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20. November 2012

Marathon Training #1 - Der erste Halbmarathon der Saison

Es ist kurz nach acht Uhr morgens, als ich durch den Dünengang auf den Strand trete, mich kurz umblicke - oben im Hotelzimmer schläft meine Süße noch - und mich nur noch zwischen "Laufe ich rechts herum" oder Laufe ich links herum?" zu entscheiden habe: Heute steht der erste Halbmarathon als Vorbereitung für die Saisoneröffnung 2013 auf dem Programm. Ich bin auf der Insel Usedom.

Ich entscheide mich, links herum zu laufen. Oder ist es der Drall? 
Es lässt sich gut an: Hinten in der Tasche meines Longsleeves plätschern 0,75 Liter Energydrink herum, als ich den Garmin Forerunner auf "go" stelle und loslaufe. Schön locker: Ich fühle zwar, dass die Saison 2012 auf dem rennrad hat superfit hat in diesen Frühwinter starten lassen, aber Laufen ist ja immer noch eine ganz andere (Muskel-)Sache, als Rennrad zu fahren.

Diesig ist es, das Meer neben mir plätschert träge in dem Nebel herum. Keine Menschenseele unterwegs: Nebensaison. Zu früh wahrscheinlich.


Ach, herrlich - ich genieße es! Ich habe leichten Rückenwind, der feuchte Sand ist nicht zu hart, aber auch nicht zuckerweich. Es läuft sich prima. Die ersten 3 Kilometer muss ich erst einmal den Rhythmus finden. Als ich am Hotel Baltic vorbei bin und den Strand von Zinnowitz verlasse, kann ich noch ein laufendes Pärchen überholen - Kurs gen Karlshagen (wo ich als kleiner Jungpionier im NVA-Ferienlager so manch tolle Woche verbracht habe) und später weiter gen Peenemünde, wo die Nazis die V2 entwickelt und getestet haben.


So viele Erinnerungen, so viele Geschichten. Und doch, man sieht es diesem unschuldigen Strand nicht an - noch immer wird hier eindringlich davor gewarnt, Bernstein nicht mit dem weißen Phosphor zu verwechseln, das aus Blindgängern und abgeschossenen Bombern der Alliierten noch immer Wasser und Strand verseucht.

Ich spüre weder Seitenstechen noch Krämpfe - alles läuft perfekt.


Ich werde noch 14 Wochen Zeit haben, mich auf den Start in die neue Saison vorzubereiten. Am ersten märz findet der Jerusalem Marathon statt, für den ich mich angemeldet habe. Startgeld überwiesen, Tickets gebucht. Ich versuche, die schrecklichen Kriegsnachrichten aus Gaza auszublenden und frage mich doch immer wieder, ob das eine so gute Idee war, einen Marathon in Israel laufen zu wollen.

Ich nehme mir vor, nach einem Laufshirt mit "Peace"-Aufdruck oder einer ähnlichen Botschaft zu suchen. Wenigstens Zeichen setzen ...


Nach 10 Kilometern erreiche ich den Scheitelpunkt meines ersten Halbmarathons. Wie schon im letzten Jahr, werde ich versuchen, 10 mal die Halbdistanz an einem Wochenende zu laufen, um dann in mindestens drei Sessions vor dem eigentlichen Event die Distanz auf 30 Kilometer zu steigern.

Das hat 2012 beim Barcelona-Marathon super geklappt. Meine Finisher-Zeit von 4:30 Stunden ist zwar nicht rekordverdächtig, aber für einen ersten Marathon ganz okay. Ich bin zufrieden.

Als ich zurück laufe sehe ich dank der leicht gebogenen Küste Usedoms, wie weit 10 Kilometer wirklich sind: Ich müsste hier, am Scheitelpunkt meines Laufes, eigentlich nur hinter die Düne klettern, schön stünde ich auf dem Gelände des ehemaligen Prüfstand VII. Der Ort, an dem der Mensch zum ersten Mal ein Objekt ins Weltall geschossen hat.


Es ist kurz nach 10, als ich im Hotel ankomme. Ich laufe eine Halbmarathon-Zeit von 2::07 Stunden. Das ist eine Pace von 6:25 min/km. Das ist etwas schneller als der erste Halbmarathon im letzten Jahr. Bis in 10 Wochen möchte ich die Pace auf 6:00 min/km steigern, um dann auf die 30 Kilometer zu switchen.

Wir werden sehen.

Sportlich ein guter Auftakt. Und für die Seele ein Hochgenuss, hier auf Usedom zu laufen. Bleibt nur zu hoffen, dass sie in Israel und Gaza endlich eine Lösung, Frieden - oder wenigstens einen Waffenstillstand - finden. So sehr mich dieser erste, leichte und vollkommen beschwerdefreie Lauf erfreut - das Unbehagen im Bauch bleibt.

Sport ist eben doch keine hermetisch perfekte Glückswelt.



Hier geht es zu den Garmin-Daten meines Insel-Halbmarathons.

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