1.500 Kilometer auf meinem neuen Cervélo S5

Nun sitze ich schon fast 1.500 Kilometer auf meinem (nicht mehr ganz so neuen) Cervélo S5 und ich bin so begeistert, dass ich allen, die sich mit dem Gedanken tragen, ein neues Rennrad zu kaufen, hier heute 5 unschlagbare Gründe liefern möchte, warum es der Aero-Renner aus Canada sein sollte.

1. Komfort - dieses Rennrad ist überraschend komfortabel


Schon als ich meine ersten Testrunden auf dem S5 absolviert habe ist mir aufgefallen, wie sehr all die "Tests" und Reviews der einschlägigen Rennrad-Magazine und Websites Unrecht haben mit der Behauptung, dass ein Aero-Rennrad "hart" sei.



Das Cervélo S5 ist sportlich - dabei keinesfalls "hart"

Okay, ich wiege nur 63 Kilogramm, aber ich muss sagen, dass ich im Vergleich zu meinem R3 - das allgemein hin als recht komfortabel gelobt wird - keinen wirklichen Unterschied feststellen kann.

Nur diesen: Das S5 steuert direkter, hält besser die Spur (langer Radstand) und fühlt sich eher wie ein Sportwagen an, denn wie ein Mittelklasse-Kombi. Deshalb noch einmal ganz deutlich: Beim aerodynamischen Rennrad Cervélo S5 müsst Ihr - meiner Meinung nach - keine Befürchtungen haben, etwas "Bretthartes" zu fahren!

2. Speed - das Cervélo S5 geht ab wie Schmidts Katze


Ob das nur am Gefühl liegt? Ob ich besser trainiert bin? Ob ich mich schneller fühle? Keine Ahnung, aber was ich sagen kann ist: Das S5 pusht vom ersten Tritt an! Es ist einfach kein Rennrad zum Cruisen und locker Dahinrollen - das S5 will getreten werden, die Carbonfasern würden sich sonst wie beleidigte Nasen wegbiegen.

Vergleiche ich einige Garmin-Daten meiner Trainingsrunden von 2012 und 2013 so stelle ich tatsächlich fest, dass ich auf dem S5 wirklich schneller bin. Ob das am Cervélo liegt, kann ich natürlich nicht sicher sagen. Ich glaube es einfach mal.



Auch in der Steigung ein Genuss.

Aber ganz im Ernst: Wenn Ihr das Rennrad erst einmal beschleunigt habt, macht es einfach nur Spaß, diese Aero-Waffe durch den Berufsverkehr zu fliegen wie Airwolf durch den Grand Canyon, auf einer platten Landstraße zu treten, als wäre hier Kona oder auch über einen Berg zu jagen. Herrlich!

3. Design - ein Rad mit Charakter


Viel wurde geschrieben über das Design des Cervélos und auch ich habe mir viele Sorgen gemacht, ob mein Rennrad - immerhin Größe 58 - denn vor allem mit dem langen Steuerrohr nicht irgendwie komisch wirken würde.

Alles Quatsch. Das S5 sieht hammermäßig aus! Endlich mal ein Rennrad, das man als eigenständiges Design erkennen könnte, auch wenn es nicht gebrandet wäre. Endlich mal ein Rennrad, das eine eigene Linie hat. Nicht der Sloping-Einheitsbrei, nicht die gesichtslosen Mainstream-Produkte oder allzu ausgefallenen Nischen-Räder.

Das S5 kommt zudem ab 2013 im edlen Matt-Look daher: Super zu pflegen und einfach nur schick anzusehen.

Und: Keine Sorge. Das Cervélo S5 sieht gerade in Größe 58 richtig geil aus!

4. Klettern - Berge sind auf dem S5 kein Problem


Ach ja, die Gewichtsdiskussion. Auch hier habe ich mir jahrelang Köpfe um Rahmen-Set-Gewichte gemacht und gemeckert, gemosert und gehadert, ob oder ob nicht das "Mehrgewicht" von einigen hundert Gramm so wichtig wären ... am Ende, mal ehrlich: Das ist schon vollkommen egal.



Macht eine gute Figur, auch innen: Das Cervélo S5

Ich fahre beim Gran Fondo nicht um die Top 10 Plätze und auch beim Anstieg auf den Tourmalet geht es bei mir nicht um das Knacken der Quäldich-Bestzeit. Bei Euch etwa? Einfach ein paar Kilo abnehmen, einfach eine Trinkflasche weniger mitnehmen - das bringt was.

Also am Berg: An meinem S5 fahre ich 11-28 und komme damit ebenfalls ohne Probleme, mindestens so leichtfüßig wie mit meinem Bergfloh R3, selbst die schlimmsten Steigungen hoch. Beweis: Meinen Waseberg-Kletterrekord habe ich auf dem S5 aufgestellt. Das waren damals 48 Runden am Waseberg, 3.600 Höhenmeter bei 15% durchschnittlichem Gradient. 6 Stunden in der Vertikalen - any questions?

5. Weil wir es uns wert sind ...


Ich will hier nicht gegen andere Marken wettern. Ich will auch nicht mit der Online-Handel-Keule kommen. Aber mal ehrlich: Wir betreiben den schönsten Sport der Welt, wir fahren zu den geilsten Rennen und härtesten Marathons und supi-mäßigsten RTFs die es gibt. Also warum mit einem halbschönen Rennrad zufrieden geben?



Am besten fährt es sich aber immer noch draußen ...

Ja klar, sauteuer dieser Sport. Und Cervélos sind keine Schnäppchen. Weiß ich. Fragt mal meine Sparkasse. Aber hey: Mein Rennrad ist so schön, dass mir sogar dann das Herz aufgeht, wenn ich nicht darauf sitze, den Wind im Helm genieße und mich dem Rausch einer Abfahrt hingebe.

Weil ich das coolste Rennrad fahre, das ich ich mir wünschen würde.

Und egal, welches neue Rennrad Ihr Euch kauft: Ich wünsche Euch das selbe. Ride safe. Ich werde das Cervélo S5 jetzt erst mal mit zur Haute Route Alps nehmen ...


Die Fotos sind entstanden zum Vor-Dreh zu unserer Rennrad-Doku "Another Punchline - Race Across the Alps", die gerade in der Post-Production ist. Den ersten Teil könnt Ihr als DVD kaufen: www.punchline-movie.de

12. August 2013

Im Test: Rennradmantel Vittoria Rubino vs. Continental GP 4000 S

Ich fahre an meinem Cervélo S5 den Vittoria Rubino Pro Slick - eine Reifenwahl, die nicht ich, sondern mein Mechaniker für mich getroffen hatte, als er mir die Aero-Laufräder an das damals nagelneue Rennrad montierte. Öfter mal offen für Neues sein: Mal schauen, wie die sich so machen ...

Vittoria Rubino Pro Slick - ein toller Reifen für das Rennrad

Von der Performance bin ich angetan. Der Mantel fährt sich sehr smooth, ich kann eigentlich keine Unterschiede zum Conti GP 4000 S, meine normale Reifenwahl, feststellen. In Kurven, auch bei hohen Geschwindigkeiten, bietet der Mantel sehr guten Halt.


Oftmals fahre ich bei Nässe. Da sich mein Training momentan eher auf das doch recht monotone Auf und Ab am Waseberg beschränkt, sause ich so pro Trainingssession bis zu 15 Mal die steile Rampe von fünfzehn Prozent hinab. Bis zu 70 km/h werde ich auf dem kurzen Stück dann schnell. Unten muss ich dann - oft in beginnender Kurvenlage - das Rennrad auf unter 45 km/h abbremsen. Bei Nässe ein besonderer Spaß - zumal die Kurve nicht einsehbar ist, und gerne mal der Blankeneser Porsche-Club oder ein HVV-Bus diese etwas lässiger nehmen. Auf meiner Fahrbahnseite ...

Das Verhalten des Rubino Pro Slick ist dennoch tadellos: Nicht ein einziges Mal (und ich bin da bestimmt 1.000 Mal herunter gebrettert) bricht mir das Rennrad aus, nicht ein einziges Mal habe ich das Gefühl, auf dem Vittoria unsicher unterwegs zu sein. Auch und gerade bei Nässe. Die Bremswirkung ist wirklich gut.

Pannenschutz: Das schlagende Argument beim Rennradreifen-Kauf

Der Rubino Pro ist überraschend zäh. Da ich oft das S5 durch die Altonaer Partystraßen manövrieren muss, und dabei ab und zu den Glasscherbenhaufen nicht mehr ausweichen kann, mache ich mich bei jeder Fahrt auf den Platten gefasst. Doch das passiert nicht: Der Rubinio hält!


Zwar entdecke ich gestern beim Bike-Checkup für die Haute Route kommende Woche einige tiefe Schnitte (in denen noch kleine Scherbenfragmente steckten), aber auch bei der Inspektion der Innenseite des Mantels kann ich nur einen wirklichen Durchstich erkennen. Nicht schlecht!
Ich ziehe aber trotzdem den Conti GP 4000 S für die Haute Route auf.

Warum ich trotzdem den Conti GP 4000 S am Rennrad fahre

Warum? Den Conti fahre ich, seit dem ich mir das Cervélo gekauft habe. Bisher hatte ich auf über 20.000 Kilometern nur drei Platten. Drei Platten! Und die auch allesamt auf Überland-Radwegen zwischen Hamburg und Kiel. Selbst Schuld, wer Radwege mit dem Rennrad fährt.


Der Conti hat mich in noch keinem Rennen im Stich gelassen - egal, ob ich im deutschen German Cycling Cup, auf den miesen Straßen New Yorks, bei den großen Gran Fondos Italiens oder auch auf der Blankeneser Flaniermeile sprinte. Sie halten. Sie halten. Und halten.

Der Preis: Was kosten die Rennrad-Mäntel?

Unser Sport ist der schönste der Welt - leider aber auch ein teurer. Wer sich Vittorias raufziehen will, der kommt mit Preisen zwischen 22 und 30 Euro noch recht preiswert davon: Zumal es den Rubino Pro Slick in verschiedenen Farben gibt. Für die, deren Pneus farbliche Akzente am Rennrad setzen sollen.

Die Contis sind da schon etwas teurer: Mit 30 bis 40 Euro pro Mantel gehen die GP 4000er schon empfindlich an die magische 100 Euro-Grenze (inklusive Schläuche) für eine Neubereifung des Rennrades heran. Andererseits: Wenn diese Reifen dann auch länger halten ...?

Der Vittoria Rubino Pro Slick ist sicher ein super Rennrad-Reifen, den ich gerne bei meinen Trainings rund um Hamburg eingesetzt habe. Sicher ist es auch ein toller Wettkampfreifen. Aber bei einer langen Tour oder einem Etappen-Rennen, wie der Haute Route, möchte ich die Sicherheit meiner bewährten Continental GP 4000 S nicht missen.

Bin doch ein Gewohnheitstier.



Welche Erfahrungen habt Ihr mit Euren Mänteln? Ich freue mich auf Eure Comments.