Browse to ...

5. Juli 2010

Knüppelhart.

"Okay, treffen wir uns 14:30 Uhr alter Elbtunnel ...", sage ich noch am Telefon und freue mich darauf, mit Florian eine kleine Sonntagsrunde mit dem Rennrad zu drehen. Der Tag ist perfekt - allerdings geht ein harter Wind - aber das macht mir nichts. Noch nichts.

Florian kenne ich noch vom Elbinsel-Rennen, ein netter Kerl, und so fahre ich voller Erwartung in die Stadt. Es ist heiß, heißer, am heißesten. Ich schwitze, habe nichts zu trinken mit (meine Siffflaschen habe ich in Italien gelassen) und so reite ich mit einem fantastischen Stadtschnitt von 32 km/h am Elbtunnel ein.

Florian kommt etwas später, wir begrüßen uns, unterqueren die Elbe und - was soll langes Gerede - Florian meint, er hätte eine super Trainingsstrecke, als setzt er sich an die Spitze unseres Mini-Pelotons und haut gleich mal rein.

Und wie er reinhaut!
Während ich noch kurz den Riesenschlag, den sein Hinterrad hat, begutachte, schaltet er langsam aber sicher hoch, zieht an und ehe ich es mich versehe habe ich Mühe, an ihm dran zu bleiben.

"Oha," denke ich, "das wird ja was ..." und bin atemlos.

Wir schießen durch das Industriegebiet und keine 15 Minuten nachdem wir uns getroffen haben sind wir aus Hamburg raus und fahren am Deich.

Wahnsinn! Die Strecke ist eben wie ein Kinderpopo, es herrscht kaum Verkehr, und wenn man den Deich mal nicht sieht, fährt man direkt neben der Elbe.

Ein Anblick wie Urlaub! Wunderschön, mitreißend - doch ich habe kaum Zeit, das alles zu genießen, denn anscheinend hat Florian eine Rechnung mit der Uhr offen: Er knüppelt über die Straße, dass mir Angst und Bange wird.

Wir haben Rückenwind und mein Forerunner am Handgelenk zeigt Geschwindigkeiten nie unter 40 km/h an. Ich halte mich eng an seinem Hinterrad, er zieht und zieht, an Steigungen geht er in den Wiegetritt, ich muss mit, ziehe und ziehe, bald schon brennt mir die Kehle.

Äh ... okay?!?

Ich meine, ich fühle mich echt gut, bin im Training, gerade eben noch mal durch Italien gegurkt - aber das, was Florian hier abzieht ist eine andere Ebene. Ist er im Wind und zieht mich, fahren wir 43 bis 46 km/h.

Wenn ich mal nach vorn gehe, damit ich ihn ziehe (das macht man so unter Rennradlern) halte ich gerade mal die 40 konstant, rutsche aber gern auf die 39, 38 km/h ab.

Fitnesslevel unterschiedlich.

Irgendwann - und ich mache drei Kreuze - erreichen wir Hoopter Fähre, wo es in die Vierlande geht. Wir fliegen schnell vorbei, erreichen den letzten Ort vor Winsen-Luhe, drehen um und begeben uns an die Fähre.

Hier treffen sich Motorradfahrer, Familien, Angler, Camper, Muttis und Papis und genießen wie wir das geile Wetter. Florian ordert ein alkoholfreies Hefe, ich tue es ihm gleich und lege noch eine Bockwurst oben drauf.

Alter - was war das für ein Gewaltritt? Knüppelharte 30 Kilometer inkl. Elbtunnel und kleines Stadtgeschlängel sind wir mit einem unglaublichen Schnitt von 35,4 km/h gefahren! Sowas habe ich sonst nur bergab.

Ich stoße mit ihm an und meine noch so: "Alter, Du bist ja ganz schön fit, was?"
"Joa, ich sag mal - ich gebe alles. Und wenn ich nicht mehr kann, beiße ich."
Äh, Prost!

Ich schaue auf das Gras, in dem wir hocken, und sehe, wie stark sich die Halme biegen. Wir hatten Rückenwind die ganze Zeit. Hat sicher geholfen.

Voller Erwartung, wie denn die Rückfahrt wird, trinke ich mein Bierchen, erfrische mich noch an einem Magnum und denke mal, dass der Schnitt niedriger sein wird. 45 km/h Dauerspeed geht eben nur mit Rückenwind.

So liegen wir im Gras, schnacken eine halbe Stunde, und dann gehts wieder los.
Ja, weit gefehlt, Junge, denken meine Waden und mühen sich ächzend im fiesen Seitenwind, an Florian dran zu bleiben.

Zwar fahren wir tatsächlich keine 45 km/h mehr, aber die Lokomotive da vorn auf dem Stahlrad bringt es auf 40 Dauerspeed - und das bei einem Gegenwind wie ich ihn lange nicht hatte!

Er knüppelt dermaßen hart durch, dass ein Rennradler, den wir überholen, der sich dann bei uns ranhängt, nach 10 Minuten atemlos "... na dann noch viel Spaß! ..." brüllt.
Eigentlich hätte ich mich jetzt auch gern mit ihm zurück fallen lassen ...

Die Rückfahrt tut einfach nur noch weh.
Trinken habe ich keins mehr. Ich bin atemlos, alles brennt und schmerzt und der schmerzfreie Flori bollert durch die Windböen wie ein ICE auf Vollast. Hammer!

Irgendwann stehen wir in der eiskalten Tunnelröhre des Elbtunnels und ich checke den Gesamtschnitt. Mit Rückfahrt, Gegenwind und allem Pipapo 33 km/h.

Keine weiteren Fragen!

Toller Sport, toller Flori, noch mehr davon bitte - ist gebongt!
Beim Nachhausefahren mit meiner Süßen bin ich froh, dass es ihr 100 Kilo-MTB nur auf gemütliche 13 km/h bringt. Für heute, so denke ich zufrieden, habe ich genug knüppelharten Scheiß gemacht.


Gefahren

Aufwärmrunde: 14,48 km | 27:28 min | 32,4 km/h avg | 525 cals
Knüppelrunde gesamt: 61,35 km | 1:51 h | 33,1 km/h avg | 2.800 cals
Bummelrunde: 14,71 km | 46 min | Schnitt geheim | 461 cals

Toller Sport!



Rennradreise durch Italien
Etappe 1: Venedig-Ravenna online

2 Kommentare: