"Schäm Dich!", denke ich mir, als ich mit frühmorgendlich verklebten Augen mein Cervélo R3 anschaue und reumütig über das Mittelrohr dieses Carbonboliden streichle. Ich hauche ein leises "Entschuldige bitte" in seine Richtung und versuche, die Bilder aus meinem Kopf zu vertreiben.
Ich habe von einer Anderen geträumt.
Einer anderen Rennmaschine.
Aero-Bikes abseits der Time-Trial-Spezialisten sind in aller Munde. Nicht erst, seit dem Fränk und Andy Schleck vor Jahren schon den Vorreiter dieses Trends, beim alten Bjarne Riis-Team CSC, das Cervélo Soloist Carbon erfolgreich gefahren sind.
Straßenmaschinen - auf Gewicht und Steifigkeit optimiert - nun auch windschlüpfrig zu machen und dabei bergtauglich zu bleiben, das ist die neue Lieblingsaufgabe der Carbon-Ingenieure aller Rennrad-Schmieden.
Und ich? Ich träume von einem Cervélo S3 - dem Flaggschiff meines Lieblingsherstellers. Eine Flunder, ein Wunder, ein Bolide, massiv von der Seite, rasierklingenscharf von vorn. Ein Traumschiff, eine Waffe.
Habenwollen.
Aber was ist das? Irgendwie schleicht sich von hinten ein anderes Bike in meine Gedanken. Ein italienischer Renner, ganz in weiß mit schwarzen Applikationen, rotem Lenkerband, eine Schönheit, verführerischer Blick, sie macht mich an, reizt mich: Kuota KOM.
"King of Mountain" - 900 Gramm schweres Aero-Frame. Das Pro-Tour Team AG2R schwört auf das KOM. Agritubel auch. In meinen Träumen prügeln sich beide Maschinen um meine Gunst. Der Klassiker, der Vorreiter, der Innovationsträger Cervélo und die schöne Italienerin, auf der zu reiten ... der Himmel sein muss.
In meinen Träumen prügeln sich auch Dispo und Haspa um Zinsen und Raten ...
"Aufwachen!", brüllt mein Wecker und ich sitze da. Bedröppelt. Verquer. Das KOM bleicht langsam aus dem Traumbild. Das S3 surrt davon. Was bleibt ist Leere und meine zuckenden Unterschenkel - die wollen treten, wollen kurbeln.
Ich blicke zum R3. Da stehen sechstausend Euro in meinem Wohnzimmer. Und ich denke mir - das ist es doch schon, mein Superbike! Da steht es und es gehört mir!
Wenige Minuten später durchbreche ich die 50 km/h und bin glücklich.
Von einer Anderen träumen?
Und wenn schon!
Diese Maschine hier unter mir ist doch schon ein Rasseding - ein Traum, der Wirklichkeit ist. Also, aufgewacht und geduscht: Der Asphalt ruft!
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Von einem Rennrad geht eine große Faszination aus, ich hab schon manchmal abends vor einer Tour vor meinem "Alu-Monster" gestanden und es mir angeschaut. Geträumt aber noch nicht :-)
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